„Du Effy, sitzen meine Haare so ordentlich? Meinst du, so kann ick da auflaufen? Mit oder ohne Mütze? Mensch, jetzt guck doch Ma' richtig!" Jan war ganz offensichtlich nervös. Seit einer halben Stunde drehte und wendete er sich bereits vor dem Spiegel und blockierte damit den schmalen Flur.
„Mit und jetzt geh endlich", antwortete Effy und schubste ihn mit einem amüsierten Lächeln zur Wohnungstür hinaus.
„Wünscht mir Glück!" rief der Blonde, bereits die ersten Stufen im Sprung nehmend, um die Bahn noch rechtzeitig zu erwischen.
Ramonas Vorschlag war begeistert aufgenommen worden, obwohl noch keiner so richtig wusste, wovon der Film eigentlich handelte, wann er gedreht werden sollte oder was dabei rumkommen würde.
Neben der Musik war die Filmkunst die Leidenschaft, die die Jungs am meisten miteinander verband. Mit ihrer eigenen Filmkamera hatten sie bereits kleine Meisterwerke wie „Karl- the Human Insect" und „Das unheimlich grauenhafte Schlüsselbund" in ihrer Küche gedreht, welche sogar zur Aufführung mit ausgesprochen positiven Kritiken gekommen waren.
Allerdings war der Filmgeschmack der Jungs nicht vollkommen kongruent und außerdem lachte Jan offen und laut, wann immer er etwas lustig fand, egal ob es die anderen Zuschauer passend fanden oder nicht. Bela frönte seiner Horrorfilm-Vorliebe deswegen lieber mit der Jüngsten aus der WG, obwohl oder gerade weil diese beinahe immer irgendwann an seiner Seite einschlief.
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„Der ist vom Oberbefehlshaber", richtete Bela aus und warf den zusammengefalteten Zettel, den er soeben aus dem Briefkasten gezogen hatte, wenig erfolgreich in Richtung seiner jungen Freundin. Kommentarlos angelte das Mädchen nach dem Papier, das eine knappe Armlänge vom Bett entfernt gelandet war und überflog kurz die Einkaufsliste.
Weshalb die alte Dame immer den Weg die Treppen hinunter auf sich nahm, um die Listen in den Briefkasten der WG zu schmeißen, obwohl sie doch in der gegenüberliegenden Wohnung lebte, war Effy unverständlich, doch sie kommentierte dies nicht.
„Na, was soll's heut wieder sein? Drei Pakete Katzenfutter für die Muschi?" grinste der Schwarzhaarige gut gelaunt. Es war selten, dass er an einem Mittwoch gute Laune hatte, aber da er heute einen Anruf von der Plattenfirma bekommen hatte, die ihnen ausrichtete, dass noch in der nächsten Woche die restlichen Aufnahmen für ihr Album beginnen konnten, gewährte Bela diesem Mittwoch eine Ausnahme.
Ohne aufzublicken antwortete das Mädchen, das sich Mal wieder in eines von Jans Büchern vertieft hatte: „Nein, nur Nudeln und Inkontinenz-Windeln." Ihr Tonfall war dabei so ernst, dass der Schlagzeuger nicht wusste, ob es ein Scherz gewesen war oder nicht.
„Brauchst du auch was vom Herti?", erkundigte Effy sich, ohne den Blick von der Buchseite zu lösen. Raschelnd öffnete Bela den Werbeprospekt, den er ebenfalls aus dem Briefkasten hochgeholt hatte und antwortete nach kurzem Überlegen: „Nö, eigentlich nicht. Aber ich komm mit, mir ist eh langweilig."
Jeder vernünftige Mensch hätte in diesem Moment Einspruch erhoben, denn mit einem gelangweilten Bela einkaufen zu gehen, war meistens keine große Freude und nahm selten ein gutes Ende. Die Fünfzehnjährige hingegen zuckte lediglich gleichgültig mit den Schultern.
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Effy schrie, als der Einkaufswagen, in dem sie saß, in den Stapel frisch sortierter Ware raste. Bela, der am Gefährt hinten dran hing und mit einem Fuß noch ein letztes Mal Gas gegeben hatte, bekam den Griff unangenehm in den Bauch gerammt, als der Wagen ungebremst gegen die Stufe prallte und scheppernd umkippte. Über ihnen stürzte alles ein.
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𝐌𝐲𝐬𝐭𝐞𝐫𝐲𝐥𝐚𝐧𝐝 (Die Ärzte FF)
Fanfiction1984 West-Berlin ist eine Insel im roten Meer, zu allen Seiten umzäunt von einer meterhohen Mauer. Einer Grenze, die weit tiefer reicht als ihr bloßes Fundament. Sie umfasst eine andere Welt, deren pulsierendes Leben die Sehnsüchte junger Menschen a...