„Das ist doch eine nette Überraschung."

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* zwei Woche später *

„Und die Akten die hier liegen, müssen in das Regal.“, schloss Ben seine Erklärungen ab und wies auf einen riesigen Aktenschrank. „Also nur die fünf?“, harkte ich nach und sah auf die Papierakten die ich auf ein paar Kartons entdecken konnte. „Ja die fünf. Und die die in den Kisten sind.“, gab der Oberkommissar kleinlaut zu. „Warte. Das sind zehn Kisten. Wie viele Akten passen da rein?“, wollte ich wissen und sah Ben mit großen Augen an. „Also in eine Kiste passen um die 80 Akten.“, nuschelte Ben und ich schüttelte ungläubig meinen Kopf. „Du veräppelst mich doch, oder?“, ich ging auf die Kisten zu und öffnete eine davon. „Leider nicht. Wir kommen nur nie dazu die alten Akten einzusortieren.“, erwiderte Ben und trat neben mich. „Und ihr drückt euch auch davor?“, mutmaßte ich und schüttelte erneut meinen Kopf als Ben ertappt anfing zu lachen.
„Ben! Wir müssen los!“, hallte Robins Ruf zu uns und Ben lief, nach einen kurzen entschuldigenden Lächeln zu mir, los. Ich lies meinen Blick durch den Raum schweifen. In den letzen zwei Wochen war ich zuerst bei den Beamten am Funk gewesen, aber denen konnte ich nicht helfen, da ich mich zwar in Köln auskannte aber keine Ahnung von den ganzen Abkürzungen hatte. Dann hatte ich den Damen vom Reinigungsdienst helfen wollen, aber denen war ich zu langsam. Und nun stand ich in einem verwaisten Büro und durfte Akten sortieren.

Nachdem ich mir einen kurzen Überblick verschafft hatte, versuchte ich die erste Kiste anzuheben um sie auf den leeren Tisch neben dem Aktenschrank zu stellen. Aber kaum hatte ich sie um wenige Zentimeter angehoben, schoß mir ein Schmerz in die rechte Schulter. „Fuck.“, fluchend ließ ich die Kiste los, die daraufhin von dem Stapel rutschte und die Akten sich über dem gesamten Boden verteilten.
„War doch klar.“, brummend hockte ich mich auf den Boden und sammelte die Akten wieder zusammen. Um mein Glück aber perfekt zu machen, schnitt ich mich mit einem Blatt und verzierte die Akten vor mir mit kleinen Blutstropfen.
„Ich bin zu nichts zu gebrauchen.“, mit einem alten Taschentuch aus meiner Hosentasche auf die Wunde gedrückt, lehnte ich mich gegen die übrigen Kisten. Voller Selbstzweifel und in einer inneren Hassrede gefangen sah ich auf die Akten vor mir und bekam weder mit wie mir die Tränen über die Wange liefen noch das sich Schritte dem Büro näherten.
„Hey Mila. Ich wollte dich zur Mittagspause abholen.“, Tobi kam rein und stutzte als er die verstreuten Akten sah. Als sein Blick dann auf die Blutstropfen fiel, riss er seine Augen auf und kam mit zwei großen Schritten auf mich zu. „Hast du dich verletzt?“, vorsichtig, ohne meine Antwort abzuwarten, nahm er meine verletzte Hand in seine. „Alles gut.“, versicherte ich, zog aber scharf die Luft ein, als er das Taschentuch von der Wunde nahm. „Ein Papierschnitt. Und zwar ein tiefer.“, diagnostizierte er und drückte das Tuch wieder an meine Hand. „Kopf hoch. Bei meinem ersten Tag hier, hab ich mich an einer Akten so heftig geschnitten dass ich in das Krankenhaus musste.“, gestand der Oberkommissar und half mir dabei aufzustehen. „Muss ich jetzt auch ins Krankenhaus?“, harkte ich nach und spürte wie sich die altbekannte Panik in mir breit machte. „Ich glaube nicht. Ein Druckverband sollte reichen. Du hast Glück, ich hab das erst letzte Woche im Erste-Hilfe-Kurs gelernt.“, erklärte Tobi und ich wich sofort von ihm weg.
„Alles gut?“, von meiner Reaktion überrascht sah mich der Beamte mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Du hast das erst letzte Woche gelernt? Ich dachte ihr müsst das regelmäßig machen.“, obwohl ich wusste da ich auf der Wache sicher war und das Tobi mir bestimmt nichts tun wollte, wich ich trotzdem noch weiter von ihm weg.
„Das haben wir auch. Nur war letzte Woche mein Auffrischungs-Termin.“, erklärte der Beamte, als ich mit dem Rücken gegen die Tür hinter mich stieß. Tobi runzelte seine Stirn und hielt mir seine Hand hin. Ich wollte sie gerade ergreifen, als sich die Tür hinter mir öffnete und ich nach hinten stolperte.
„Das ist doch eine nette Überraschung.“, lachte der Mann in dessen Arme ich stolperte. „Hey Pier.“, begrüßte Tobi seinen Kollegen und fuhr sich mit der Hand, die er mir gerade noch hin gehalten hatte, durch die Haare. „Hallo.“, unbeholfen stellte ich mich wieder auf meine eigenen zwei Beine. „Was hab ich zu verdanken, dass du mir in die Arme fällst?“, mit einem breiten Lächeln legte mir dieser Pier seinen Arm um die Hüfte. „Blut.“, antwortete ich knapp und machte einen Schritt zu Seite, sodass sein Arm von meiner Hüfte rutschte.
„Blut? Soll ich Nesrin fragen ob sie was dabei hat?“, harkte der Hauptkommissar nach und warf Tobi einen wehleidigen Blick zu. „Du Trottel. Mila hat sich an einer Akte geschnitten und wir waren auf dem Weg zum erste Hilfe Kasten.“, brummte Tobi und wies mit einem Kopfnicken wieder in den Flur. „Ach, ich kann die junge Dame auch verarzten und ihr dann einen leckeren Kaffee machen.“, bot Pier an und lächelte mich überheblich an. „Wo bleiben meine Manieren. Ich bin Mila. Mila Fuchs.“, stellte ich mich vor und konnte in dem Kopf meines Gegenübers arbeiten sehen. „Fuchs?“, wiederholte er halblaut und ich nickte. „Genau Fuchs. Wie in Martin Fuchs.“, stellte ich klar und sah zu Tobi der mich stolz anlächelte.
„Dann bist du die eine von Paulchen?“, überrascht sah Pier an mir hoch und runter. „Was soll das denn heißen?“, ich verengte meine Augen zu Schlitzen und baute mich vor dem Mann auf, der locker eineinhalb Köpfe größer war als ich. „Uh, eine Frau mit Temperament.“, lachte Pier und wuschelte durch meine Haare. Obwohl ich direkt wieder an die Dusch-Szene mit Justin und Chantal denken musste, überwog die Wut in mir und ich legte meinen Kopf schief.
„Wir sollten gehen Mila.“, Tobi kam nun auch in das Büro und hielt eine Hand zwischen seinen Kollegen und mich. „Keine Angst, Hübi. Mit der kleinen werde ich schon fertig.“, mit einem überheblichen Gesichtsausdruck sah Pier zu Tobi der tief durchatmete. „Ich hab auch eher Angst dass sie dir den Arsch aufreißt.“, wand Tobi ein und sah hinter mich zur Bürotür.
„Pier! Janos! Ihr habt einen Einsatz!“, dröhnte eine weibliche Stimme durch die Wache. Pier eilte direkt los und ich konnte nicht anders als ihm ein Bein zu stellen. Der Hauptkommissar stolperte aus dem Raum, fing sich aber wieder. Da er mich sauer ansah, tat ich als wäre ich überrascht und lächelte ihn gekünstelt an. Noch bevor Pier aber was sagen konnte, hörte man Janos nach ihm rufen und der Hauptkommissar eilte los. 
„Du weißt schon das du jetzt wegen Angriff auf einen Polizeibeamten angezeigt werden könntest?“, raunte mit Tobi zu und ich zuckte gleichgültig mit meinen Schultern. „Der soll froh sein, das mein Arm gerade kribbelt. Sonst hätte ich ihm eine Ohrfeige gegeben.“, informierte ich ihn und sah auf meine Hände. „Dann lass uns weiter.“, bat Tobi und schob mich in den Flur, zu dem Aquarium, so wie die Beamten es nannten.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen Augen (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt