Ich starrte auf ihren noch immer auf mich gerichteten Finger.
„Hieran?"
Ich hatte nicht gewusst, dass ein Blick sich intensivieren konnte, doch ihrer tat es.
Gott, ihre Augen waren viel zu schön.Mae ließ ihre Hand auf den weichen Bettüberwurf sinken. „Oder täusche ich mich etwa?"
Nein. Wenn sie eines nicht tat, dann war es, sich hierbei zu täuschen. Aber was würde passieren, wenn ich ihr das sagte? Was würde aus Nick werden?
Es konnte einen so eine große Überwindung kosten, vier Buchstaben auszusprechen.
Vorsichtig streckte ich meine Hand aus und legte sie auf ihre.
„Nein. Ich glaube, das tust du nicht."
Sie sah mich lange an.
„Schade."Ich nickte. Ich wusste genau, wovon sie sprach.
Denn nun, wo ich merkte, wie es sich anfühlte, neben ihr zu liegen, ihren leisen Atem zu hören und dabei zu wissen, dass meine Gefühle für sie erwidert wurden, wurde mir schmerzhaft bewusst, wie viel einfacher alles gewesen war, als ich noch dachte, mein Crush auf sie wäre hoffnungslos.„Und jetzt?", fragte ich leise. Es war nur logisch, dass wir das ganze Gespräch im Flüstern führten, wenn man bedachte, dass Nick sich in einem anderen Zimmer auf demselben Flur befand. Schließlich ... betrog ich ihn gerade eigentlich mit seiner Schwester?
Ist das hier Betrügen?Sie schüttelte leicht den Kopf. „Wenn ich das nur wüsste, Tammy."
Ich spürte, wie sich meine Finger auf ihrer Hand verkrampften. „Aber wir müssen doch irgendwas tun."
Der Schmerz in ihren wunderschönen Augen hielt mich davon ab, über diese beschissene Situation zu lachen. Ich betrachtete ihr Gesicht, dessen Kollision aus weichen Zügen und scharfkantiger Ernsthaftigkeit von dem warmen Licht und den daraus resultierenden Schatten nur noch stärker hervorgehoben wurde. „Wie kann das hier überhaupt real sein?"
Für einen kurzen Moment war der Schmerz aus ihren Augen verschwunden und ein kleines Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht. „Keine Sorge, das Gefühl geht weg. Der erste Crush ist immer der Schlimmste."
Ich sah sie überrascht an. „Wirklich?"
Sie zögerte. „Nein."
Sie machte eine kurze Pause, bevor sie weitersprach. „Meistens, ja. Aber manchmal tritt irgendein Mädchen urplötzlich in dein Leben und du weißt, dass es dich zu einem Arschloch machen würde, sie zu mögen, da sie die erste Freundin deines Bruders ist und trotzdem verdreht sie dir den Kopf so sehr, dass du heulen könntest."Ich hatte absolut keine Ahnung, was ich darauf antworten sollte. Also schwieg ich einfach.
Als keiner von uns beiden mehr etwas zu sagen schien, entschied ich, es wäre das Klügste, das Thema zu wechseln. Nur ein bisschen selbstverständlich.
„Ich denke, damit ist mein Teil der Abmachung unnötig geworden."„Nein. Meine Frage interessiert mich jetzt aus einem anderen Grund."
„Wow."
„Du hast es versprochen!"
Ich seufzte. „Okay, ich finde ihn nicht attraktiv. Nicht hässlich, definitiv nicht, aber halt auch nicht anziehend. Bist du jetzt zufrieden?"
Sie zögerte.
„Nein." Der Schmerz war jetzt wieder vollständig in ihre Augen zurückgekehrt. „Bin ich nicht."„Wir können niemals ...", mir fehlten die Worte, um den Satz zu vervollständigen, doch Mae nickte. „Das weiß ich."
„Aber was denkst du, soll ich jetzt machen? Also unabhängig davon, dass das aus uns nichts werden kann. Soll ich mit Nick schlussmachen? Soll ich einfach so weitermachen wie bisher?"
„Wie kam es eigentlich dazu, dass du beschlossen hast, ihn für eine Fakebeziehung auszunutzen?"
Ihre Worte waren hart, aber fair.
„Homophobie, schätze ich. Du weißt ja von dem Gerücht und naja, erst war es mir noch relativ egal, aber dieses eine Mädchen ... und ach keine Ahnung. Ich weiß, es war definitiv nicht okay, aber es erschien mir wie eine Win-win-Situation. Ich habe gedacht, dass es keine Nachteile für ihn hätte."
„Es war trotzdem falsch."
Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. „Denkst du, das habe ich nicht auch schon bemerkt?"
„Du musst das beenden. Aber langsam. Und schieb es auf dich, ich will nicht, dass er Selbstzweifel kriegt. Ich würde ja sagen, bring ihn dazu, dass er schlussmacht, aber das hätte vermutlich zur Folge, dass du ihn auf irgendeine Weise verletzen müsstest oder so."
Ich nickte.
Sie seufzte. Ihre Augen, diese verdammten traurigen Augen. „Und was uns angeht ... wir machen weiter wie bisher. Wir sind Freunde, wir albern rum, wir haben Spaß. Nicht mehr, nicht weniger. Ich weiß, es wird schwer werden, aber wir müssen das nur so lange durchziehen, bis ihr euch getrennt habt. Und dann ..."
„Dann war es das? Einfach Kontaktabbruch?" Eine Träne löste sich und rollte mir über die Wange.
„Ich sehe nicht, wie das hier ein gutes Ende haben könnte, Tammy."
„Aber es muss doch irgendwas geben!" Die Verzweiflung, die meinen ganzen Körper in Besitz nahm, war erdrückend.
„Du weißt gar nicht, wie sehr ich mir das wünschen würde. Aber ich denke, du solltest dir nicht allzu große Hoffnungen machen. Unsere Situation ist ziemlich aussichtlos."
Ich wusste, dass sie recht hatte, aber ich weigertemich, die Büchse der Pandora kampflos zu öffnen. Noch würde ich nicht aufgeben.Das konnte ich einfach nicht.
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Let me get this Straight ✔
Teen FictionTammy ist straight. Da ist sie sich eigentlich ziemlich sicher. Blöd nur, dass ihr das keiner mehr glaubt. Als sich ihr dann die Gelegenheit bietet, eine Scheinbeziehung mit einem Jungen aus ihrem Jahrgang anzufangen, und nachdem sie intensiv alle V...