Vlogs sind eine Art an der eigenen Schule und darüber hinaus Bekanntheit zu erlangen, doch für Goh Young geht dieser Plan schief, denn ihre langgezogenen Alltagsvideos sind für ihre Mitschüler die reinste Lachnummer. Das macht Young ziemlich zu scha...
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"Willkommen zum ersten Video Tagebuch von Cheap Ketchup. Wir sind gerade dabei uns auf unseren ersten Auftritt vorzubereiten. Das hier ist Young, unsere Keyboarderin. Zeig mir dein Outfit." Himari drückte mir ihr Handy beinahe ins Gesicht und ich schob sie lachend zurück. "Das lädst du aber nirgendwo hoch, oder?" "Wie sollen wir sonst Reichweite aufbauen? Ich habe mir ein paar Dinge von deinen Vlogs abgesehen und wollte das schon lange ausprobieren. Jetzt dreh dich mal." Ich gab nach, trat ein paar Schritte zurück und ließ meine lila Kunstpelzjacke von den Schultern gleiten, um den zerschnittenen Rückenausschnitt meines Tops zu zeigen. Ich trug dazu eine schwarze Shorts und Platformsneakers mit lila Akzenten. "Wie ein Rockstar", sagte Himari und begann die Jungs zu Filmen. Wir hatten uns wieder bei mir getroffen, um uns für den Open Mic Abend fertig zu machen. Die Jungs hatten nichts dagegen gehabt, dass ich ihnen dramatischen Eyeliner um die Augen schmieren wollte und jetzt machten sie sich in meinem Zimmer und im Badezimmer die Haare. Himari blieb ungeschminkt. Sie sah so aus wie immer, aber ich war zu der Meinung gelangt, dass ihr Baggy Style ihrer Rolle als Schlagzeugerin voll zuspielte. "Das nächste Bandmitglied ist Yoongi. Er ist das Genie hinter unseren Songs, spielt aber auch Gitarre und bevor Young zu uns gestoßen ist, war er unser Keyboarder. Ein wahres Multitalent also." Himari verrenkte sich, um Yoongis Gesicht von vorne zu filmen. Er beugte sich gerade über meinen Schminktisch und bearbeitete seine schwarzen Haare verhalten mit Haarspray. "Wie fühlst du dich? Die erste große Show, ein Stylingraum nur für uns."
Ich prustete los bei Himaris übertriebener Narration. Sie fügte ein wenig mehr hinzu, als notwendig war, aber es klang sympathisch und interessant. Sie hatte eine ganz andere, viel optimistischere und ehrlichere Art zu reden, als ich in meinen gelöschten Vlogs. "Ich fühle mich müde", brummte Yoongi. Er löste dabei nicht einmal den Blick von seinem Spiegelbild. Himari nickte, was man in der Aufnahme nicht sehen würde. "Unser altbekannter Workerholic. Er schreibt immer bis spät in die Nacht, geplagt von dem Ballast unserer Generation und getrieben von seinem Sein als künstlerischer Musiker." Nach dieser Aussage scheuchte Yoongi Himari weiter und sie gab sich besonders viel Mühe Jimin und Tae auf die Nerven zu gehen. Man hörte vom Bad aus, wie sie die beiden ärgerte und ihnen absichtlich im Weg stand. Das verdeutlichte wenigstens, wie chaotisch die drei zusammen waren. Ich stand vom Bett auf, um mir am Schminktisch die Haare zu flechten. Ich setzte mich neben Yoongi auf die enge Sitzbank und er wollte aufstehen, aber da verlor die Bank das Gleichgewicht. Schnell setzte er sich wieder und wir lachten den Schreck davon, den wir beide bekommen hatten. "Denkst du, es werden heute viele kommen? Von unserer Schule, meine ich?" Ich sah Yoongi im Spiegel fragend an und flocht mir während dessen die Haare zu zwei lockeren Zöpfen. "Ehrlich gesagt, hoffe ich es nicht." Ich warf ihm einen Blick zu, der deutlich nach einem 'Warum?' fragte, doch er zuckte nur die Schultern. Mit diesem verschlossenen Blick und den dunkel umrandeten Augen sah er ziemlich grimmig aus, aber das gefiel mir nur umso besser, da Yoongi dadurch etwas vermeintlich Gefährliches an sich hatte.
"Ich hoffe, es kommen eine Menge. Sie sollen sehen, wie gut wir sind und wie wenig es ihnen bringt, zu versuchen, uns mit lächerlichen Gerüchten niederzurringen." Ich wechselte zur anderen Hälfte meiner Haare und flocht nun auf der Seite, auf der Yoongi saß. So konnte ich ihn direkt ansehen und musste das nicht im Spiegel tun. "Ist das der einzige Grund, warum du bei uns mitmachst?", fragte Yoongi und drehte mir ebenfalls das Gesicht zu. Er war mir so nah, dass mir kurz der Atem stockte. Ich versuchte betont ruhig weiter zu atmen und seinem forschenden Blick standzuhalten. "Ich will allen beweisen, dass wir verflucht nochmal cool sind, ja. Aber es ist lange nicht mehr der einzige Grund, warum ich so viel Energie in die Band reinstecke. Auch wenn wir erst ein paar Wochen zusammenarbeiten ... glaube ich, dass ich in meinem Leben noch nie so viel Spaß hatte." Ich sah wieder nach vorne und konzentrierte mich auf meinen Zopf. Stur versuchte ich zu ignorieren, dass Yoongi mich noch immer ansah und war erleichtert, dass man mir meine erhitzten Wangen durch das starke Make-Up nicht ansehen konnte. Himari war wie so oft meine Rettung und kam mit ihrer Handykamera zurück. Im Schlepptau hatte sie Tae und Jimin, die aussahen, als wären sie bereit ganz Seoul zu rocken. "Alle bereit?", fragte Tae und krempelte sich die Ärmel seiner verwaschenen Jeansjacke hoch. "Yes, aber sowas von!"
