„Ich wollte nicht das ihm was passiert."

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Sofort stellten sich Paul und Papa jeweils rechts und links an meine Seite. „Ich nehme an sie sind die Halterin von Balu?", erkundigte sich der Arzt mit einem emotionslosen Blick. Stumm nickte ich, denn ich vertraute meiner Stimme schon lang nicht mehr.
„Wir haben alles getan was wir konnten...", begann der Arzt und ich riss meine Augen auf. „Nein. Nein. Nein. Bitte sagen sie nicht das er tot ist.", flehte ich den Mediziner an und wäre zusammen gebrochen, mein Freund und mein Vater hielten mich aber fest. „Bitte Herr Doktor, der Hund bedeutet meiner Tochter sehr viel. Er ist im Grunde ihr Therapiehund. Sagen Sie uns einfach was los ist.", Marie trat neben ihren Mann und wischte sich über die Augen.
„Das erklärt sein Handeln. Denn ein Hund rettet seinen Zweibeiner nur, wenn er eine tiefe Verbindung zu ihm oder ihr spürt.", erklärte der Arzt und ich sah ihn mit großen Augen an. „Herr Meyer hatte uns am Telefon darüber informiert warum Balu die Kugel in der Flanke hat. Aber ich kann sie beruhigen, er lebt. Aber ich will ihnen keine falschen Hoffnungen machen, die nächsten Stunden zeigen ob er die ganze Sache überlebt.", die rechte Hand des Arztes glitt in seinen Kittel und als er eine kleine Plastiktüte mit einer blutverschmierten Kugel herauszog, holte ich keuchend Luft.
„Darf ich zu ihm?", mit Tränen in den Augen sah ich den Mann vor mir an und stürmte direkt los als er nickte. So schnell ich konnte lief ich in den Raum aus dem der Arzt gekommen war und sah gerade noch wie der Rottweiler auf eine Matratze auf dem Fußboden gelegt wurde. Balus Zunge hing aus seinem Maul und über seine Augen waren weiße Klebestreifen geklebt. „Das sieht schlimmer aus als es ist, der tapfere Kerl liegt noch in Narkose.", eine junge Frau stellte sich neben mich und strich mir sanft über den Oberarm.
„Ich wollte nicht das ihm was passiert.", versicherte ich ihr ohne meinen Blick von meinem Hund zu nehmen. „Das glaube ich ihnen. Aber er ist wirklich zäh. Wenn sie wollen, können sie sich kurz zu ihm setzten.", schlug die Frau vor und ich ließ mich nicht zweimal bitten. Vorsichtig, um ihm nicht weiter weh zu tun, setzte ich mich neben Balu und strich über den weißen Verband der sich stark von seinem dunklen Fell abhob.
„Es tut mir so leid, Kumpel. Wenn ich nicht so reagiert hätte wie ich es hab, würdest du hier nicht liegen. Aber scheinbar lass ich alle Männer in meinem Leben im Stich.", raunte ich dem Vierbeiner zu und wischte mir mit dem Handrücken über die Wangen. Obwohl die Frau meinte, dass ich nur kurz bei ihm bleiben durfte legte ich mich vor die Matratze und streichelte das warme Fell von Balu. Sein gleichmäßiges Atmen und zu spüren wie sich sein Brustkorb hob und senkte entspannte mich so sehr, dass ich irgendwann einschlief.

Scheinbar versuchte mein Unterbewusstsein mich irgendwie zu trösten, denn ich träumte davon das Balu mir über das Gesicht leckte. Mit einem breiten lächeln auf dem Gesicht versuchte ich den, für mich, imaginären Hundekopf von meinem Kopf zu schieben und riss meine Augen auf als ich wirklich etwas berührte.
„Balu!", freudestrahlend sprang ich auf und überhäufte seinen Kopf mit unzähligen Küssen was dieser mit freudigen hecheln quittierte. „Mila?", die Behandlungsraumtür wurde aufgerissen und meine Eltern kamen hinein gelaufen. Unfähig etwas zu sagen strahlte ich meine Eltern einfach nur an. „Scheinbar seid ihr beiden euch ähnlicher als ihr denkt.", entfuhr es meinem Vater der nun ebenfalls über das ganze Gesicht strahlte. „Ich freu mich so, meine Kleine.", Marie hockte sich neben mich und begann ebenfalls damit den Familienhund zu streicheln.
„Wie ich sehe, geht es dem kleinen Kämpfer wieder gut.", der jünger der beiden Ärzte kam aus einer Seitentür ebenfalls in den Behandlungsraum. „Darf ich ihn mit nach Hause nehmen?", wollte ich von ihm wissen und fing an zu lachen, als Balu seinen Kopf auf meine Schulter legte und den Arzt mit seinem besten Welpen-Blick ansah.
„Es spricht nichts dagegen, aber bitte kommen sie in drei Tagen noch mal zur Kontrolluntersuchung vorbei.", bat der Mediziner und hielt Martin einen Briefumschlag hin. Mit wackeligen Schritten stand der Rottweiler auf und torkelte auf den Tierarzt zu. „Keine Sorge, es war mir eine Freude Kumpel.", versicherte der Mann und tätschelte den Kopf des Rüden. Während meine Eltern sich beim Tierarzt erkundigten ob wir irgendwas besonders beachten müssten, legte ich Balu wieder sein Halsband an und führte ihn langsam in den Flur.
„Da ist ja der Held der Stunde.", Paul sprang von einem der Stühle auf und kam auf uns zu. „Ich hab gedacht das ihr schon zuhause seid.", gab ich zu und sah von meinem Freund zu Stephan, Onkel Klaus und Hanna, die noch immer auf den Stühlen saßen und sich verhalten die Tränen aus dem Gesicht wischten.
„Wieso sollten wir dich in so einer Situation allein lassen?", lachte Hannah, während auch sie aufstand und sich neben mich stellte. „Außerdem hatte ich so die Chance mich mal intensiver mit den jungen Kollegen zu unterhalten.", scherzte mein Onkel woraufhin Paul, Stephan und Hannah gleichzeitig mit ihren Augen rollten. „Das hab ich gesehen, Kollegen.", tadelte Klaus die drei, schien es ihnen aber nicht krumm zu nehmen. „Aber wir sind nicht im Dienst.", brummte Stephan und fing an zu lachen als er den gequälten Blick seines besten Freundes sah. „Tja, Paul. Dann hättest du dir halt nicht die Nichte vom Boss angeln sollen.", wand Hannah ein und streckte Paul ihre Zunge raus, als Klaus gerade Balu streichelte. „Und auch noch die Tochter vom Wachen-Onkel.", fügte Stephan hinzu und ich schüttelte meinen Kopf.
„Lasst ihn in Ruhe, sonst sorge ich dafür das ihr beiden in den nächsten Monaten nur die blöden Schichten und aufgaben bekommt.", drohte ich den beiden, wohlwissend das ich die Drohung nicht wahrmachen konnte aber ich wollte meinem Freund irgendwie helfen. „Netter versuch Trouble. Aber....", begann Stephan, er verstummte aber als Onkel Klaus eine Augenbraue hob.
„Dann lasst uns mal los, bevor Mila es noch schafft das Stephan und Hannah noch nachsitzen müssen.", scherzte Martin und hielt mir und Balu die Tür auf.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen Augen (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt