„Irgendwie leer hier."

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* zwei Wochen später *

„Was wünscht du dir eigentlich zu Weihnachten?“, versuchte Paul zum wiederholten Male etwas aus mir raus zu bekommen. „Gar nichts. Ich hab alles was ich mir wünschen könnte.“, erklärte ich ihm und blieb vor einer Anwaltskanzlei stehen. „Du brauchst einen Anwalt?“, lachte mein Freund und trat hinter mich. „Irgendwie schon.“, antwortete ich abwesend und lass mir die Fachgebiete des Anwaltes durch. „Was hast du angestellt?“, Paul legte seine Hände auf meine Hüften und drehte mich zu sich um. „Wieso?“, überrascht sah ich ihn an. „Weil du einen Anwalt brauchst. Ich dachte die Mordanzeige liegt erstmal auf Eis.“, brummte Paul und ich runzelte meine Stirn.
„Schatz, warum denkst du dass du einen Anwalt brauchst?“, mein Freund sah mich streng an und ich schüttelte lachend meinen Kopf. „Robert hat mich auf die Idee gebracht, dass ich mich von Marie adoptieren lassen kann. Dafür bräuchte ich einen Anwalt.“, erklärte ich ihm und konnte förmlich sehen, wie der Stein von Pauls Herzen fiel. „Das ist eine tolle Idee. Kann ich dir da irgendwie helfen?“, mit einem breiten Lächeln zog mich mein Freund an sich. „Kennst du einen Anwalt der mir helfen könnte?“, ich sah in fragend an und musste all meine Selbstbeherrschung aufbringen um ihn nicht zu küssen. „Den kenn ich in der Tat. Erinnerst du dich an Römer? Der ist auch Anwalt. Und ein verdammt guter. Ich ruf ihn gleich mal an, aber vorher muss ich was anderes tun.“, erklärte Paul und nun sah ich ihn fragend an. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren zog mich der Oberkommissar noch näher und küsste mich.

Ein paar Minuten später stand ich gerade in einer Umkleidekabine und Paul telefonierte mit Herr Römer. „Genau. Martin ist ihr leiblicher Vater und Marie ihre Stiefmutter. Frau Maurer ist ihre leibliche Mutter und wollte nicht in der Geburtsurkunde stehen.“, erklärte er gerade als ich aus der Kabine trat und mich mit dem Kleid vor dem Spiegel hin und her drehte.
„Was? Ja, ich höre dir zu.“, stammelte Paul und kniff seine Augen zusammen. Mit einem breiten Grinsen ging ich auf meinen Freund zu und legte ihm meine Hand auf die Brust, wo ich sein Herz rasen spürte. „Ich glaube ja.“, der Oberkommissar atmete tief durch, als ich ihm einen Kuss auf den Hals hauchte. Bevor er aber völlig die Beherrschung verlor, eilte ich zurück in die Umkleidekabine. Bevor ich aber den Vorhang zuzog streckte ich ihm noch meine Zunge raus.

