Vlogs sind eine Art an der eigenen Schule und darüber hinaus Bekanntheit zu erlangen, doch für Goh Young geht dieser Plan schief, denn ihre langgezogenen Alltagsvideos sind für ihre Mitschüler die reinste Lachnummer. Das macht Young ziemlich zu scha...
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Mit dem Rücken zum Pferdestall gedreht und der Selfie Kamera hoch erhoben, posierte ich neben dem großen, schwarzen Pferdekopf. Ich lehnte mich manchmal zu Carrot, Moms Stute, und dann wieder von ihr weg, versuchte eine Reaktion von ihr zu erhaschen und bekam als Antwort auf meine Bemühungen immer nur ein lautes Schnauben. "Jetzt mach doch mal was, Carrot! Ich habe dich nicht für eine lahme Stute gehalten." Sie schnaubte erneut und sah mich teilnahmslos an. Ich gab es auf. Viel mehr Material würde ich für meinen Reit-Vlog wohl nicht bekommen. Wobei es auch so nicht viel zu filmen gegeben hatte. Immerhin fiel der tatsächliche Reit-Part für mich weg, da mich keine zehn Pferde auf ein Pferd bekommen würden. Ich machte eine letzte Pose neben Carrot, um ein Selfie für meinen Instagram Account zu machen, doch bevor ich das perfekte Foto schießen konnte, begann das doofe Pferd an meiner roten Schleife herum zu knabbern. "Hey, hör auf! Du ruinierst meine Frisur, Carrot!" Nach einer kurzen Rangelei mit einem viel zu starken Pferdegebiss und einer zu gut befestigten Schleife, fiel mir mein blondiertes Haar zerzaust über die Schultern. Es würde Stunden dauern, das wieder in Ordnung zu bringen, aber zumindest war ich nun nicht mehr im Griff des Todes. Sollte Carrot doch genüsslich auf meinem hundert Dollar Accessoire herumkauen, solange es nicht meine sechsmal so teuren Echthaar Extensions waren.
Ich versuchte mein Haar so gut es ging in Ordnung zu bringen und verließ den Pferdestall der Hölle. Pferde waren noch nie meins gewesen. Reiten und sich um diese Kolosse kümmern war Moms Ding. Ich war nur hierher gekommen, weil ich etwas interessantes für meinen YouTube Channel haben wollte, um den anderen auf meiner Schule zu zeigen, dass ich genauso cool war wie sie, auch wenn meine Eltern keine Chaebols oder riesige Shareholder waren, so wie die meisten Eltern der Jugendlichen auf meiner Schule. Meine Eltern waren beide Juristen, mit eigener Kanzlei, die vor allem Prominente vertraten und eben diejenigen, die zu den Chaebols und Shareholdern gehörten. Meine Familie arbeitete also für die meisten Familien an meiner Schule und das machte mich automatisch angehörig zu den unteren zehn Prozent der Schule. Einkommens- und popularitätsmäßig. Ich war sozusagen eine Arme Schluckerin unter den reichsten der Reichen und deshalb hatte ich vor ein paar Wochen beschlossen, mein Schicksal in meine eigenen Hände zu nehmen und mir eine Karriere als erfolgreiche YouTuberin aufzubauen, bei der meinen Mitschülerinnen und Mitschülern die Kinnladen zu Boden fielen. Bisher war ich allerdings ohne Erfolg geblieben, denn meine Vlogs kamen eher mittelmäßig an.
Auf dem Weg zu meinem Wagen lief ich beinahe in Jin, den Stallburschen oder wie auch immer man ihn nennen wollte, der gerade eine Ladung Heu in einer Schubkarre zu den Ställen brachte. "Woah, Goh Young, du siehst ja aus, als hättest du dich wirklich sportlich betätigt, statt nur mit deinem Selfiestick Augen auszustechen." Das nervigste an Jin war, er sah verdammt gut aus. Er war drei Jahre älter als ich und studierte bereits, doch er half regelmäßig auf dem Hof aus, da dieser seinen Eltern gehörte. Ich kannte ihn also seit Mom Carrot hier untergebracht hatte und seitdem gingen wir uns gegenseitig auf die Nerven. "Sagt der Richtige. Ich würde nicht gegen deine Mistgabel tauschen wollen." "Bist du dir zu fein für richtige Arbeit?" "Gepflegtes Aussehen kommt nicht von Stallarbeit." "Und Gehirntraining bekommt man nicht durch Kopfmassagen und angeklipptes Haar." Ich atmete schnippisch ein und strich meine Wasserstoffblonden Extensions hinter die Schultern. "So eine Diskussion führe ich nicht mit einem, der sein Leben lang nur mit Pferden gesprochen hat." "Du bist das erste Pferd, das mich nicht mag. Komisch, scheint also nicht an mir zu liegen." Ich stapfte davon, ohne etwas zu erwidern und atmete erst wieder durch, als ich in dem schwarzen Auto saß, das gerade ansprang. Dieser Tag war in zweifacher Sicht ein kompletter Reinfall gewesen. Erstens hatte ich keine einzige Minute nutzbares Filmmaterial bekommen und zweitens rannte ich auch noch in genau denjenigen hinein, den ich am meisten verabscheute. Konnte ein Leben schlimmer sein, als meins?
