Mit jedem Tag, der verging, mit jeder Woche, die neu Anbrach, schaffte es unsere Gruppe irgendwie wieder zur Normalität zurückzukehren, wenn auch einer ganz anderen Version von Noamal als zuvor. Jimin flüsterte nun immer häufiger kichernd mit Himari und die beiden verstanden sich so gut wie nie. Tae hatte es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht, sich um Yoongi zu kümmern, auch wenn das meistens nur bedeutete, dass er sich zu ihm stellte, wenn er sich mal abschottete und ihn zurück zur Gruppe holte. Das war das erste Mal, dass ich Tae so besorgt und wachsam erlebte, auf eine aufmerksame und stille Art. Er wirkte ziemlich führsorglich, was mich überraschte, da er meistens eher Dinge mit Jimin ausheckte und in der Vergangenheit nur selten den Beschützer hatte raushängen lassen.
Ich war, genauso wie Yoongi, etwas ruhiger geworden und zog mich manchmal zurück. Sobald es allerdings auffiel, kehrte ich zu meinem vorlauten, waghalsigen Ich zurück und war bei allem mit dabei.
Nur als wir an diesem Open Mic Abend aufgetreten waren und die Teilnehmer sich miteinander unterhielten, fehlte mir die Energie dazu, zu sein, wie ich eben immer war. Ich hatte mich auf einen der Stühle gesetzt, wie beim ersten Open Mic Abend an dem wir gespielt hatten. Nur saß ich dieses Mal nicht in der ersten Reihe, sondern hatte mich hoffentlich unbemerkt nach hinten geschlichen und mir die Kapuze aufgesetzt, ehe ich die Augen geschlossen hatte und nur noch dem Anschwellen und Abschwellen der Stimmen lauschte, wie einem Meer, das in meiner Nähe rauschte.Die letzten Wochen hatte ich versucht, alles normal ablaufen zu lassen. Ich hatte keine Schultage mehr geschwänzt, weil meine Emotionen es so wollten, ich hatte sie einfach runtergeschluckt. Außerdem war ich bei dem Frühlingsfest dabei gewesen und hatte sowohl Himari, als auch Yoongi und Niamh unterstützt, so, wie ich es mir vorgenommen hatte. Yoongi war darüber etwas verlegen gewesen und er hatte mich traurig angesehen, aber es war das erste Mal, dass wir wieder ein paar Worte miteinander gewechselt hatten, statt uns bloß bedeutungsschwere Blicke zuzuwerfen, wie am Tag zuvor.
Neben Bandproben, die mit der Zeit wieder zwanglos stattfanden und zwischenzeitlichen Absprachen mit Yoongi, wenn wir über unsere Songs sprachen, hatte ich so engagiert für die anfallenden Klausuren und Tests gebüffelt, wie noch nie. Dadurch hatte ich wasserdichte Ausreden und ich lag in dieser Klausurenphase zum ersten Mal über dem Klassendurchschnitt. Um mir weitere Ablenkung zu verschaffen, hatte ich mein Training umstellen lassen und dreimal die Woche mit einem Personal Trainer trainiert. Die nächsten Termine für Haare, Nägel und bei der Kosmetikerin hatte ich ebenfalls für diese Woche, wodurch mir zumindest weitere Konzerte erspart blieben.
Es war nicht so, dass ich die Lust an dieser ganzen Band-Sache verloren hatte oder sie plötzlich unwichtig fand. Ich hatte mich in letzter Zeit sogar noch weiter reingesteigert und manchmal Zuhause weitergeprobt, wenn die Proben mit der Gruppe bereits beendet waren.
Ich war mittlerweile nur unfassbar müde und abgestumpft und war mir nicht sicher, wie lange ich dem noch standhalten konnte. Ich funktionierte einfach nur noch oder wollte es zumindest. Nur wusste ich einfach nicht mehr, wie irgendetwas funktionierte."Hey", kam es leise von der Seite und ich erkannte die Stimme sofort, die vorhin erst ein weiteres atemberaubendes Gedicht vorgetragen und damit den ersten Platz gemacht hatte.
Das war das erste Mal seit dem ersten Open Mic, dass ich wieder mit DURI sprach. Ich hatte ihn immer noch nicht kontaktiert und die letzten Wochen war er wie vom Erdboden verschluckt gewesen.
"Hey", entgegnete ich genauso leise und schob die Kapuze zurück.
DURI hatte sich verändert, seitdem ich ihn das erste Mal auf der Bühne gesehen hatte. Er war viel schlanker geworden, beinahe hager. Seine Brille wikte viel zu groß in seinem nun eingesunkenen Gesicht und sein Haar war ausgedünnt. Das war mir vorhin auf der Bühne bereits aufgefallen, durch den Scheinwerfer noch mehr, als jetzt im Halbdunkeln.
"Da sind wir wieder. Ein paar Reihen nach hinten gerückt, aber es hat sich nicht viel verändert."
"Nur, dass sich alles verändert hat. Du warst ganz schön lange weg."
Ich betrachtete ihn kurz, sah dann aber nach vorne. Meine Augen fanden sofort Yoongi, der sich in einer Ecke mit irgendeinem bärtigen Mann unterhielt. Ich sah noch, wie Yoongi gerade wieder den Blick auf seinen Gesprächspartner richtete.
"Krankenhausbesuche, spontanes Urlaubssemester, viel Zeit in irgendwelchen Delirien, Schreibblockade, das alles hat mich irgendwie aufgehalten."
"Geht es dir besser?", fragte ich, ohne groß nachzuhaken. Wenn er etwas erzählen wollte, würde er das vermutlich von sich aus tun, so wie er es gerade getan hatte.
