Verfolgungswahn

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Es war dunkel und ich stand auf einem Friedhof, jedoch nicht auf irgendeinem. Ich war zurück in Duskwood und starrte auf ein frisch zugeschüttetes Grab zu meinen Füßen. Rings herum waren Blumen und Kerzen verteilt und obwohl es noch keinen Grabstein gab, verriet ein kleines Schild am Kopf des Grabes, wer hier begraben wurde. Im Schein der Kerzen konnte ich den Namen zuerst nicht richtig erkennen. Ich ging also näher heran und sah schließlich, dass es Richys war. Richy war bereits beerdigt wurden und ich war nicht dort gewesen. Meine Freunde hatten mich gebraucht und ich hatte sie im Stich gelassen. Genau wie Richy. Ich hatte ihn nicht rechtzeitig gerettet und damit alle enttäuscht. Ich fiel auf die Knie, wandte den Blick von Richys Namen ab und begann bitterlich zu weinen und zu schluchzen. Wie sollte ich nur mit diesen Schuldgefühlen leben können? In diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich Niemanden beschützen konnte. All meine Mühen waren umsonst gewesen. Nun kniete ich hier im Dreck, völlig alleine, mitten in der Nacht auf einem Friedhof. Verzweifelt schlug ich mit der Faust in die Erde vor mir. Als ich wieder aufsah, war Richys Name verschwunden. Stattdessen stand dort jetzt ein anderer Name, bei dessen Anblick ich beinahe ohnmächtig geworden wäre. Mein Körper begann zu zittern und in meinen Ohren klingelte es. Immer wieder schüttelte ich den Kopf und Kniff die Augen zu, in der Hoffnung, der Name würde verschwinden, doch das geschah nicht, er blieb gleich. Jake. Ich bekam keine Luft mehr. Wie konnte das nur sein? Ohne jegliche Vorwarnung wurde ich von hinten gepackt und ein Messer legte sich an meine Kehle. Schließlich hörte ich sie, die Stimme von Michael Hanson, die ich in meinem ganzen Leben nicht mehr vergessen würde.

Hanson: "Ich habe dir doch gesagt, du kannst mich nicht aufhalten. Und jetzt schau dir an, was ich deinetwegen tun musste. Dein Freund ist tot. Und du wirst die Nächste sein"

Schreiend und völlig panisch wachte ich auf und saß sofort aufrecht im Bett. Jake neben mir schreckte ebenfalls hoch und als er begriff, was los war, schlang er seine Arme um mich und zog mich an seine Brust.

Jake: "Psst, alles ist gut, du bist in Sicherheit, Tasha. Ich bin bei dir", flüsterte er mir ins Ohr.

Ich vergrub mein Gesicht an seinem Hals und versuchte mich zu beruhigen. Dieser Traum hatte sich so unfassbar real angefühlt, dass ich für einen kurzen Moment vergessen hatte, wo ich mich überhaupt befand. Jakes Finger fuhren durch meine Haare, während er immer wieder beruhigend auf mich einredete. Seine Nähe und seine Stimme beruhigten mich, sodass mein Puls sich allmählich wieder normalisierte.

"Tut mir leid.. ich hatte einen Albtraum", stieß ich hervor, als ich wieder zu Atem kam.

Jake: "Das ist doch völlig verständlich, bei allem, was du in letzter Zeit durchgemacht hast"

Langsam hob ich den Kopf und sah Jake an. Ich war unendlich dankbar dafür, dass er bei mir war und mir Kraft gab. Auch wenn in mir drin, das absolute Chaos herrschte, wusste ich, dass ich alles irgendwie ertragen konnte, solange er bei mir war.
Liebevoll strich er mir eine Haarsträhne hinters Ohr und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

Jake: "Ich hole dir mal ein Glas Wasser"

Er stand aus dem Bett auf und ich beobachtete ihn, wie er nach Nebenan ging. Ich wollte auf mein Handy sehen, um nachzuschauen, wie spät es war, doch dann fiel mir wieder ein, dass ich mein Handy, genau wie alles Andere, zurückgelassen hatte. Seufzend legte ich meinen Kopf in meine Hände. Immer wieder versuchte ich mir einzureden, dass ich mich richtig entschieden hatte und dass es notwendig war, den Kontakt zu meinen Freunden abzubrechen. Doch es half nichts, mein Traum hatte mir schmerzhaft bewusst gemacht, dass ich vor meinen Schuldgefühlen, weil ich meine Freunde ohne jegliche Erklärung verlassen hatte, nicht davonlaufen konnte.
Jake kam mit einem Glas Wasser zurück und setzte sich wieder neben mich auf das Bett, dann reichte er mir das Glas. Dankbar trank ich einen Schluck und merkte, wie durstig ich war, sodass ich es in einem Zug ausleerte. Jake lächelte mich aufmunternd an.

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