„So überrascht mich zu sehen?"

229 20 0
                                    


„Pier?", wie ein Reh im Scheinwerferlicht starrte ich den Hauptkommissar an, während alle Beamten direkt aufsprangen und sich schützend vor ihrer Partner beziehungsweise Partnerinnen stellten. „So überrascht mich zu sehen?", mit einem teuflischen Grinsen zog der Angesprochene eine Waffe und tat als würde er sie mit dem Saum seines Shirts polieren. „Wir sind eher darüber überrascht, dass du dich traust hier aufzutauchen.", stellte Tom klar und schob ein kleines Mädchen hinter sich, das aussah wie er nur mit blonden Locken die ihr bis knapp über die Schulter gingen. „Ich bin hier auch gleich wieder weg. Aber zuerst will ich meinen Job erledigen.", antwortete der Hauptkommissar und zielte mit seiner Waffe genau auf Paul, der sich schützend vor mich gestellt hatte.
„Egal was dein Job auch sein mag, wir werden dich nicht einfach so gehen lassen. Und vor allem werde ich nicht zulassen das du meiner Tochter auch nur noch ein weiteres Haar krümmst.", fluchte mein Vater, stellte sich neben Paul und schien bereit sich selbst mit einem Bären anzulegen. „Das werdet ihr, denn der BigBoss bezahlt nur wenn ich die kleine Schlampe lebend zu ihm bringe.", widersprach mein ehemaliger Entführer und sah über seine Schulter zu einem weißen Bulli. „BigBoss? Das hab ich schon mal gehört.", murmelte Flo und ich nickte. „Hubert Maurers Codename.", erinnerte ich ihn und sah aus den Augenwinkeln wie Balu mich kurz musterte und sich dann aufplusterte. „Nicht jetzt.", raunte ich ihm zu, was ihn zwar dazu brachte sich halbwegs zu entspannen aber er ließ Pier keine Sekunde aus den Augen.
„Das kann sich dein BigBoss abschminken. Mila steht unter unserer Bewachung. Jeder Beamter in ganz Deutschland ist scharf drauf dich einzubuchten. Also tu uns den Gefallen und lass die Waffe sinken.", versuchte Tobi zu seinem Kollegen durchzuringen und trat einen Schritt auf ihn zu. „Noch ein Schritt weiter und die kleine explosive Überraschung, die ich euch mitgebracht habe, geht in die Luft.", warnte Pier und wies auf den Eiswagen vor dem ein Haufen Kinder stand. „Das wagst du nicht.", Onkel Klaus sah mit großen Augen zwischen dem Eiswagen und Pier hin und her. „Ach nein? Was ist dann das?", überheblich grinsend zog der Hauptkommissar einen kleinen grauen Kasten aus seiner Hosentasche.
„Das sind doch unschuldige Kinder.", hörte ich mich sagen und war selber davon überrascht davon wie gefasst meine Stimme klang. „Das sind sie wirklich. Also komm her oder willst du das die Kinder für deine Fehler leiden müssen.", wies mich Pier an und ich stellte mich neben Paul. „Was zum Teufel hast du vor? Stell dich gefälligst wieder hinter Paul und mich!", zischte mir Martin zu und versuchte mich zu packen, wohl um mich wohl selber hinter sich zu ziehen. Ich aber sah Paul an und raunte lautlos: „Apfel.".
Obwohl ich ihm ansah was der davon hielt nickte mein Freund und hielt seinen Arm vor meinen Vater damit dieser stehen blieb. „Wird's bald? Ich hab keine Lust hier Wurzeln zu schlagen.", rief Pier und zog so meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Ich komme mit dir mit, aber nur unter einer Bedingung.", so selbstbewusst wie ich konnte ging ich auf den Mann zu, der zugelassen hatte das meine Stalkerin mich entführen konnte. „Glaubst du wirklich das du in der Position bist Forderungen zu stellen?", lachte Pier und ich blieb mit einer hochgezogenen Augenbraue stehen. Von meiner Position aus konnte ich es richtig in seinem Kopf arbeiten sehen und wie er das für und wieder abwog.
„Na gut. Aber auch nur weil ich gute Laune habe.", gab der Hauptkommissar klein bei und ich ging weiter auf ihn zu. „Ich will das du hier, vor all deinen Kollegen sagst, was damals passiert ist. Was wirklich vor der Wache passiert ist bevor mich Layla quer durch Deutschland gefahren hat.", forderte ich und blieb stehen als Pier und mich nur noch zwei Meter trennten.
„Einverstanden, ich bin gleich eh für immer weg von hier.", stimmte der Beamte zu und sah jeden seiner ehemaligen Kollegen einmal an. Nach dieser theatralischen Pause sah er wieder zu mir: „Ich hab dich rausgelockt, unter dem Vorwand das ich deine Hilfe bräuchte. Und du hole Nuss bist mir, wenn auch mit ein paar Widerworten, hinterher gedackelt. Nur zu gerne hätte ich dir da schon eine Kugel in den Kopf gejagt, aber ich hatte Leyla versprochen das ich dir nicht weh tue. Aber als du dann weglaufen wolltest, hab ich dir einen Stein an den Kopf geworfen und dich dann bewusstlos in das bereitstehende Auto gehievt. Achja und in dem ersten Versteck hab ich dich auch noch kurz gesehen, aber auch nur weil ich wollte das die Irre weiß das wir nun Quitt sind. Den Trotteln auf der Wache hab ich dann den trauernden Beamten vorgespielt. Das ich mich ja so dafür schäme und hasse dass ich dich nicht retten konnte. Aber leider hab ich mit meiner Flucht einen Tag zu lange gewartet, sodass mein Name auf der Fahndungsliste aufgetaucht ist. Das Lustige an der ganzen Sache ist ja, dass mich trotzdem keiner geschnappt hat. Und es auch weiterhin niemand schaffen wird.".
Während seiner kleinen Rede hatte Pier seine Umgebung völlig außer Acht gelassen und hatte damit nicht mitbekommen das eine handvoll Beamter sich an ihn geschlichen hatten. Muri, Janos und Ben waren so weit an ihn ran gekommen, dass sie ihn fast packen konnten. Ich wusste nicht wer von den dreien es war, vielleicht war es auch ein anderer Gast des Oster-Essens, aber jemand trat auf einen Zweig und machte so auf die drei Beamten aufmerksam.
Pier zuckte zusammen, sah sich nach dem Geräusch um, rutschte mit seinem Zeigefinger auf den Abzug und krümmte ihn so weit das er den Abzug betätigte. Die Menschen um mich herum schienen was zu rufen aber ich sah aus den Augenwinkeln nur wie sich deren Münder bewegten, denn ich starrte auf die Kugel die wie in Zeitlupe auf mich zugeflogen kam.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen Augen (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt