Angekommen

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Jake parkte den Wagen zwei Straßen entfernt von unserem Safe House, wie er es nannte. Den restlichen Weg gingen wir zu Fuß. Er nahm mir meinen Rucksack ab, wofür ich ihm sehr dankbar war. Es war mittlerweile bereits sieben Uhr morgens und allmählich verließen mich meine letzten Kräfte. Die Anstrengungen der letzten Tage machten sich eindeutig bemerkbar und ich war froh, dass ich mich überhaupt noch auf den Beinen halten konnte.
Die Umgebung, in der wir uns befanden, überraschte mich. Ich hätte damit gerechnet, dass wir irgendwo im Nirgendwo unterkommen und uns verstecken würden, doch wir befanden uns in einer Wohngegend mit einigen Mehrfamilienhäusern und hohen Wohngebäuden mitten in der Stadt. Jake führte uns über einen Hinterhof zu dem Hintereingang eines kleinen Hochhauses.
Verwirrt sah ich ihn an.

Jake: "In diesem Haus befindet sich ein kleines Kellerapartment. Dort können wir vorerst bleiben"

Ich nickte und ließ mich von Jake hinein führen. Als er die Tür zum Apartment öffnete, wirkte er etwas unsicher, fast so, als wäre es ihm unangenehm.
Nach dem Eintreten befanden wir uns beinahe augenblicklich in der Mitte des Zimmers. Auf der rechten Seite befand sich eine überschaubare kleine Küche, die nur durch eine halbhohe Wand vom dahinterliegenden Wohnzimmer getrennt war. Es gab eine dunkelgrau Couch, einen Sessel und sogar einen Fernseher. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes führte eine Tür in einen weiteren Raum und ich ging auf sie zu, um zu sehen, was sich da hinter befand.
Jake folgte mir wortlos, vermutlich wollte er mich erst einmal in Ruhe ankommen lassen, damit ich mich an die neue Umgebung gewöhnen konnte.
Im zweiten Raum der kleinen Wohnung befand sich ein Schlafzimmer. Es war klein und lediglich mit einem Bett, zwei Nachttischen und einer großen Kommode ausgestattet, doch für uns beide würde es ausreichen. Ein wenig erinnerte der Raum mich an mein Zimmer im Motel, was schon beinahe für ein vertrautes Gefühl in mir sorgte. Jake stand neben mir im Türrahmen und legte mir einen Arm um die Taille.

Jake: "Tut mir leid, die Wohnung ist wirklich nichts Besonderes, aber immerhin sind wir hier vorübergehend in Sicherheit"

Er wirkte verlegen und ich sah ihn verständnislos an.

"Jake.. du glaubst doch nicht wirklich, dass mir das hier auch nur im Geringsten etwas ausmacht oder? Ich habe nie erwartet, dass wir in irgendwelchen schicken Hotels unterkommen. Mach dir keine Gedanken, es ist wirklich alles in Ordnung. Es gefällt mir hier"

Kaum zu glauben, dass er sich schämte, weil er das Gefühl hatte, er müsse mir mehr bieten als das hier. Ich küsste ihn sanft auf die Wange und legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab, während Jake seinen Arm enger um mich legte.

Jake: "Du solltest dich dringend etwas ausruhen, Tasha. Ehrlich gesagt mache ich mir Sorgen, dass du jeden Moment zusammenbrichst"

Matt lächelnd schüttelte ich den Kopf. Ich kannte diese Fürsorge bisher nicht, doch es war schön, jemanden an meiner Seite zu haben, der auf mich achtete.

"Ich bin auch wirklich sehr müde. Allerdings würde ich vorher gerne noch im Bad verschwinden"

Jake nickte und gab mir einen flüchtigen Kuss, dann machte er sich daran, sein Equipment im Wohnzimmer aufzubauen. Ich hingegen schnappte mir meinen Rucksack, öffnete ihn und starrte niedergeschlagen auf meine wenigen Habseligkeiten, die mir geblieben waren. Es war wirklich nicht viel und auf die Dauer musste ich mir definitiv etwas einfallen lassen. Ich schnappte mir frische Unterwäsche, ein T-Shirt und meinen Kosmetikbeutel und verschwand damit im Badezimmer.
Ich zog meine Kleidung aus und lies das Wasser warm laufen, dann stieg ich unter den heißen Wasserstrahl und merkte, wie sich meine Muskeln und Gelenke durch die Wärme langsam lockerten. Während ich in der Dusche stand, betrachtete ich meinen Körper genauer. Die Rippen meiner linken Körperhälfte schimmerten bereits in dunklen blau und lila Tönen. Darüber hinaus brannte das Wasser in meiner geplatzten Lippe und der Schnittwunde an meinem Hals. Ich hatte Schmerzen, doch im Großen und Ganzen war ich deutlich besser davon gekommen, als erwartet. Der Gedanke, dass meine Verletzungen mich noch eine ganze Weile an die Geschehnisse der vergangenen Nacht erinnern würden, machten das Ganze allerdings nicht gerade einfach für mich.
Viel zu lange stand ich dort, und dachte an all das, was passiert war. Immer wieder tauchten Bilder in meinem Kopf auf, die ich am liebsten vergessen würde. Hanson, wie er sich mit seiner Maske über mich beugte und mir das Messer an die Kehle drückte, Jake wie er ihn von hinten mit einem Backstein niederschlug und schließlich, Hansons lebloser Körper, wie er dort in einer immer größer werdenden Blutlache auf dem Boden lag. Ich versuchte diese Erinnerungen beiseite zu schieben, doch ohne Erfolg, vermutlich würden sie mich mein Leben lang verfolgen. Schnell spülte ich meine Haare aus und verließ dann die Dusche, denn ich wollte zurück zu Jake, um meinen eigenen Gedanken zu entfliehen.
Ich trocknete mich ab, kämmte meine Haare und zog mich an. Als ich schließlich zurück ins Zimmer kam, fehlte von Jake jede Spur. Panisch lief ich nach nebenan, doch auch dort war er nicht. Ich riss die Wohnungstür auf und erschrak beinahe zu Tode, als Jake plötzlich mit zwei Taschen vor mir stand. Scheinbar wollte er selbst gerade die Tür öffnen und schien verwundert über meine Reaktion.

A Duskwood Story Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt