1. Der Tag der alles verändern wird?

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Müde öffnete der Häftling seine schweren Augenlider und erblickte hinter Gitterstäben das kleine Fenster zur Außenwelt. Regentropfen prasselten geräuschvoll dagegen und flossen in dünnen Linien über das vergilbte Glas. Neben seinem Bett tropfte es in gleichmäßigen Takten immer wieder auf den Boden. Grummelnd streckte er sich.

*Diese Zelle war noch nie die dichteste*, dachte er während es unaufhörlich weiter plätscherte.

„Auch schon wach", hörte er diese ihm nur allzu bekannte, tiefe Stimme unter sich.

Verschlafen blickte der inzwischen 15jährige von seinem Hochbett in die untere Etage. Lauthals knarzte die zerfressene, dünne Matratze unter seiner Bewegung. Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen und bekannt grimmigen Blick starrte der muskulöse Schwarzhaarige unter ihm nach oben gegen die Unterseite seines Bettes.

„Ich hätte schon etwas mehr Enthusiasmus von dir erwartet, nachdem du heute endlich nach zwei Jahren hier rauskommst, Kazutora", kam es ruhig von Seiyu, dessen Zimmerkollegen der sich nun schon seit einem Jahr dieses bescheidene Drecksloch mit ihm teilte.

Der Kerl war ein Riese von einem Mann, bestimmt 2 Köpfe größer als Kazutora's Wenigkeit. Seine schwarzen langen Haare erinnerten an die seines früheren besten Freundes Keisuke Baji, aber im Gegensatz zu diesem hatte er ein breiteres und böseres Gesicht. Seiyu war der einzige im Knast der obwohl er so ein böses Aussehen hat korrekt zu ihm war. Außerdem war er unglaublich stark und genau deswegen war auch dieser Hüne sein Zimmergenosse, da Kazutora sonst jeden innerhalb der ersten 3 Tagen zusammengeschlagen hatte. Das hat soweit geführt, dass er kurze Zeit später selbst in der Zelle durchgehend Handschellen tragen musste.

„Weißt du Seiyu, eigentlich ist es doch egal wo ich hingehe oder wo ich bin, die Finsternis wird mich niemals ruhen lassen bevor ich ihn nicht zur Strecke gebracht habe.", knurrte der Blondschwarze mit knackenden Knöcheln.

Schwungvoll sprang er von seiner erhöhten Position und kam mit einem leichten Hall auf dem Boden auf, woraufhin der Große langsam seinen Kopf drehte. Ein dreckiges Grinsen war ihm ins Gesicht geschrieben, welches diesen Typen noch unheimlicher machte als er es ohnehin schon war.

„Du wirst deine Rache ganz bestimmt bekommen, mein Freund", grinste er zuversichtlich.

„Gefangener Nummer 257", hörte man es daraufhin durch den Gefängnisstrakt hallen, untermalt von den schweren Schritten des Gefängniswärters.

„Nun den Seiyu, wir sehen uns in 2 Jahren wenn du endlich auch draußen bist", grinste der Kleinere zuversichtlich und würdigte ihm noch einen letzten Blick, bei dem er das zufriedene Lächeln seines noch Zimmerkammeradens sah.

„Mach mir bloß keine Schande, Kazutora!"

Im nächsten Moment verstummten auch schon die Schritte des Wärters. Er stand nun in seiner Uniform vor den schweren Gitterstäben.

„Gefangener 257 vortreten!", rief er dass es einem durch Mark und Bein zog.

Kazutora trat vor, während der Wärter mit einem metallenen Klicken den Schlüssel im Schloss drehte und kurz drauf die Gitterstäbe klirrend zur Seite schob. Langsam schritt der Häftling an ihm vorbei. Als er durch war sperrte der Wärter wieder ab und schubste den Gefangenen unsacht voran.
Innerlich knurrte er wütend darüber, aber er versuchte ruhig zu bleiben. Er hatte es fast geschafft, jetzt einen Fehler zu machen wäre absolut unnötig. Mit hallenden Schritten gingen die Beiden durch das Gefängnis. Sie kamen an so vielen Zellen vorbei, mit mal ihm mehr oder mal weniger bekannten Gesichtern. Diese Stille untermalt mit dem Hallen der Schritte machte ihn wahnsinnig. Alles was man hier hörte war entweder totenstill oder die Schreie von anderen gefangen Jugendlichen die aus ähnlichen Gründen wie er hier gelandet waren.

Es ließ ihn wahnsinnig werden, es war fast so als würde er die Zeit hier noch einmal durchleben.

Der Weg nach draußen kam Kazutora so unendlich lang vor und die ganze Zeit bekam er diese Bilder in den Kopf.

Der Tag an dem er Shinichiro mit der Zange getroffen hatte. Das Blut was aus dem leblosen Körper austrat und schon bald an seinen Händen klebte. Baji's schockiertes und mit Tränen überlaufenes Gesicht. Wie er damals in die Zelle geworfen wurde, wie ein Stück Zeitung in den Müll. Die vielen Tage und Nächte, die er gelitten hatte. Die unzähligen Narben die er sich eingefangen hatte, da er sich durch die Handschellen nicht gegen die anderen Gefangenen wehren konnte, die ihm an den Kragen gingen. Aber auch die Narben die er seinem Körper selber zugefügt hatte, da er mit der Situation und seinem Leben nicht mehr klar kam. Die Tage an denen er immer mehr der Dunkelheit verfiel. Mit jedem Schritt wurden seine Gefühle immer mehr aufgewirbelt. Kazutora's Beine fühlten sich an als hätte man an jede Seite ein paar Gewichte gebunden, sodass er alles nochmal quälender durchleben musste.

„Wir sind da", vernahm er die ruhige Stimme des Mannes hinter sich, die ihn aus seinen Gedanken riss. Sein Blick hob sich und er sah die schwere, große Tür die ihn zwischen diesen grauen, tristen Wänden und der Außenwelt trennte. Er vernahm ein leises Klimpern unterhalb seiner Brust und kurz darauf ein Klacken. Seine Hände waren wieder frei. Nach fast zwei Jahren konnte er sich endlich wieder so bewegen wie früher.

„Wir wünschen ihnen alles Gute", verabschiedete ihn der Wärter und öffnete die Tür. Vor Kazutora's Füße prasselte der Regen. Der Vorhof des Gefängnisses war gestückt mit unzähligen Pfützen. Ohne ein weiteres Wort ging er voran. Der Regen prasselte auf ihn nieder und tränkte sein Haar. Er streckte seine Hand aus und blickte nach oben. Es war schon so lange her, seitdem er den Regen auf seiner Haut gespürt hatte. Mit einem Fünkchen Hoffnung sah er sich um, ob irgendjemand zu seiner Entlassung gekommen war, aber Fehlanzeige. Wenn er ehrlich zu sich selbst war hatte er auch nicht wirklich etwas anderes erwartet und trotzdem traf ihn diese Tatsache wie ein Stich ins Herz, die ihm kurz den Atem raubte.

Mit schlürfenden Schritten schlich er durch die mit Wasser überflutenden Straße. An einem Laden blieb er stehen. Sein Blick traf auf die verregnete Glasscheibe des Geschäftes und was er dort sah war er selbst. Viel verändert hatte er sich nicht. Seine Haare waren länger als früher und jetzt zierten seine pechschwarzen Haare zusätzlich blonde Strähnen. Das was ihn am meisten an sein altes Ich erinnern ließ war das Tiegertatoo das seinen Hals zierte. Vorsichtiges fuhr er die Zeichnung mit seinen Fingerspitzen nach, bis er irgendwann seufzend weiterging.

Sein altes ich...

*Wird irgendwann alles so wie es früher einmal war?*, schoss es ihm hoffnungsvoll durch den Kopf.

Ein paar Straßen später blieb er vor einem kleinen Haus mit weißer Fassade und roter Eingangstür stehen. Er zögerte. Langsam legte der 15-jährige seinen Finger auf die Klingel. Der Ton war selbst bis nach draußen zu hören.

*Wie wird Mutter nur reagieren? Lässt sie mich überhaupt rein oder sieht sie mich auch als Mörder an und verstößt mich?*, murmelte er besorgt in seinem inneren. Am liebsten würde er wieder davon laufen, aber sein Körper war wie gelähmt. Er bewegte sich nicht. Seine Atmung wurde immer schneller und sein Herz pochte so stark, dass man befürchteten könnte es würde ihm gleich heraus springen.

Kurz darauf öffnete sich knarzend die rote Tür.

*Jetzt ist es zuspät*, wusste er und sank etwas den Kopf.

„Kazutora da bist du ja", ihm kam eine Frau entgegen gelaufen, die ihm mit Tränen in den Augen um den Hals fiel.

„Hallo Mutter", antwortete er ruhig, aber dennoch emotionslos. Eigentlich sollte er sich freuen, dass sie ihn so herzlich aufnahm, aber er konnte es irgendwie nicht. Vielleicht weil er es für sich selber nicht verdient hatte? Er wusste es nicht.

„Na los komm rein wir haben lange auf dich gewartet.", sprach sie liebevoll und zog ihn nach drinnen. Doch irgendwie glaubte ihr Sohn diesen Worten nicht wirklich. Zögerlich betrat Kazutora sein Elternhaus in dem er 12 Jahre aufwuchs. Sobald er drinnen war dröhnte ihm der Fernseher entgegen.

*Momentmal...wir??*, schoss es ihm durch den Kopf.
*Doch nicht etwa...*, er begann zu zittern bei dem Gedanken er wollte weglaufen, aber es war zu spät...

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So das war das erste Kapitel, ich hoffe es hat euch gefallen ich hab mir wirklich Mühe gegeben :)
Lasst es mich gerne mit einem Vote oder Kommentar wissen :) das nächste Kapitel kommt entweder heute Abend noch oder morgen Nachmittag ^^

1321 Wörter

Black and White [Kazutora FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt