„Sie wollte halt nicht ohne ihren Bären gehen."

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Gute vier Stunden später, ich war gerade dabei die letzten Akten einzuräumen, kam Pier in das Büro. „Na, Schönheit?", begrüßte er mich und lehnte sich an den Aktenschrank. „Für dich noch immer Mila.", erwiderte ich genervt, denn in den letzten Tagen hatte der Beamte keine Chance ausgelassen um mich zu nerven. Selbst mir war aufgefallen das er mit mir flirtete und das obwohl er wusste das ich mit Paul zusammen war.
„Das eine schließt das andere nicht aus.", lachte Pier und hielt mir seine Hand hin. „Wie oft muss ich dir sagen, dass ich kein Interesse an dir habe. Und vor allem das ich Paul liebe?", fuhr ich ihn an und stemmte meine Hände in die Hüfte. „Ich liebe eben Herausforderungen. Und was hat Richter was ich nicht habe?", Pier stieß sich von Aktenschrank ab und kam auf mich zu. „Einen guten Charakter? Das Verständnis das Nein auch Nein bedeutet? Mein Herz?", zählte ich auf und blieb eisern stehen, obwohl ich am liebsten geflüchtet wäre.
„Ich kenne Frauen wie dich. Früher oder später wollt ihr einen Mann der euch was bieten kann. Ein Mann der groß, gutaussehend und vor allem stark ist.", mit einem selbstsicheren Lächeln stellte sich der Beamte so dicht vor mich, dass ich meinen Kopf in den Nacken legen musste um ihm in die Augen sehen zu können.
Aber noch ehe ich Pier antworten konnte, hörte ich die Stimme meines besten Freundes: „Willst du gerade wirklich sagen das Paul nichts davon ist?". Sofort trat Pier von mir weg und lächelte seinen Kollegen mit einem breiten Lächeln an. „Nicht doch.", wiegelte der Hauptkommissar ab und zwinkerte in meine Richtung. „Ist klar.", brummend stellte sich Stephan hinter mich und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Brauchst dich hier nicht so aufspielen, Sindera. Selbst ein Blinder mit einem Krückstock weiß das du insgeheim selber Mila ins Bett kriegen willst.", überheblich lächeln verschränkte Pier seine Arme vor der Brust.
„Da täuscht du dich. Ich hab schon eine Frau in meinem Bett liegen mit der ich mehr als zufrieden bin. Außerdem ist Mila wie eine Schwester für mich. Das heißt das ich nicht davor zurückschrecken werde mich mit dir zu prügel wenn es sein muss.", drohte mein bester Freund und ich sah ihn über meine Schulter hinweg überrascht an. „Ist das dein ernst?", Pier zog eine Augenbraue hoch und wich noch einen Schritt von mir zurück als Stephan nickte. „Ich werde aber nicht so schnell locker lassen.", murmelnd zuckte der Hauptkommissar mit den Schultern und ging dann aus dem Büro.
„Was für ein Arsch.", fluchte Stephan und drückte meine Schulter ehe er sie los ließ. „Zählt das nicht schon unter Beamten Beleidigung?", scherzte ich in der Hoffnung dass wir das Thema einfach unter den Teppich fallen lassen können. „Das ist mir, wie ich gerade schon sagte, völlig Latte. Aber was mich brennend interessiert ist, ob es gerade der erste Versuch von Pier war.", erklärte Stephan und stellte sich vor mir hin. Beschämt sah ich auf unser Fußspitzen.
„Weiß Paul davon? Oder Martin?", harkte mein bester Freund nach und atmete hörbar tief durch als ich meinen Kopf schüttelte. „Ich bin bisher gut allein damit zurecht gekommen.", verteidigte ich mich, weil ich nicht wollte das Stephan zu schlecht von mir dachte. „Da bin ich mir sicher. Aber ich will nicht das du es musst.", sanft lächeln tippte mir der Oberkommissar gegen die Nase, was mich richtig sauer machte. „Ich sage es dir gerne noch mal. Ich komme auch ohne euch zurecht.", zischte ich ihm zu und ging stampfend aus dem Büro.
„Mila warte. So meinte ich es nicht.", Stephan eilte hinter mir her, aber ich ignorierte ihn. „Onkel Klaus? Ich mach Feierabend.", rief ich in die Richtung des Dienststellenleiters, der sich gerade mit einem Mann im Anzug unterhielt. Noch ehe er antworten konnte, öffnete ich die Eingangstür der Wache und ging raus. „Mensch Mila. Jetzt bleib doch stehen.", bat mich Stephan aber ich würdigte ihm weiterhin keines Blickes. „Es tut mir leid.", obwohl er sich entschuldigte, ging ich, mit vor der Brust verschränkten Armen, weiter. „Das sagst du nur, weil du nicht willst das ich dich bei Papa oder Paul verpetzte. Aber beruhig dich, ich bin kein kleines Kind mehr.", fuhr ich ihn an und hatte noch im selben Augenblick ein schlechtes Gewissen. „Davor hab ich keine Angst. Aber ich will mich nicht mit dir streiten.", versicherte mir der Beamte und stellte sich mir in den Weg.
„Ich will mich doch auch nicht mit dir streiten. Aber ich kann mich auch allein verteidigen.", erklärte ich und ließ meine Arme sinken. „Das weiß ich. Aber ich hab immer den inneren Drang dich zu beschützen. Eben weil du mir wichtig bist.", erklärte Stephan und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Du bist mir auch wichtig. Deswegen will ich ja auch dass du mich ernst nimmst.", gestand ich und konnte nicht verhindern dass eine Träne über meine Wange lief. „Ich nehme dich ernst.", versprach der Oberkommissar und strich vorsichtig die Träne von meiner Wange.
„Wir sollten wieder zurück gehen. Ich hab keinen Haustürschlüssel.", wand ich ein und sah wie Stephans Mundwinkel zuckte.
„Los sag es.", resignierend presste ich meine Lippen aufeinander und sah meinen besten Freund wissend an. „Du bist Martin einfach so ähnlich. Der würde auch seinen Kopf vergessen wenn er nicht angewachsen wäre.", scherzte Stephan und ich schüttelte lachend meinen Kopf. „Ich hätte den nicht vergessen, ich hab bisher nur keinen Schlüssel von Mama und Papa bekommen.", erklärte ich und lehnte mich gegen mein gegenüber. „Der kann sich gleich was anhören.", brummte Stephan während er mich an sich drückte.
„Glaubst du wirklich nur weil du ihm das sagst, wird er auf mal einen Haustürschlüssel herzaubern können?", harkte ich nach und sah zu Stephan hoch. „Wenn nicht bin ich mir sicher das Paul einen für dich herzaubern wird. Und dann wird Papa-Fuchs ganz schnelle Füße bekommen.", prophezeite mein bester Freund und gemeinsam fingen wir an zu lachen.

„Mila? Stephan? Alles gut bei euch?", hörten wir die Stimme meines Vaters aus einem der oberen Fenstern. „Ja warum?", antwortend wischte ich mir die Lachtränen aus den Augen. „Weil du gerade sagte dass du Feierabend machst, aber trotzdem noch immer hier bist.", erwiderte Onkel Klaus, der neben Papa am Fenster auftauchte. „Sie wollte halt nicht ohne ihren Bären gehen.", rief Stephan und quietschte auf, als ich ihm in die Seite kniff. „Mila Fuchs. Muss ich dich wegen Angriff auf einen Polizeibeamten festnehmen?", tadelte Papa mich, konnte sein Lächeln aber nicht verbergen. „Du bist auf ihrer Seite? Nachdem sie gerade ihren Umzug zu Paul plant?", beschwerte sich Stephan und beobachtete mit Genugtuung wie meinem Vater sämtliche Gesichtszüge entglitten.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen Augen (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt