Teil 63.1 - Freibaden

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„Wir bekommen sowas von Ärger, wenn wir erwischt werden!", prophezeite Ramona düster. Die Augenbrauen sorgenvoll zusammengezogen beobachtete die Blonde, wie ihre Freunde den Zaun nach dem besten Überstieg absuchten.

„Die haben bestimmt einen Nachtwächter!", versuchte das Mädchen es nochmal, doch niemand hörte auf die Stimme der Vernunft in ihrer Mitte. Der an diesem Abend völlig überdrehte Bela war als erstes auf der anderen Seite, dicht gefolgt von Nopper und Effy, welche sich, jegliche Hilfsangebot einfach ignorierend, mit einem galanten Schwung hinauf zwischen die Eisenspitzen zog. Ein breites Grinsen im Gesicht blieb die Braunhaarige dort sitzen und blickte mit funkelnden Augen auf den Rest der Gruppe hinab.

Ramona unterdrückte ein Seufzen, so selbstbestimmt wie ihre jüngere Freundin wäre sie auch gern.

Stumm wie Schatten tauchte die Dreiergruppe zwischen den Bäumen ab und war nach wenigen Schritten mit der Dunkelheit verschmolzen. Unruhig wartete die junge Frau und lauschte in die Nacht.

Ein Zischen ließ sie herumfahren, doch es war nur ihr Bruder, der sich ein Bier am Kasten geöffnet hatte. Neben ihr unterhielten sich die beiden Männer, nicht einmal Anstalten machend ihre lauten Stimmen zu senken. Andererseits gaben sie damit ein völlig argloses Bild ab, wie sie so im Schein der Straßenlaterne am Zaun lehnten, als könne kein Wässerchen ihre Laune trüben, während sie selbst mit ihren nervösen Blicken einen weit verdächtigen Eindruck machte, überlegte Ramona.

Nach ein paar ihr ewig erscheinenden Minuten raschelte es erneut im Gebüsch und ein grinsender Bela schob sich ins Dämmerlicht.

"Alles gesichert, Captain, Sie können den Planeten gefahrlos betreten", erstattete er mit einem Grinsen zu Jan hinüber Bericht. Noch einer dieser Insider-Witze, die immer wieder verdeutlichten wie nahe sich die Beiden standen und allen anderen das Gefühl gaben, niemals auf ihrer Welle mitschwimmen zu können, bemerkte Ramona mit einem kleinen eifersüchtigen Stich im Herzen. Wie machte Effy das bloß, sich nicht ständig als fünftes Rad am Wagen zu fühlen?

Andererseits liebte sie auch diese Seite an Jan, freute sich über das wunderschöne Grinsen, dass nur Bela ihm zu entlocken vermochte. Die beiden waren einfach ein Schauspiel für sich!

„Los ihr Drei, wir haben nicht die ganze Nacht Zeit zum Rumstehen!", ermunterte Nopper, der ebenfalls wieder aufgetaucht war, die Zurückgebliebenen, nun ebenfalls den Tatbestand Hausfriedensbruch zu erfüllen.

Renée zeigte ihm dafür den Mittelfinger, ehe er sich seiner Schwester zuwandte, ihr beim Überstieg zu helfen.

Von hinten schlang sich ein Arm um Ramonas Schulter und warm streifte Jans Atem ihr Ohr, als er flüsterte: „Du musst nich, wir können auch allein was machen. Nur wir Zwei..."

Ein Gefühl von Zuneigung flammte bei diesen Worten in Ramonas Brust auf und für einen Moment überlegte sie, das Angebot wirklich anzunehmen. Das verlassene Grundstück war ihr unheimlich, ganz zu schweigen von der Vorstellung ins dunkle Wasser zu steigen, bei der sich ihr furchtsam alle Nackenhärchen aufstellten.

„Nun macht schon!", drängelte Nopper.

Ramonas Blick wanderte zu Effy, die völlig entspannt an einem Baum lehnte und mit Bela eine Kippe teilte, die verdächtig nach einem Joint aussah. Nein, jetzt vor den Anderen zu kneifen kam nicht in Frage.

Unsicher trat die Blonde auf den Zaun zu, musste sich strecken, um die oberste Querstrebe zu erreichen. Das Metall war kühl unter ihren verschwitzten Händen. Klettern hatte noch nie zu ihren Lieblingsbeschäftigungen gezählt, auch wenn die junge Frau keineswegs unsportlich war. Für einen Moment zweifelte Ramona an ihrer Entscheidung, doch da kniete hielt Renée ihr bereits auffordernd die ineinander verschränkten Hände entgegen.

𝐌𝐲𝐬𝐭𝐞𝐫𝐲𝐥𝐚𝐧𝐝 (Die Ärzte FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt