A Duskwood Story

Das Treffen

Als mein Wecker mich am nächsten Morgen aus dem Schlaf riss, fühlte ich mich wie überfahren. Immer wieder war ich in der Nacht hochgeschreckt und hatte mich vergewissert, wo ich war und dass alles gut war. Ich stand auf und ging ins Badezimmer. Die Ringe unter meinen Augen sprachen für sich.
Als Erstes stieg ich unter die Dusche und versuchte mir den Stress des vergangenen Tages mit heißem Wasser vom Körper zu spülen. Es half ein wenig und nachdem ich zumindest ein bisschen Mascara aufgetragen hatte und mir meine Haare zu zwei französischen Zöpfen geflochten hatte, beschloss ich, dass das ausreichen musste. Mehr konnte ich heute nicht aus mir herausholen. Anschließend zog ich mich schnell an und machte mich auf den Weg. Es war bereits 11:15 Uhr als ich das Motel verließ.
Zunächst schrieb ich in den Gruppenchat und fragte die Anderen, ob es ihnen gut ginge und wie es jetzt weiter gehen solle. Meinen Aufenthalt in Duskwood erwähnte ich vorerst nicht. Ich würde ihnen später erzählen, was geschehen war, aber ich musste das Ganze selbst erst einmal sacken lassen.
Ich stieg in mein Auto und fuhr ins Stadtinnere. Dort parkte ich und machte mich zu fuß auf den Weg.

Mein Ziel war es zunächst, mir einen groben Überblick über Duskwood zu verschaffen. Ich lief durch die Straßen und einige Orte kamen mir tatsächlich bekannt vor, da Jessy bereits einen Rundgang mit mir gemacht hatte. Als Erstes erkannte ich die Bar Aurora. An der Tür hing noch immer ein Schild mit der Aufschrift "Aus privaten Gründen, bleibt die Bar vorübergehend geschlossen. Vielen Dank für Ihr Verständnis". Wahrscheinlich wusste bereits ganz Duskwood, was der Anlass für die "privaten Gründe" war. Phil saß noch immer im Gefängnis. Er erwartete, dass ich seine Unschuld bewies. Wie genau stellte er sich das bitte vor? Nicht nur, dass ich ihn kaum kannte, darüber hinaus war Phils Verhaftung bei weitem nicht mehr unser einziges Problem. Michael Hanson, wenn er es denn tatsächlich war, hatte es auf uns alle abgesehen. Die Grenze von der Jake ganz am Anfang gesprochen hatte, war bereits lange überschritten worden. Wir mussten ihn aufhalten, bevor noch jemandem etwas zustieß. Und wir mussten Hannah und Richy finden. Sie machten sicherlich Schreckliches durch. Ich musste mir unbedingt etwas einfallen lassen..

Gegen 14 Uhr hatte ich Duskwoods Innenstadt einmal abgeklappert. Schließlich fand ich mich vor der Bibliothek wieder. Da ich nicht genau wusste, wie ich als Nächstes weiter machen sollte, beschloss ich hinein zu gehen und im Online-Archiv zu recherchieren. Vielleicht gab es noch Zeitungsartikel oder andere Informationen zu dem damaligen Unfall, die uns weiterhelfen konnten. Drinnen suchte ich mir einen Platz an einem der Computer. Außer mir war kaum eine Menschenseele in der Bibliothek. Ich hatte also fürs erste meine Ruhe und beschloss Jake eine kurze Nachricht zu schreiben.

"Hey Jake, ich sitze gerade in der Bibliothek und versuche mehr über den Tod von Jennifer herauszufinden. Vielleicht bringt uns das ja weiter"

Als er nicht online kam, beschloss ich mit meiner Recherche zu beginnen.

In den Artikeln die ich fand, gab es keinerlei Hinweise darauf, wer damals den Unfallwagen fuhr. Nichts deutete auf Hannah und Amy hin. Ich fragte mich, wie Michael Hanson herausgefunden hatte, wer für den Unfall verantwortlich war. Wir schienen nach wie vor einige wichtige Zusammenhänge zu übersehen.
Ich sah auf mein Handy. Noch immer keine Antwort von Jake. Ich kam zu dem Schluss, dass mich diese Recherche fürs Erste nicht weiter bringen würde, also beschloss ich den nächsten Schritt zu wagen. Es war an der Zeit, die Anderen einzuweihen und ihnen mitzuteilen, dass ich nach Duskwood gekommen war. Sie sollten die Wahrheit wissen. Außerdem machte ich mir noch immer große Sorgen um sie und wollte sie unbedingt persönlich treffen. Ich ging also auf den Gruppenchat und verfasste eine Nachricht.

"Hey Leute, ich weiß, das kommt jetzt etwas plötzlich, aber ich bin seit gestern Abend in Duskwood. Etwas ist passiert. Aber das sollte ich euch vielleicht lieber persönlich erzählen. Können wir uns treffen?"

Es dauerte nicht lange, bis einer nach dem anderen online kam. Und dann hagelte es auch schon Nachrichten.

Jessy: "Du bist in Duskwood?? OMG!"

Cleo: "Das klingt ziemlich ernst, geht es dir gut? Natürlich können wir uns treffen."

Lilly: " Wieso hast du denn nicht früher etwas gesagt, Tasha? Wo bist du denn untergekommen?"

"Es war definitiv nicht geplant, dass ich so schnell hier sein würde. Ich bin letzte Nacht im Motel eingecheckt. Mir geht es soweit gut. Gibt es einen sicheren Ort, an dem wir uns treffen können?"

Dan: "Sieh mal einer an, hat dich unser Rabenkumpel doch noch zu uns geführt, Kleines"

Jessy: "Das ist nicht lustig, Dan! Wir könnten uns bei mir zu Hause treffen, ich habe hier genug Platz. Ist das für alle in Ordnung?"

Thomas: "Klar. Wann treffen wir uns? Soll ich jemanden mitnehmen?"

Jessy: "Wie wäre es um 19 Uhr? Dann bereite ich noch ein paar Dinge vor."

Dan: "Klar Thommyboy, kannst mich gerne abholen kommen, zu einem privaten Chauffeur sag ich doch nicht nein"

"Vergiss deinen schicken Rollstuhl nicht, Dan. Dann sehen wir uns später. Schickst du mir noch die Adresse Jessy?"

Das war doch schonmal ein Anfang. Ich wusste noch nicht genau, wie ich ihnen sagen sollte, dass die Aktion in der Hütte meine Schuld war, weil ich den Mann ohne Gesicht provoziert hatte. Und dass er mich daraufhin verfolgt hatte.. Jessy schickte mir die Adresse und erst da fiel mir die Uhrzeit auf. Es war bereits 17:45 Uhr. Ich wollte vorher unbedingt nochmal zurück zum Motel, um mich ein bisschen frisch zu machen. Ich machte mich also auf den Weg zurück zu meinem Auto. Zwischendurch sah ich immer wieder auf mein Handy. Jake hatte noch immer nicht geantwortet. Auch im Gruppenchat gab es keine Reaktion von ihm. Es war zwar nicht ungewöhnlich, dass er sich manchmal länger nicht meldete, aber ich sehnte mich sehr danach, mit ihm zu reden.. Das alles setzte mir wirklich sehr zu und er war der Einzige, der es schaffte, mich zu beruhigen. Ich beschloss, ihm später noch einmal zu schreiben. Jetzt musste ich mich erst einmal beeilen um rechtzeitig bei Jessy anzukommen.