"Ich bin überm Berg. Aber es wird wohl noch ein Urlaubssemester folgen. Was ist mit dir? Du hast dich noch weiter zurückgezogen und starrst sehnsuchtsvoll in die Weite hinaus."
"Hey, damit kannst du doch deine Schreibblockade füllen", wich ich aus.
"Dazu müsste ich weitere Beobachtungen anstellen. Ich stecke ziemlich tief drin." Nach einer kurzen Pause. "Du auch, nicht wahr?"Ich wusste sofort, dass er keine Schreibblockade meinte. Natürlich war es kaum zu übersehen, wo ich hinstarrte und wen ich beobachtete. Woher meine Sehnsucht rührte.
"Ich glaube, das tun wir beide und es wird einfach nicht besser. Aber wir reden uns ein, dass das passiert, bevor sich ein entscheidender Faktor ändert."
"Warum nicht den Faktor beiseiteschieben und den Gefühlen nachgehen, die man nicht ignorieren kann?" Ich sah ihn an.
"Ich würde gerne, aber die Zeit lässt sich nunmal nicht beiseiteschieben. Oder erweitern."
"Oh ja, die Zeit", sinnierte DURI. "Die hat mir auch Angst gemacht, weil ich dachte, sie würde vor mir weglaufen. Aber ich habe mich entschieden, sie zu nutzen und sie hat mich dafür mit Dingen belohnt, die mir viel bedeuten und die mir erhalten bleiben, selbst, wenn diese Zeit vorbei ist."
"Sicher, dass du damit nicht deine Schreibblockade füttern willst? Glaub mir, ich würde mich auf diese Gedanken stürzen, wenn du sie hier vorträgst."
DURI lächelte leise und nickte mit dem Kinn nach vorne. Ich folgte seinem Blick zur Mitte des Raumes und sah, wie Yoongi sich einen Weg zum Ausgang des Saals bahnte.
"Sicher, dass ihr die Zeit nicht einfach nutzen wollt, die ihr habt? So wenig es auch sein mag?"
Seine Worte bereiteten mir eine Gänsehaut, denn es kam mir vor, als wusste er genau, was zwischen Yoongi und mir vorgefallen war, als wusste er, warum wir keinen Schritt weiter gewagt, sondern sämtliche Schritte zurückgegangen waren. Mit Gefühlen, die uns ständig schwer im Magen lagen.
"Ich will sie nutzen. Aber-" Yoongi hatte mir klargemacht, dass er nicht konnte. Dass es ihm vorkam, als hatte er zu wenig Zeit, die er mir bieten konnte. Dabei hatte mir bisher immer jeder Moment gereicht, denn wir gemeinsam verbracht hatten.
Ein seltsames Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit und mein Gehirn hob die Wahrheit hervor, die ich gerade gedacht hatte.
Alles, was mir Yoongi gab, wäre genug. Ich musste es ihm nur klarmachen.Abrupt stand ich auf. Ich musste es wenigstens versuchen. Bevor er weg war.
"Danke nochmal für deinen Ratschlag. Oh und", ich zückte mein Handy und sendete ein weißes Herz an DURIs Nummer, die ich eingespeichert, aber bisher nie angeschrieben hatte, "schreib mir wenn du wieder reden willst. Das nächste Mal höre ich dir zu. Wenn du ein offenes Ohr gebrauchen kannst."
DURI lehnte den Kopf nach hinten und sah zu mir auf, ein seliges Lächeln auf dem Gesicht.
"Jetzt geh schon deinem Freund hinterher."
Ich quetschte mich an ihm vorbei und winkte ihm noch einmal zu, während ich den Gang neben den Sitzreihen bis zum Ausgang entlang ging. Im Vorraum war niemand zu sehen, also joggte ich weiter zum Hauptausgang und verließ die Open Mic Halle.
Es war mittlerweile warm genug, um in Rock und T-Shirt durch die Gegend zu laufen. Selbst jetzt am Abend war es noch einigermaßen angenehm und die ertragbare Kälte wurde einem erst nach einer halben Stunde langsam bewusst. Auch jetzt um fast einundzwanzig Uhr war es noch hell und ich hätte Yoongi sofort ausmachen können.
Allerdings hielt sich keine Person vor der Halle auf. Insbesondere Yoongi nicht.
In der Hoffnung ihn noch zu erwischen lief ich ein Stück den Weg entlang, von dem wir gekommen waren, doch Yoongi war einfach verschwunden oder in die andere Richtung gelaufen.
Was auch immer es war, ich hatte ihn verpasst. Humorlos lachte ich auf, nur kurz, bis ich mich verschluckte, hustete und schließlich hinhockte, um meine Beine zu umarmen.
Wie armselig ich ihm hinterher gerannt war. Und trotzdem hoffte ich, dass ich damit erfolgreich gewesen wäre, egal, wie armselig es auch war.
Doch auch jetzt machte mir die Zeit einen Strich durch die Rechnung und sagte mir: "Vielleicht soll es einfach nicht sein, sieh es ein."[I'm tired. But I want to write. And I want to read. Everything at the same time. :')
Aber erstmal muss ich meinen Laptop updaten, habe ich gerade gesehen. xD
Lasst mir doch gerne eure Meinung zu dem Kapitel da!
Wir lesen uns hoffentlich Sonntag! <3]
DU LIEST GERADE
The Uninteresting Life of Goh Young || min yoongi
FanficVlogs sind eine Art an der eigenen Schule und darüber hinaus Bekanntheit zu erlangen, doch für Goh Young geht dieser Plan schief, denn ihre langgezogenen Alltagsvideos sind für ihre Mitschüler die reinste Lachnummer. Das macht Young ziemlich zu scha...