Eine Stunde später trafen wir uns mit meinen Eltern zum Essen und ich genoss die Zeit. „Was heckt ihr beiden aus?“, riss mich Martin aus meinen Gedanken, als ich gerade meinen Blick durch das menschenleere Restaurant schweifen ließ. „Wir hecken nie was aus.“, stellte Paul klar und legte mir eine Hand auf den Oberschenkel. „Und damit habt ihr euch verraten.“, lachte Marie und sah sich nach einem Kellner um.
„Irgendwie leer hier.“, murmelte mein Vater und setzte sich kerzengerade auf. „Ich dachte das hier ist euer Lieblingslokal und total beliebt. Wieso ist hier niemand?“, auch Paul setzte sich alarmbereit hin. „Vielleicht sind wir einfach die ersten.“, mutmaßte Marie als eine junge Kellnerin auf uns zu kam. „Hallo, wir haben zwar noch nicht geöffnet aber für zwei Polizisten machen wir gerne eine Ausnahme.“, säuselte die Frau, die mir total bekannt vor kam. „Das ist nett von ihnen.“, Martin lächelte die Frau an und legte einen Arm um die Lehne von Maries Stuhl. „Das hier ist eine Aufmerksamkeit des Hauses.“, mit einem strahlenden Lächeln stellte die Kellnerin vor jeden von und ein Glas mit Limonade. „Dankeschön.“, ich wusste nicht wieso, aber irgendwie machte die Frau mir Angst, daher rutschte ich näher an Paul heran.
„Ich komme gleich wieder und nehme die Bestellung auf.“, informierte sie uns und eilte davon. „Hat also doch Vorteile Polizist zu sein.“, lachte Marie und nippte an ihrem Glas. „Gott ist das lecker.“, stöhnte meine Stiefmutter und nahm noch einen großen Schluck. Paul und Martin folgten ihrem Beispiel. Ich aber rührte mein Glas nicht an.
Einige Minuten später wusste ich auch warum, denn erst sackte Marie zusammen und gerade als Paul und Martin aufspringen wollten um sich um sie zu kümmern verloren auch sie das Bewusstsein. Panisch sprang nun auch ich auf und kniete mich neben meinen Freund. „Also so hab ich es mir nicht vorgestellt.“, hörte ich die Kellnerin hinter mir und riss meine Augen auf. „Deswegen kamen Sie mir so bekannt vor.“, murmelnd stand ich auf und sah geradewegs in die blauen Augen der fremden Frau vom Autounfall. „Keine Sorge, Mila. Ich bin dir nicht böse.“, versicherte sie und kam immer näher. „Was wollen Sie von mir?“, obwohl ich versuchte ruhig zu wirken, verriet meine Stimme meine Panik.
„Ich dachte das du das weißt. Du bist so schön. So perfekt. So tapfer.“, beteuerte die Frau und kam noch näher. „Aber warum gerade ich? Waren Sie das auch mit den Fotos? Und vor allem was haben Sie mit meiner Familie gemacht?“, wollte ich wissen und warf einen kurzen Blick auf Marie, Martin und Paul. „Ich wusste nicht welches Glas du nimmst, daher hab ich das Schlafmittel in alle Gläser gekippt. Woher sollte ich auch wissen, dass du nichts davon trinkst?“, lachte die Kellnerin und legte mir eine Hand an die Wange, da ich mich weigerte Pauls Seite zu verlassen.
„Was haben Sie vor?“, ich versuchte auf Zeit zu spielen in der Hoffnung das mir weitere Gäste zur Hilfe kommen würde. „Ich werde dich zu mir nach Hause nehmen, denn da gehörst du hin. Wir beiden gehören einfach zusammen.“, hauchte die Frau und leckte sich über die Lippen. „Ich gehöre niemandem.“, widersprach ich ihr und ballte meine Fäuste. „Früher oder später wirst du es schon merken. Und nun komm.“, die Hand der Kellnerin fuhr von meiner Wange in meine Haare und krallte sich dort fest. Diese Geste sorgte dafür das etwas in mir aussetzte und ich wütend wurde. Nicht wegen mir. Sondern weil sie meinen Eltern und meinem Freund etwas angetan hatte. Wie von selber rammte ich ihr meine geballte Faust in das Gesicht und trat ihre Nase. „Bist du bescheuert?“, fluchend boxte sie mir mit ihrer freien Hand in den Magen.
„Nein. Ich werde nicht zulassen das Sie den dreien noch ein Haar krümmen.“, stöhnend versuchte ich sie erneut mit meiner Faust zu treffen, die Kellnerin wich aber aus. „Dafür bekommst du die ersten Tage nur trockenes Brot und Wasser.“, mit einem eiskalten Blick zog mich die Kellnerin an meinen Haaren hinter sich her. „Vergiss es.“, ich griff nach einem Stuhl an dem wir vorbei kamen und schlug die Frau damit mit meiner gesamten Kraft. In einer fließenden Bewegung schnappte sich die Kellnerin ebenfalls einen Stuhl und traf mich damit am Kopf. Benebelt vom Schmerz taumelte ich ein paar Schritte rückwärts und fiel auf den Po. „Warum wehrst du dich? Wir gehören zusammen. Sieh es endlich ein. Ich werde dich glücklich machen.“, wieder kam die Frau näher und ich rutschte von ihr weg.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen Augen (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt