~Drei Monate später~
Das neue Schulgebäude ragte vor mir auf wie ein kleines Schloss, das nicht gerade wirkte, als war es absichtlich mitten in Seoul aufgestellt worden. Der schöne Bau war allerdings einer der Vorteile der Schule, die ich während der Winterferien bereits ausgemacht hatte. Ein anderer Vorteil war, dass die Fahrt hierhin nur zwanzig Minuten dauerte. Das war die Hälfte der Zeit, die ich zu meiner vorherigen Schule benötigt hatte. Wenn der Verkehr gütig gewesen war. Der dritte Vorteil war die Schuluniform. Dad hatte meine Bitte wohl entweder erhört oder unwissentlich erfüllt, als er mich auf dieser Schule angemeldet hatte. Die Uniform war dunkelgrau und dunkelrot und bestand aus festem Stoff, der gerade im abklingenden Winter wirklich gelegen kam. Der Schulblazer endete genau dort, wo der beinahe knielange Rock an meiner Taille anfing und beides zusammen sah wirklich hübsch aus. Die Schleife, die hier statt einer Krawatte getragen wurde, war etwas gewöhnungsbedürftig, aber sie war ein schönes Accessoire zu dem Rest.
Jetzt aber zum großen Nachteil, wobei ich eher sagen musste, dass es eine riesige Überraschung für mich war: Dad hatte mich nicht nur an einer Schule angemeldet, die ich gar nicht vorgeschlagen hatte, sondern war es zudem eine Musikakademie voller musikalischer Wunderkinder, die gerade alle mit ihren Instrumentenkoffern an mir vorbei in das Schulgebäude strömten. Ich war zwar auch musikalisch, immerhin spielte ich seit zehn Jahren Klavier und beinahe acht Jahren Harfe, aber als schaffende Musikerin würde ich mich nicht bezeichnen. Meine letzten Wettbewerbe waren schon einige Jahre her und selbst Stücke geschrieben hatte ich noch nie. Das hier würde also eine kleine Herausforderung werden. Ich war mir sicher, Dad wollte mich aus irgendeinem Grund testen.Zögerlich betrat ich das Gebäude und sah mich zu aller erst nach einem Gebäudeplan um. Diese Schule war riesig. Aber das lag vermutlich vor allem daran, dass diese Schule auch gleichzeitig ein Internat war und manche Schüler hier lebten. Die beiden Türme neben dem Hauptgebäude waren die Jungen- und Mädchenschlafsäle, dann gab es noch eine große Aula so ziemlich in der Mitte des Hauptgebäudes und ich musste einmal ganz durch den Trakt durch, um zum Lehrerzimmer zu gelangen. Ich seufzte leise.
Die Gänge füllten sich langsam mit Schülerinnen und Schülern, die die selbe hübsche Schuluniform trugen wie ich. Doch alle trugen sie anders als ich. Äußerlich sah sie genau gleich aus, doch den anderen war anzusehen, dass sie schon jahrelang mit dieser Kleidung durch diese Hallen liefen oder einfach in diese Uniform hineingehörten. Während dessen fühlte ich mich noch ein wenig fehl am Platz unter all dem Neuen hier. Ich hoffte, das gab sich schnell. Sobald ich herausgefunden hatte, wie die Hierarchie an dieser Schule aufgebaut war und welche Trends gerade kursierten, war es ein leichtes für mich, mich anzupassen. Das hatte ich die Jahre zuvor auch gut hinbekommen. Bis alles vor kurzem den Bach runtergegangen war.In dem Gang zum Lehrerzimmer stand ein Mädchen mit grünen Strähnen in ihren schulterlangen, dunkelbraunen Haaren und sah sich schnell um, bevor sie ein kleines Smartphone aus ihrer Rocktasche zückte. Ich war mir nicht sicher, ob ich hier wirklich richtig war, aber ich ging dennoch den Gang weiter entlang und betrachtete die Schilder an den Türen. Sekretariat, Meetingraum, Büro der Vertrauenslehrerin. Es war nur noch die Tür übrig, vor dessen Schild die heftig tippende Schülerin stand und das Büro der Schulleitung am Ende des Gangs.
Ich strich mir die Haare hinter die Ohren, wagte mich etwas weiter und versuchte an der Schülerin vorbei zu linsen, doch ich konnte das Schild einfach nicht ausmachen. Sie erwachte schließlich aus ihrem Fokus, realisierte mein Starren und sah mich erschrocken an, bevor sie die Hände hob, als hätte ich sie bei etwas verbotenem erwischt.
"Verpetz mich bitte nicht. Ich musste nur schnell einen wichtigen Text verfassen."
Ein wenig belustigt hob ich die Augenbrauen. Ich hatte in der Schulordnung gelesen, dass Smartphones auf dem Gelände nicht benutzt werden durften, aber das selbe hatte auch in der Ordnung meiner alten Schule gestanden und niemand hatte sich daran gehalten. Auch die Lehrerschaft hatte diese Regel entweder vergessen oder selbst nicht allzu ernst genommen. Hier sah das wohl etwas anders aus.
"Ich wollte eigentlich nur wissen, ob das hier das Lehrerzimmer ist oder ob ich noch weiter suchen muss." Ich zeigte auf das Schild hinter ihr. Sofort sah ich die Erleichterung in ihrem Gesicht. Sie blies die Wangen auf, so dass ihre vollen Lippen aussahen, wie der Mund eines Fisches und verdrehte die großen, mandelförmigen Augen. So, wie sie sie mit Makeup betont hatte, wirkten sie beinahe katzenhaft.
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The Uninteresting Life of Goh Young || min yoongi
FanfictionVlogs sind eine Art an der eigenen Schule und darüber hinaus Bekanntheit zu erlangen, doch für Goh Young geht dieser Plan schief, denn ihre langgezogenen Alltagsvideos sind für ihre Mitschüler die reinste Lachnummer. Das macht Young ziemlich zu scha...