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,,So, Sie hatten die Aufgabe, einen Aufsatz über das Euphorie-Elixier zu schreiben. Bitte legen Sie Ihre Aufsätze hier vorne hin."
James steht auf. ,,Soll ich deinen mitnehmen Evans?" Doch Lily schüttelt den Kopf. ,,Das mache ich schon selber." Auch sie steht auf und legt ihren Aufsatz vorne auf das Lehrerpult.
Begeistert klatscht Slughorn in die Hände. ,,Großartig! Heute möchte Ich, dass sie mir den Trank des Lebenden Todes brauen. Das Rezept finden Sie auf Seite 16." Wie selbstverständlich steht James auf und holt die Zutaten, während Lily Wasser in den Kessel tut und beginnt, ihn anzuheizen.
Kurz vor Ende der Stunde kommt Professor Slughorn bei ihnen vorbei. ,,Wunderbar! Seht alle her, Mr. Potter und Miss Evans haben einen perfekten Trank gebraut! Ich möchte natürlich trotzdem eine Testphiole."
Während James die Phiole zum Pult bringt, geschehen zwei Dinge gleichzeitig: Lily holt ihren Zauberstab hervor, um den Trank zu entsorgen, und Mulcibier aus Slytherin läuft wie zufällig an ihrem Tisch vorbei. Dabei stößt er den Kessel um. Der Inhalt schwappt heraus. Lily macht einen Satz zur Seite, jedoch ergießt sich ein Teil des Trankes über ihre linke Hand, welche sofort Blasen schlägt. Sie schreit gequält auf. ,,Mr. Mulcibier! 20 Punkte Abzug für Slytherin!", ruft Slughorn erbost aus. ,,Mr. Potter, bringen Sie Miss Evans schnell in den Krankenflügel!" James schnappt sich die wimmernde Lily und eilt mit ihr aus dem Klassenzimmer. Dann hebt er sie hoch (unter normalen Umständen hätte Lily natürlich protestiert) und trägt sie die Treppen hinauf in den Krankenflügel. ,,Madam Pomfrey!" Diese kommt sofort aus ihrem Büro. ,,Ach du meine Güte, legen Sie sie hier ab, ich bin sofort bei Ihnen!"
James setzt Lily auf eines der weißen Betten. Sie wimmert noch immer und Tränen laufen ihr über die Wangen. ,,Hey, alles wird gut. Madam Pomfrey kriegt das hin.", versucht James sie zu trösten. In dem Moment kommt Madam Pomfrey wieder, mit allerlei Tinkturen und Verbänden im Arm. ,,Was ist passiert?" ,,Trank der lebenden Toten. Den mussten wir brauen. Ein Schüler hat den Kessel umgestoßen und Lily hat etwas abbekommen." Die Medihexe nickt. ,,Gehen Sie wieder in den Unterricht, Mr. Potter. Kein Widerspruch!", sagt sie, als James schon protestieren will. Mit einem letzten Blick auf Lily verschwindet er.
In Kräuterkunde wird James schon sehnlichst erwartet. Marlene ist die erste, die ein Wort herausbringt: ,,Was zur Hölle ist passiert?" ,,Mulcibier hat den Kessel umgestoßen und Lilys Hand ist in Mitleidenschaft gerissen worden. Madam Pomfrey kümmert sich gerade um sie. Ich hoffe, dass Lily nur einen Schock davon getragen hat und nicht noch irgendeinen langfristigen Schaden davon trägt! Dass Slughorn diesem miesen Slytherin nicht mindestens 100 Punkte abgezogen hat, ist wirklich eine Schande! Aber es sind nun mal seine Schützlinge, die Schlangen..."
Beim Mittagessen taucht Lily wieder in der großen Halle auf, ihre linke Hand ist dick einbandagiert. ,,Lily!", ruft Alice aus. Die Rothaarige lächelt leicht. ,,Hey. Was habe ich verpasst?" Mary schüttelt den Kopf. ,,Unsere Lily. Nur auf den Unterricht fokussiert. Gibt es eigentlich noch andere Prioritäten in deinem Leben?" Sie wackelt mit den Augenbrauen. ,,Ein gutaussehender Typ vielleicht?" James, der gerade an ihnen vorbeiläuft, horcht auf. ,,Sprechen die Damen etwa von mir?", fragt er anzüglich grinsend. Lily verdreht die Augen. ,,Verzieh dich, Potter. Keiner spricht von irgendwem. Ach... und danke für vorhin.", bringt sie heraus. ,,Immer gerne Evans. Hey. Gehst du mit mir in drei Wochen aus? Da ist das erste Hogsmeade- Wochenende.", meint der schwarzhaarige Rumtreiber. ,,Niemals, Potter." Marlene, Mary und Alice schauen sie leicht empört an. ,,Lily! James hat dich in den Krankenflügel gebracht und sich um dich gekümmert! Zeig doch mal etwas Dankbarkeit und geh mit ihm nach Hogsmeade.", sagt die letztgenannte. ,,Ja genau. Fall mir ruhig in den Rücken.", sagt die Rothaarige aufgebracht. An James gewandt meint sie: ,,Ich werde es mir überlegen, aber erhoff dir ja nichts." Der Zauberer lächelt. ,,Nein. Aber deine Antwort kann mich nur hoffen lassen. Wir sehen uns Evans." So geht er davon.
,,Er ist echt kein schlechter Kerl." ,,Es reicht, Alice. Kümmer dich um deine eigene Beziehung und lass mich mit meiner nichtvorhandenen in Ruhe.", meint Lily, die langsam genervt ist. ,,Ich muss noch in die Bibliothek. Wir sehen uns." Sie erhebt sich und geht aus der Halle. Warum auch immer alle denken, dass sie und Potter zusammengehören. Es ist für Lily ein Rätsel.
Sie läuft, entgegen ihrer Aussage, in den Schulsprecherturm. Dort trifft sie auf niemand Geringeren als Potter. Jedoch ignoriert sie ihn und geht die Treppe hoch in ihr Zimmer. Frustriert schmeißt sie sich auf ihr Bett und starrt die Decke an. Sie und Potter. Sie und James Potter. Lily und James Potter. Lily Evans und James Potter. Nein! Nicht mal im Traume! Doch dann denkt Lily wieder an den Hirsch. Und schnaubt. Ihre Patroni mögen sie verbinden, doch das heißt noch lange nichts!
Am Freitag ruft Professor Dumbledore die beiden Schulsprecher nach dem Mittagessen zu sich. In seinem Büro angekommen, deutet er ihnen an, sich zu setzten und tut dies ebenfalls. ,,Nun, da Professor Burnham mir versichert hat, dass Sie beide den Patronuszauber beherrschen, hielt ich es für in Ordnung, sie ihrer letzten Unterrichtsstunde in dieser Woche zu berauben. Wir haben einiges zu besprechen." Lily und James nicken. Dumbledore fährt fort: ,,Ich habe dieses Jahr gedacht, Sie drei Vorschläge machen zu lassen. Was könnte unseren Schülern denn gefallen?" Lily räuspert sich. ,,Vielleicht nach dem Festessen an Halloween eine Art Party. Jedoch für Schüler ab der fünften oder sechsten Klasse. Wegen des Alkohols und der Länge der Party. Natürlich nur, wenn Sie den Alkohol genehmigen, Sir.", sagt sie. Der Schulleiter schmunzelt. ,,Ja, Miss Evans. Aufgrund des Alkohols wäre es tatsächlich eher eine Party für die letzten beiden Jahrgänge. Wobei ich Ihnen nicht die Feierlaune verderben möchte." ,,Wir könnten doch die jüngeren bis 9 Uhr mitfeiern lassen. Danach müssen die dann gehen und erst dann wird der Alkohol ausgegeben.", wirft da James ein. ,,Ein guter Vorschlag, Mr. Potter. So können wir das gerne machen. Und gegen etwas Butterbier und Feuerwhishey habe ich nichts einzuwenden. Zumindest solange wir hier keine betrunkenen Erst-, Zweit-, Dritt- oder Viertklässler haben. Dann hätten wir das also. Noch eine Idee für Veranstaltungen?", fragt Dumbledore. ,,Wie wäre es mit einem Weihnachtsball am 20.12.?", schlägt Lily vor. ,,Nun, da der Zug dieses Jahr erst am 21. fährt, wäre das gar nicht so undenkbar. Aber auch hier möchte ich erst Schüler ab der vierten Klasse dazu laden.", meint Professor Dumbledore. ,,Für die jüngeren wird vorher eine kleinere Weihnachtsfeier abgehalten. Dazwischen nehmen wir dann eine Stunde oder mehr Pause, um die Halle etwas umzubauen.", erklärt Lily ihre Idee ausschweifender. James nickt. Auch wenn er es nicht zeigt, so ist er von Lilys Ideen beeindruckt. Dumbledore nickt. ,,Ja, so können wir das machen. Super! Gut, haben sie noch eine letzte Idee?" Lily schüttelt den Kopf, doch James nutzt diese Chance: ,,Es würde zwar nur die Siebtklässler betreffen, aber wie wäre es mit einem Abschlussball nach der Zeugnisausgabe?" Überrascht schaut Lily zu dem Schwarzhaarigen. Professor Dumbledore schmunzelt und nickt. ,,Warum auch nicht? Ich finde es schon immer ganz plump, wenn die Abschlussschüler in ihren Schuluniformen kommen, ihr Zeugnis erhalten und dann wieder gehen. Ja! Dann machen wir es so! Fantastisch! Dann hätten wir dies. Ich werde bezüglich der Halloweenparty die Professoren Flitwick und McGonagal hinzuziehen. Ich schlage Ihnen ein Treffen am kommenden Montagabend nach dem Essen vor." Lily nickt. ,,Das passt, Sir." Auch James stimmt zu und so verlassen sie das Büro des Schulleiters. ,,Potter, um 10 am Porträt. Wir haben heute wieder eine Patrouillie.", sagt Lily.
Pünktlich um 10 Uhr treffen sie sich also am Porträt. ,,Ich schlage die gleiche Runde vor, die wir auch beim letzten mal gelaufen sind." James nickt.
,,Wie geht es deiner Hand?", fragt er nach einigen Minuten des Schweigens. ,,Sie juckt. Aber Madam Pomfrey hat mir eine Salbe dagegen gegeben.", antwortet die Rothaarige. Die Medihexe hatte ihr gestern den Verband abgenommen. Außer, dass ihre Hand noch leicht Rot gefleckt ist, sieht sie wieder normal aus. ,,Das hat Mulcibier absichtlich getan. Er war neidisch, weil Slughorn uns, zwei Gryffindors, in hohen Tönen gelobt hat.", stellt James fest. Lily zuckt mit den Schultern. ,,Und wenn schon. Es ist passiert, du und Slughorn habt reagiert und mir geht es gut. Slytherin wurden ein paar Punkte abgezogen-" ,,Zu wenig!", wirft James grimmig ein. ,,Und Mulcibier bekommt schon seine Strafe. McGonagal hat mich noch im Krankenflügel aufgesucht. Sie war rasend.", endet Lily. ,,Zurecht.", brummt der schwarzhaarige Zauberer. Zwar ist er noch nicht zufrieden, aber, dass sich Professor McGonagal so für das Recht ihrer Schüler und die gerechten Strafen einsetzt, setzt zumindest etwas Genugtuung in ihm frei. Genug, um ihn leicht und fies grinsen zu lassen.
Sie kommen am Klassenzimmer für Zauberkunst vorbei, als sie ein Poltern hören. Und ein gackerndes Lachen. James verdreht unisono mit Lily die Augen. Die beiden Schulsprecher betreten den Raum, dessen Tür komischerweise nur angelehnt war, und betrachten das Chaos, das sich ihnen bietet. Peeves, der wohl nervigste, anstrengendste und heimtückischste Poltergeist der Geschichte hat die ganzen Tische im Raum umgeschmissen, umhergeworfen und teilweise beschädigt. ,,Peeves! Raus hier! Was hast du überhaupt gedacht, hier einzubrechen?", ruft Lily erbost aus. Der Poltergeist lacht gackernd und schaut die Schulsprecherin ohne einen Funken von Respekt an. ,,Was ich denke, das geht keinen etwas an, rotes Teufelchen!", antwortet er fies grinsend. Lily will schon etwas erwidern, da legt ihr James eine Hand auf den Unterarm. Kurz schaut er ihr beruhigend in die Augen, ehe er sich an Peeves wendet: ,,He Peeves, Kumpel. Ich hab Filch grade in der Nähe von Dumbledores Büro gesehen. Vielleicht findest du ihn ja da noch. Er sah schon fast so aus, als ob er nach dir Ausschau gehalten hat." Der Poltergeist verbeugt sich vor James. ,,Dann werde ich ihm die Suche erheblich erleichtern. Hab Dank, Meister Streichekönig." Und so flitzt er davon. Lilys fassungslosen Blick ignorierend fängt James an, die Tische wieder richtig zu stellen und teilweise zu reparieren. ,,Wie?", fragt die Rothaarige. ,,Peeves vergöttert die Jungs und mich. Seit unserem ersten Streich ist er uns verfallen. Manchmal hilft er uns sogar aus der Patsche.", antwortet der Zauberer ehrlich. ,,Wow.", ist alles, was der jungen Hexe dazu einfällt.
Im Schulsprecherturm angekommen setzt sich James in einen der Sessel. Lily setzt sich ihm gegenüber. ,,Warum tust du das?", fragt sie. Verwirrt starrt der schwarzhaarige Rumtreiber sie an. ,,Warum wechselst du deinen Charakter? Warum bist du mal so nett und dann wieder so eingebildet? Und warum fragst du mich immer wieder nach einem Date, obwohl du dir die Antwort doch denken kannst?", präzisiert sie. James seufzt und geht mit der Hand durch seine eh hoffnungslos verstrubbelten Haare. ,,Das ist schwieriger als du denkst, Evans. Ich... Ich bin so weil... Das kann ich dir nicht sagen. Tut mir leid. Aber... ich frage dich immer, weil ich die Hoffnung, dass du irgendwann mal ja sagst, nicht aufgeben kann. Glaub mir, ich habe es versucht. Es geht nicht. Du gehst mir nicht aus dem Kopf. Und ich erhalte immer noch eine Antwort von dir. Und wie Marlene, Mary und Alice schon sagten, könntest du ruhig mal mit mir nach Hogsmeade. Was ist schon dabei? Ich mein... Wir sind doch nur in Hogsmeade, ich könnte dir ja nicht mal was antun! Das hätte ich eh nicht vor, aber trotzdem. Wovor hast du Angst? Oder bin ich für dich echt so abstoßend?" ,,Nein. Nein, das bist du nicht. Aber ja, ich habe Angst. Ich habe Angst, doch mehr zu fühlen, als ich tu. Potter, du könntest echt ganz nett sein, wenn deine plötzlichen Wandlungen nicht wären. Du bist in meinen Augen jemand, der ein Geheimnis hat, der echt gemein sein kann aber auch sehr loyal. Und Loyalität ist etwas, das ich sehr schätze. Auch Geheimnisse sind in Ordnung. Aber Gemeinheiten sind abstoßend. Manchmal okay, aber nicht in dem Maße, das Rumtreiber für angemessen halten. Hör zu. Ich werde ein einziges mal mit dir nach Hogsmeade gehen. Unter einer Bedingung. Du erzählst es niemandem bis dahin. Sonst werde ich mich hier einsperren, bis das Wochenende vorbei ist. Haben wir uns da verstanden?" Als James nickt, ist Lily zufrieden. ,,Also gut.", sagt sie und hält ihm die Hand hin. ,,Offiziell noch Evans, aber inoffiziell biete ich dir an, mich in Abwesenheit anderer Lily zu nennen." James ergreift die dargebotene Hand. ,,Abgemacht, Lily. Dann nenn mich bitte unter gleichen Umständen James." Die Rothaarige nickt. Dann wendet sie sich der Treppe zu ihren Zimmern zu und sagt: ,,Dann eine Gute Nacht... James." Für sie ist es seltsam, diesen Namen auszusprechen. Aber auch irgendwie schön. James lächelt. Als die junge Hexe schon außer Hörweite ist, flüstert er: ,,Schlaf gut, Lily."

der Hirsch, der mich das lieben lehrteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt