„Bring sie nicht auf Ideen, Richter!"

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Hey ihr. Wie ihr seht lebe ich noch - aber irgendwie hatte ich schon vor dem Urlaub eine extreme Schreibblockarde und die zog sich jetzt auch die letzte Woche lang. Ich finde das merkt man auch total aber ich versuche jetzt einfach dagegen anzuschreiben. Mal schauen ob ich die Geschichten nicht ganz gegen die Wand fahre.
Wie geht es euch?
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Zwei Wochen später saß ich im Garten von Hannah und beobachtete Daniel, Stephan und Paul dabei wie sie unzählige Getränkekisten an der Hausmauer entlang stapelten. „Und ihr wollt mir wirklich erzählen dass alle Menschen sich am ersten Mai treffen um zu trinken?", erkundigte ich mich bei Jule die neben mir saß. „Also nicht alle Menschen, aber ja. Heute ist der Tag der Arbeit und da trinken eine Menge Leute und feiern. Wir auch, aber nur wenn wir fünf gemeinsam frei haben, das nicht so oft passiert.", erzählte sie und nippte an ihrem Bier. „Aber warum? Ich meine das ist doch ein Tag wie jeder andere.", harkte ich nach und leckte mir unbewusst über die Lippen als ich sah wie Paul sich runter beugte und sein Shirt ein Stück hoch rutschte und ich seinen Rücken sehen konnte.
"Der eigentliche Ursprung liegt in den USA. Dort streiken am 1. Mai 1886 rund 400.000 Arbeiter in mehreren Städten und fordern die Einführung eines Acht-Stunden-Tags.", kam es von Hannah und ich sah sie überrascht an. „Ja was denn? Ich merke mir gerne Daten.", kam es kleinlaut von meiner besten Freundin während sie rot anlief. „Okay, dann sag mir doch was wir vor einem Jahr getan haben?", forderte Jule ihre Kollegin auf und setzte sich kerzengerade auf. „Da saßen wir beide mit Daniel und Stephan in deiner Wohnung und haben uns aufgeregt das Paul sich freiwillig zum arbeiten gemeldet hat. Dabei wusste er doch das wir fünf feiern wollten. Aber er meinte er hat keine Lust das fünfte Rad am Wagen zu sein.", kam es wie aus der Pistole geschossen von Hannah und ich sah sie überrascht an. „Und am fünfzehnten Mai?", prüfte Jule Hannah weiter die eine Sekunde überlegte und dann anfing zu strahlen. „Du hast am vierzehnten Mai Geburtstag und hast am fünfzehnten gefeiert. Sprich wir waren in unserer Stammbar. Und wir haben Stephan und Paul aufgezogen das Mila ihnen abgehauen sind.", kam es von der blonden Beamtin und ich riss meine Augen auf.
„Noch einen Millimeter weiter und Milas Augen fallen aus dem Kopf.", scherzte Daniel der sich völlig entkräftet neben uns ins Gras fallen lies. „Bitte?", Hannah drehte sich zu mir um und sah mich skeptisch an. „Ihr habt die beiden auch aufgezogen?", raunte ich ihr ungläubig zu und biss mir auf die Unterlippe als sie nickte. „Die Mädels haben die Jungs richtig leiden lassen. Hannah wollte Paul und Stephan sogar einen Rollator kaufen.", berichtete Daniel und ich wusste dass ich den beiden Beamtinnen zurückzahlen musste und wollte.
„Dann wollen wir mal sehen ob ihr schneller seid.", rief ich und sprang auf. Ich schaffte es gute 25 Meter zwischen mich und die Polizeibeamten zu bringen bevor diese aufsprangen und hinter mir her eilten. „Brauchst du Hilfe?", brüllte Paul und machte sich schon zum Sprint bereit als ich meinen Kopf schüttelte. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen stellte sich Daniel wieder zurück zu Stephan und Paul und schien ihnen wohl von unserem Gespräch zu berichten. „Kommt schon Becker und Polanski. Ihr lasst euch doch nicht von einer Zivilistin abhängen.", zog Stephan die beiden Beamtinnen auf und genoss es dass sie mich nicht fangen konnten.
„Das ist unfair.", keuchte Jule als ich ihr wiedermal in letzter Sekunde entwischte. „Warum das denn? Immerhin läuft sie nicht auf die Straße oder in ein riesiges Kaufhaus!", rief Paul und jubelte als ich auch Hannah auswich und sie daraufhin frustriert fluchte. „Bring sie nicht auf Ideen, Richter!", rief Jule und schaffte es mich am Oberarm zu streifen, aber ich legte noch einen Zahn zu und flüchtete in die Arme meines Freundes, da mir langsam die Puste ausging.
Hannah und Jule schien es nicht anders zu gehen, denn sie blieben keuchend stehen und beugten sich vor um besser Luft zu bekommen.
„Na? Wie fühlt es sich an?", konnte sich Stephan einen letzten Spruch nicht verkneifen als er seinen Kolleginnen eine gekühlte Wasserflasche hinhielt. „Klappe Sindera, oder ich trenne mich jetzt und hier.", zischte Jule zwischen zwei großen Schlucken. Schlagartig wurde Stephan ernst und jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht. „Keine Sorge, Großer. Dafür lieb ich dich zu sehr.", beruhigte ihn seine Freundin, woraufhin er tief durchatmete und dann wieder mit seinem Zahnpasta-Werbung Strahlen lächelte.
Als ich ein paar Stunden später mit einem nüchternen Paul wieder den Heimweg antrat konnte ich nicht anders als immer wieder in den wolkenlosen Himmel zu sehen. „Vorsicht Baum.", warnte mich der Oberkommissar und ich blieb angewurzelt stehen. „Verarscht!", völlig von seinem Spruch überzeugt fing Paul laut an zu lachen und ignorierte mich und meinen fassungslosen Blick dabei komplett. „Du hast mich reingelegt? Dir glaub ich gar nichts mehr.", tat ich beleidigt und verschränkte meine Arme vor der Brust.
„Ach komm schon. Wo sollte denn ein Baum aus dem Nichts auftauchen? Und meinst du nicht das ich dich dann davon weg gezogen hätte?", versuchte Paul die Wogen zu glätten, aber ich sah ihn böse an und setzte den Heimweg vor, dabei stampfte ich so sehr auf, dass meine Beine richtig weh taten. „Schatz komm schon.", bat mein Freund und eilte hinter mir her. Als er mich umrundete sah er mir so leidend in die Augen das ich nicht anders konnte als dahinzuschmelzen.
„Hab ich dir heute schon gesagt wie sehr ich dich liebe?", hauchte er und kam meinem Gesicht immer näher. So leicht wollte ich ihn aber nicht davon kommen lassen, sodass ich meine Augen schloss und meine Lippen zusammen presste. „Du und dein Dickkopf.", lachte Paul und drückte mir einen Kuss auf die Nasenspitze. „Ich hab keinen Dickkopf.", beschwerte ich mich und wischte mir mit dem Handrücken über die Nase. „Und wie du ihn hast. Aber ich liebe ihn. Ihm ist es zu verdanken das du hier vor mir stehst.", schwärmte der Oberkommissar und küsste meine Nasenspitze erneut. „Scheinbar bist du in den letzten Wochen gealtert, denn du scheinst zu vergessen dass ich keinen Dickkopf habe.", blieb ich standhaft und machte blind einen Schritt zur Seite um meinen Freund umrunden zu können. „Wir können ja gleich deinen Vater fragen was er dazu sagt.", schlug Paul vor und ich spürte wie er mir einen Arm um die Hüften legte.
Ich wollte gerade etwas erwidern als mich etwas am Oberarm traf und ich mein Gesicht aufgrund der Schmerzen verzog.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen Augen (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt