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Am darauffolgenden Samstag verlässt Lily mit Dumbledores Erlaubnis um Zehn Uhr das Gelände von Hogwarts und appariert zu ihrem Elternhaus. Ihren Eltern hatte sie einen raschen Brief geschrieben, dass sie doch kommen würde, jedoch ohne Begleitung. James' Angebot, dass er sie begleiten würde, hatte sie abgelehnt mit der Begründung, dass er Petunia und Vernon (ihren nun sehr baldigen Ehemann) nicht ausstehen würde und dass sie ohnehin ihren Eltern erst persönlich sagen möchte, dass sie nun einen Freund hat und nicht sofort mit ihm reinplatzen möchte. James' Proteste, dass sie doch bereits in einem Brief von  ihm berichtet hat, ignoriert sie. (,,Nein, James. Ich habe nie wirklich erwähnt, dass du und ich ein Paar sind. Aber wahrscheinlich denken sie das eh schon.")
Deswegen hat James für diesen Tag ein Quidditchtraining angesetzt. ,,Also Leute. Wir nähern uns dem großen Finale. Unserer Chance, für manche unter uns die letzte Chance, den Quidditchpokal  erneut für Gryffindor zu gewinnen. Lasst uns nochmal alles geben!" Zustimmendes Gejohle erhält er als Antwort und schon schwingen sich die Spieler auf ihre Besen.
James lässt den Schnatz los und einen Klatscher frei. Dann schnappt er sich den Quaffle und stößt sich ebenfalls vom Boden ab. ,,Gut. Die Treiber achten auf den Klatscher. Behaltet ihn in eurer Gewalt und haltet ihn gut von uns fern. Wir-", er deutet auf die anderen beiden Jäger, ,,üben vernünftige Pässe und Torwürfe. Adrian- halt die Augen auf." Der Sucher nickt und fliegt etwas höher, wo er anfängt, seine Kreise über dem Spielfeld zu ziehen.
Kurz vor dem Mittagessen beendet James recht zufrieden das Training. ,,Wir haben Chancen auf den Pokal, Tatze.", meint er zu seinem besten Freund, als sie gemeinsam durch die Tür zur großen Halle treten. Der junge Black nickt zustimmend. ,,Ja, wir treten den Schlangen noch in den Arsch!", ruft er (natürlich extra laut, damit die Slytherins es hören können) aus. ,,Gott Tatze. Nicht so laut, bitte...", hören sie eine schwächlich klingende Stimme. Remus kommt ihnen entgegen. Er ist leichenblass. ,,Ich gehe in den Krankenflügel. Bis später mal..." Er verschwindet um die nächste Ecke. Sirius wendet sich an James: ,,Wenigstens ist heute Vollmond und nicht erst morgen." Der junge Potter nickt, ist aber in Gedanken bei seiner Freundin.

Diese steht mittlerweile in einem dunkelblauen Kleid in einem ihrer Meinung nach geschmacklosen Festsaal. Petunia hatte sich vor rund einer Woche nochmal unentschieden,  denn eigentlich sollte die Feier ja bei ihnen im Garten stattfinden. (,,aber was, wenn es regnet? Dann ist der Tag ruiniert!") Neben ihr stehen ihre Eltern. Ihre Mutter tupft sich vorsichtig die Tränen weg, als Petunia (nun eine Dursley) und Vernon hineinkommen und zu ihrem Tisch gehen. Dort angekommen erheben alle ihre Gläser. Vernon räuspert sich. ,,Danke, dass ihr hier seid. Diesen besonderen Tag mit unseren Familien-", Petunia schaut etwas verbissen in Lilys Richtung, lächelt jedoch weiter, ,,und Freunden zu feiern erfüllt uns mit Freude. Und nun möchte ich euch bitten, den ersten Toast auf meine bezaubernde Frau auszusprechen. Auf Petunia Dursley." ,,Petunia Dursley.", murmeln die Gäste. Die meisten kennt oder mag Lily nicht. Vernon küsst seine Frau auf die Wange, ehe sich endlich alle setzen und das Essen serviert wird.   Lily fühlt sich unwohl. Sie sitzt mit ihren und Vernons Eltern, sowie seiner Schwester an einem Tisch. Die Verwandschaft zu Vernon ist ihnen deutlich anzusehen. Sie tauschen mit Mr. und Mrs. Evans einige Belanglosigkeiten aus und Lily hält sich aus dem Gespräch heraus. Doch als sich Mrs. Dursley an sie wendet, gibt es für sie kein Entrinnen: ,,Nun Schätzchen. Ich war ganz verblüfft, als Vernon mir vor wenigen Tagen sagte, dass meine Schwiegertochter eine jüngere Schwester hat. Wo halten Sie sich denn immer auf? Er meinte, Sie besuchen ein Internat?" Lily nickt. ,,Ja. Ich besuche eine Schule für Hochbegabte in Schottland. Ich bin meist nur im Sommer zuhause, da sich der weite Weg meist nicht lohnt." Die ältere Dame nickt nachdenklich. ,,Das hätte ich als Mutter nie zugelassen an Ihrer Stelle.", meint sie dann an Mrs. Evans gerichtet, welche steif lächelt. ,,Nun, Lily und Petunia sind sehr verschieden. Ich habe mich stets bemüht, beiden ihre Wünsche zu erfüllen." ,,Jaja, gewiss.", kommt es von Vernons Mutter. Lily entschuldigt sich und geht die Toilette suchen. Sie hat wahrlich keine Lust, sich anzuhören, wie eine fremde Frau ihre Mutter in Sachen Erziehung belehren möchte. Zumal sie in der Erziehung von Lilys neuem Schwager versagt hatte. Vernon war von Anfang an nicht begeistert von Lily gewesen. Vermutlich war es genau das, was Petunia toll fand. Sonst mögen immer alle Lily. Nur Vernon tat dies direkt nicht.
Auf der Toilette ist zum Glück niemand, so kann Lily tief Luft holen. Sie schaut auf ihre Uhr, jedoch ist es noch lange nicht Zeit, zurück nach Hogwarts zu kehren. Sie hatte ihren Eltern versprechen müssen, wenigstens bis sechs zu bleiben. Es ist gerade mal drei Uhr am Nachmittag. Also muss sie noch drei Stunden hier aushalten. Nach einigen Minuten kehrt sie zurück an ihren Tisch, an welchem zu ihrer Erleichterung nur noch Mr. und Mrs. Evans sitzen. ,,Diese Frau...", echauffiert sich letztere gerade. ,,Mum, reg dich nicht unnötig auf.", versucht Lily sie zu beruhigen. Tatsächlich lächelt Mrs. Evans. ,,Du hast Recht Schatz. Und jetzt erzähl. Wie geht es dir?" Lily nickt und erwidert das Lächeln ihrer Mutter. ,,Gut. Die Prüfungsvorbereitungen sind natürlich sehr anspruchsvoll und manchmal muss ich deswegen lange lernen, aber... Ich habe Hilfe. Meine Freunde und ich lernen meist gemeinsam und wir haben zum Glück nicht alle die gleichen Schwächen und Stärken. Und... James, mein... Freund-" Ihre Mutter unterbricht sie: ,,Dein Freund? Dieser James, den du nicht ausstehen konntest und bei dem du Weihnachten verbracht hast? Der James?" "Ja, Mum. Der James. Wir... haben unsere Streitigkeiten beiseite gelegt und sind Freunde geworden. Und... irgendwie halt auch mehr." Lily wird rot. Ihre Mutter schaut sie prüfend an. ,,Lily Schatz, macht er dich denn glücklich?", fragt sie. Die Rothaarige schaut sie an und nickt. Dem breiten Lächeln auf ihren Lippen ist sie sich nicht bewusst. Aber es hat eine positive Wirkung auf Mrs. Evans, die ebenfalls nickt. ,,Dann habe ich nichts daran auszusetzen. Und ich würde ihn nur zu gerne kennenlernen." ,,Wen kennenlernen?" Petunia steht vor ihrem Tisch. ,,Lily hat einen Freund.", klärt Mrs. Evans die neue Mrs. Dursley, ihre ältere Tochter, auf. Diese schaut sich erschrocken um. ,,Etwa auch so ein Freak wie sie? Ist er hier? Er könnte mir die Hochzeitsfeier ruinieren, immerhin hat er die Trauung nicht mit irgendeinem Hokuspokus unterbrochen, -" ,,James", unterbricht Lily ihre Schwester,  ,,ist nicht hier, ich bin alleine gekommen. Ihn an der Hochzeit meiner Schwester meiner Familie vorzustellen ist in deinen Augen sicherlich selbst für mich sehr geschmacklos, Petunia. Und ja, er ist ein Zauberer." Der Braut verschlägt es die Sprache. Lily erhebt sich. ,,Ich muss mal an die Luft." Mit diesen Worten entfernt sie sich von den anderen und geht in die Richtung des Balkons, den sie direkt bei Erreichen des Festsaals erspäht hatte. Anfang März ist es noch sehr frisch, Lily fröstelt etwas. Aber die Luft lindert die leichten Kopfschmerzen, die sich bei ihr anbahnen. Gedankenverloren greift sie nach dem Anhänger an der Kette, die sie von James zu Weihnachten bekommen hatte. ,,Ich wäre jetzt viel lieber bei dir.", murmelt sie leise.

Auch James wünscht sich, dass Lily bald von der Hochzeit zurück kommt. Jedoch sorgt er sich eher um sie, da heute Vollmond ist und es noch recht früh dunkel wird. Zwar besteht keine Gefahr, dass Remus dem Schloss nahe kommt, aber James wäre es lieber, er würde Lily nochmal sehen, bevor der den Schulsprecherturm verlässt, um sich aus dem Schloss zu schleichen und seinem Freund Gesellschaft zu leisten, während dieser die für ihn schlimmste Nacht des Monats durchleidet. Doch als die Sonne vom Himmel verschwindet und sich die Dunkelheit über das Schulgelände ausbreitet, ist Lily noch nicht zurück und James macht sich auf den Weg, um sich mit Sirius und Peter zu treffen und dann zu Remus zu gehen, natürlich in ihren Animagusgestalten. James würde diese Nacht einfach doppelt aufpassen.

Erst weit nach sechs Uhr am Abend schafft Lily es, sich von ihren Eltern auf der Hochzeitsfeier loszulösen. Mit Petunia hatte sie nicht nochmal gesprochen, diese hatte sie strikt gemieden. ,,Sie wird sich schon wieder fangen.", meint Mr. Evans, als er und Lily sich zum Abschied umarmen. Jedoch ist sich die junge Hexe da nicht so sicher. Ihrer Mutter muss Lily versprechen, ihnen James bei der nächsten Gelegenheit vorzustellen. ,,Und sag mir ja vorher bescheid, vielleicht kommt ihr direkt zum Essen oder zumindest auf einen Tee. James mag doch hoffentlich Tee?" Mrs. Evans ist ganz aufgeregt bei der Vorstellung, dass vielleicht auch ihre jüngere Tochter einen Mann gefunden hat. Lily schüttelt grinsend den Kopf, umarmt ihre Mutter und macht sich dann auf den Weg zu einem geschützten Ort, von wo aus sie nach Hogsmeade appariert.

Sie kommt am Rande des Dorfes zum Stehen, von wo aus sie dann nur den Weg hinauf nach Hogwarts gehen muss.
Doch nach einigen Metern ist sie nicht mehr alleine.
,,James?"
Ein prächtiger Hirsch kommt auf sie zu. So vertrauensvoll, wie er sie anschaut, kann es nur James in seiner Animagusgestalt sein. ,,Was tust du denn hier?" Zur Antwort schaut der Hirsch nach oben und Lily tut es ihm gleich. Am Himmel leuchtet zwischen all den Sternen der Vollmond. ,,Du passt auf mich auf.", schlussfolgert sie. Das Tier, James, schaut sie aus seinen Augen treu an, als wollte es sagen: ,,Natürlich tu ich das."
Vor dem Eingang zur Schule dreht sich Lily nochmal um und streichelt den Hirsch am Hals. ,,Danke.", flüstert sie. Der Hirsch schnaubt und dreht sich dann um, Richtung Wald.
Lily lächelt. Es rührt sie, dass James ihr extra entgegengekommen ist. Jedoch fragt sie sich, wie er wissen konnte, wann sie zurückkommen würde. Sie beschließt, ihn morgen danach zu fragen.
Im Schloss ist es bereits ruhig. Sie begegnet bloß den Vertrauensschülern aus Ravenclaw, die ihren Rundgang erledigen. Lily steuert diese Nacht jedoch nicht den Schulsprecherturm an. Sie sehnt sich nach diesem Tag nach ihren Freundinnen. Zum Glück sind Mary, Marlene und Alice noch wach, als sie in den Gryffindorturm kommt. Sie sitzen, als einige der wenigen Schüler die noch wach sind, am Kamin. Alice bemerkt sie als erste. ,,Lily! Was machst du denn hier? Wie war die Hochzeit?" Lily setzt sich. ,,Petunia hat nicht ein vernünftiges Wort mit mir gewechselt. Wären meine Eltern nicht gewesen, wäre ich direkt nach dem Essen gegangen. Und die Eltern von  diesem... diesem Walross... Urgh." Sie schüttelt sich. ,,Deine Schwester ist echt tief gesunken, Lily.", meint Marlene. Die Rothaarige seufzt. ,,Und sie hat James beschimpft. Sie wusste nichtmal, worüber wir genau gesprochen haben und hat bissige Kommentare abgelassen, von wegen er ruiniere ihre Hochzeit. Sie ruiniert sich ihre Hochzeit von selbst wenn sie ihre Gäste vergrault. Sie hat Kinder angeschrien, weil die angeblich zu laut gelacht und damit alle gestört hätten." Sie lacht freundlich auf. Ihre Freundinnen blicken sie mitleidig an. Dann versucht Mary, Lilys schlechter Laune Luft zu machen: ,,Aber ich wette, du warst die schönste dort. Sieh dich an! Deine Haare sitzen noch immer perfekt, dein Makeup hat sich auch gehalten und dein Kleid ist der Wahnsinn." Die anderen beiden stimmen ihr zu und so zaubern sie ihrer Freundin wieder ein Lächeln auf die Lippen. ,,Kann ich heute bei euch schlafen?", fragt sie dann. Die Mädchen nicken und Alice fügt hinzu: ,,Klar. Ich gebe dir einen meiner Pyjamas."

der Hirsch, der mich das lieben lehrteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt