„Sie sind die Eltern von..."

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„Das ist wirklich ein Weihnachtswunder.", keuchte Hannah, als ich mich am Terminal von ihr löste. Ihr standen die Tränen in den Augen, genauso wie in den Augen von Stephan der mir seine Arme hin hielt. „Aber es landen doch immer Flugzeuge hier. Warum ist das jetzt ein Wunder?", wollte ich von meinen besten Freunden wissen, die anfingen zu lachen.
„Es ist ein Weihnachtswunder das wir dich wieder haben. Wir haben jeden Stein in Köln umgedreht und als der Funkspruch der Berliner Kollegen kam wollten wir alle zu dir.", erklärte Stephan und drückte mich an sich. „Wir haben uns fast mit Paul und Martin geprügelt, aber deine Mama hat ein Machtwort gesprochen.", fügte Hannah hinzu und riss dann ihre Augen auf. „Was ist los?", ich wollte mich von Stephan lösen, aber er hielt mich weiter an sich gedrückt.
„Hannah hat sich gerade nur verplappert. Ich wollte es dir eigentlich beim heutigen Weihnachtsessen sagen, aber seid gestern Nachmittag bin ich deine richtige Mutter.", Marie strahlte mich an und mir entglitten meine Gesichtszüge. „Du meinst so richtig? Mit Geburtsurkunde und so?", harkte ich nach und fing gleichzeitig an zu lachen und zu weinen als Marie nickte. „Den Richter hat dein Antrag, die Stellungsnamen von dir und Herr Römer so sehr überzeugt dass er den Antrag direkt bewilligt hat.", auch Papa lächelte von einem Ohr zum anderen. „Lass sie los, Stephan. Sonst explodiert sie gleich.", bat Paul und legte seinem besten Freund eine Hand auf die Schulter. In dem Moment in dem Stephan seine Arme sinken ließ eilte ich auf Marie zu und drückte sie an mich. „Ich hab dich lieb. Mama.", schluchzte ich meiner, nun richtigen, Mutter ins Ohr und spürte wie etwas den Pullover den ich trug durchnässte.
„Kommt wir fahren los. Nicht das ich hier noch anfange zu weinen. Denn dann höre ich nicht auf.", scherzte Hannah und ich drückte Marie noch enger an mich. „Keine Sorge Mila. Ich hab nicht so schnell vor dich los zu lassen.", brummte meine Mutter und schob mich vor sich her in Richtung des Ausganges des Flughafens.

Zuhause angekommen stieg ich erst unter die Dusche und schrubbte mich so lange mit dem Schwamm ab, bis ich das Gefühl hatte auch den letzten Rest von Leyla abzuwaschen. Danach stieg ich in eine Jogginghose von mir und einem XXL-Pullover von Paul. Ich sah aus wie ein Kasten aber ich fühlte mich zum ersten mal seid langer Zeit wieder wohl in meinem Körper.
„Da bist du ja wieder.", Paul hielt mir seine Hand hin, als ich ins Wohnzimmer kam. „Hast du mich vermisst?", ich lächelte ihn schief an und kuschelte mich dann in seine Arme. „Ich vermisse dich jede Sekunde, die du nicht in meinen Armen bist.", hauchte mein Freund und wollte mich küssen, ich drehte meinen Kopf aber weg. „Gibt es etwas, das du uns nicht erzählt hast?", erahnte Paul und strich mir sanft über den Arm.
„Alles gut.", log ich offensichtlich und wusste das Paul mich durchschaute. „Du weißt das ich ahne was sie getan hat. Kann ich dir helfen?", wollte er wissen und ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter. „Halt mich einfach nur fest.", bat ich ihn und zuckte zusammen, als Paul mich direkt an sich drückte und mit seinen Händen über meinen Rücken strich.
Obwohl ich müde war, traute ich mich nicht meine Augen zu schließen. Zu präsent war die Angst, dass ich mir das alles nur einbildete und eigentlich in Leylas Auto saß. „Schlaf ruhig. Ich halte dich fest. Martin und Marie sind auch hier und passen auf dich auf.", versprach Paul leise und ich spürte seine Lippen an meiner Schläfe. „Ich kann nicht. Ich weiß das irgendwas passieren wird.", murmelnd kuschelte ich mich noch mehr an ihn heran. Einige Minuten hörte ich nur seinen Herzschlag und das klappern vom Geschirr aus der Küche. Bis es an der Tür klingelte.

Sofort versteifte ich mich in Pauls Armen und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Wohnzimmertür. Zwar spürte ich den Atem meines Freundes auf der Haut und wusste das er mir gerade was sagte, aber ich hörte ihn nicht. Viel zu sehr rauschte das Blut in meinen Ohren.

Meine Fingernägel schwebten schon gefährlich nahe über den Unterarmen von Paul, als ein älteres Pärchen in das Wohnzimmer kam. „Frau Fuchs?", die Frau, die vom Alter her meine Oma sein könnte, sah mich mit roten verquollenen Augen an und sah dann hilfesuchend zu dem Mann neben sich. „Wir wissen gar nicht was wir sagen wollen. Die Polizisten haben uns gerade erzählt was unsere Tochter getan hat und wollten uns bei ihnen entschuldigen.", auch der Mann hatte rote Augen, aber er schien in besserer Verfassung zu sein.
„Sie sind die Eltern von...", fing Paul an, sprach aber den Namen meiner Entführerin nicht aus. Dankbar lächelte ich ihn an, aber mein Lächeln erstarb direkt als die Frau antwortete. „Ja, Leyla ist unsere jüngste Tochter. Sie ist ein großer Fan von Ihnen Frau Fuchs. Hat nur darüber...", fing sie an zu erzählen und mein Gehirn setzte aus. Ich sprang auf, lief zwischen dem Ehepaar hindurch und einfach aus dem Haus.
„MILA!", Paul eilte hinter mir her aber ich konnte nicht anhalten. Meine Beine liefen einfach immer weiter, selbst als meine Lunge anfing zu brennen und ich etwas metallisches auf der Zunge schmeckte. Vor meinen Augen verschwammen die Umrisse zu einer braunen Masse und es war als würde mein Körper selber wissen wo er hin wollte, wo ich in Sicherheit war. „Mila bitte. Bleib stehen. Wir werden dich vor ihr beschützen. Aber dafür musst du stehen bleiben.", rief auch Martin und trieb mir so die Tränen in die Augen. „Dein Vater hat recht. Wir werden nicht zulassen dass sie dir noch mal so nahe kommt. Bitte Schatz.", obwohl er aus der Puste sein müsste, war die Stimme meines Freundes klar und deutlich.
Als endlich das ersehnte Haus vor mir auftauchte fing ich wirklich an zu weinen. Zu meinem Glück trat gerade ein Anwohner durch die Haustür, sodass ich an ihm vorbei eilte und hoch in das richtige Stockwerk lief. Erst vor der Wohnungstür fiel mir auf wie idiotisch meine Flucht gewesen war.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen Augen (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt