Der Tragödie dreiunddreißigster Teil

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Es musste gegen halb elf sein, als wir an der Bushaltestelle des Ortes darauf warteten, zu dem Jahrmarkt gebracht zu werden.
Wobei ich mir eigentlich auch nicht so ganz sicher war, ob man das einsame Stück eingeschweißtes Papier, das an einem Fahl befestigt war, wirklich als Bushaltestelle bezeichnen sollte.

„Und ihr seid wirklich sicher, dass hier ein Bus halten wird?", hakte ich nach. Mae verdrehte die Augen.

„Vertrauen, Tammy", Nick legte mir eine Hand auf die Schulter und ich widerstand dem Drang, sie abzuschütteln.

Ich zog die violette Trinkflasche, die mir Caro vorhin, bevor wir aufgebrochen waren, in die Hand gedrückt hatte, aus meiner Umhängetasche, wobei ich mich glücklicherweise genug bewegte, dass Nick meine Schulter losließ, und trank hastig ein paar Schlucke.
(Und nein, dabei habe ich mich definitiv nicht verschluckte und mir die Kehle aus dem Hals gehustet.)


Mae und Nick sollten recht behalten, es vergingen keine zehn Minuten, bis ein ein wenig in die Jahre gekommener Bus um die Ecke bummelte.

Der Busfahrer war ein untersetzter Mann Anfang vierzig, der uns fröhlich zuwinkte, während er neben uns zum Halten kam. Die Schiebetüren öffneten sich mit einem nicht unbedingt gesund klingenden Knarzen.

Ich war nicht sicher, aber ich würde schätzen, dass nicht allzu viele Menschen jährlich dadurch starben, dass der Bus, in dem sie gerade saßen, plötzlich unter ihnen zusammenklappte, aber die, die es taten, hatten vermutlich in genauso einem Gefährt gesessen wie das, in das wir gerade einstiegen.
Vielleicht sogar in demselben. Es würde mich nicht wirklich wundern, wenn der Busfahrer dieses hier danach eigenhändig wieder zusammengeschraubt hätte.

Nick zog sein Portemonnaie aus seiner Hosentasche und blieb vorne neben dem Fahrersitz stehen, während Mae und ich uns bereits Plätze suchten.
Nachdem Nick bezahlt hatte, kam er zu uns rüber.

„Der Busfahrer ist echt gesprächig", raunte er uns zu. Ich grinste. „Wirkt auch nicht gerade so, als hätte er hier viel zu tun."

Mae zuckte mit den Achseln. „Macht das Sinn?"

Ich sah sie etwas irritiert an, da ich nicht wirklich verstand, was sie damit meinte, bekam jedoch nicht die Gelegenheit nachzuhaken, da Nick mir in dem Moment sein Smartphone unter die Nase hielt.

„Hier guck Mal, ich habe gestern Abend noch nach diesem Jahrmarkt gegoogelt, während ihr zwei Schlafmützen schon im Bett wart."

Ich beschloss, ihm nicht zu sagen, dass seine Aussage so nicht ganz richtig ist, da wir genau genommen nicht im, sondern vor dem Bett gelegen haben.

Stattdessen nahm ich also sein Handy entgegen und ließ meinen Blick über die Anzeige wandern.

„Hey, das sieht doch echt cool aus", sagte ich und deutete auf ein Foto von einem hölzernen Riesenrad. „Da müssen wir unbedingt mit fahren."


„Hey, das sieht echt gar nicht cool aus", trällerte Mae in einem fröhlichen Singsang, der vor Sarkasmus nur so triefte.
Wir standen vor dem hölzernen Riesenrad und es sah eins zu eins so aus wie auf dem Foto. Nur leider hatte man dort mangels fehlenden Maßstabs nicht erkennen können, dass es eine Attraktion für Kinder war. Das Rad war allerhöchstens zwei Meter hoch.

Sie wandte sich mir zu. „Aber wenn du trotzdem mitfahren willst, verspreche ich auch, dass ich das nur ein ganz bisschen ins Internet stellen werde."

Ich verdrehte die Augen. „Ich wusste nicht, dass es für den örtlichen Kindergarten gedacht ist."

„Macht es doch viel einfacher, sich nach ganz vorne in der Warteschlange zu schubsen." Sie kassierte einen verstörten Blick von Nick.

„Ich hätte zu große Angst, dass sie petzen."

Let me get this Straight ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt