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Als Lily am nächsten Morgen wach wird, hat sie erst gar keine Ahnung, wo sie ist. Bis ihr einfällt, dass sie ja nun Schulsprecherin ist und einen Schlafsaal ganz für sich alleine hat. Und dann fällt ihr auch wieder ein, wer ihr Partner ist. Potter. Lily stöhnt. Für einen kurzen Moment hatte sie diese Tatsache tatsächlich vergessen können. Doch nun muss sie ihr ins Gesicht sehen. Allein davon schon genervt, schlägt sie die Decke zurück und steht auf. Sie schnappt sich ein dunkekgrünes Top und eine schwarze Jeans aus ihrem Schrank und geht ins Bad. 30 Minuten später kommt sie frisch geduscht und angezogen wieder heraus und geht nach unten in den Gemeinschaftsraum. Da dort niemand ist, schlussfolgert sie, dass Potter entweder noch schläft oder den Turm bereits verlassen hat. So geht auch Lily durch das Porträtloch und macht sich auf den Weg in die große Halle. Da es erst 8 Uhr an einem Samstagmorgen ist, sind kaum andere Schüler auf den Gängen oder in der großen Halle zu sehen. Am Gryffindortisch sitzen nur zwei Erstklässler, die wohl vor all der Aufregung nicht mehr schlafen können, und etwas weiter vorne Remus. Lächelnd gesellt sich Lily zu ihm. ,,Guten Morgen Lily. So früh schon wach? Hat James dich nicht schlafen lassen?", fragt er schmunzelnd. Sie schüttelt den Kopf. ,,Remus, du kennst mich. Und außerdem habe ich beschlossen, mich von Potter nicht stören zu lassen.", sagt Sie, während sie sich ein Brötchen mit Schinken belegt. Schmunzelnd wendet sich Remus wieder seinem Frühstück zu.
Wie auf Kommando hören sie am Eingang der Halle ein lautes Johlen. Potter und Black betreten die Halle und kommen zu Lily und Remus. ,,Na Evans, auch mal wach?", fragt Potter. Die Angesprochene rollt jedoch nur mit den Augen. Sirius setzt sich neben Remus. ,,Moony altes Haus! Wie geht es uns an diesem Morgen?" Er schlägt Remus leicht auf die Schulter. Dieser verzieht kurz das Gesicht, dann lächelt er leicht. ,,Geht schon.", meint er. Lily ist schon vor ein paar Minuten aufgefallen, dass Remus etwas blass ist. ,,Wirklich?", fragt sie deswegen. Doch ehe der Angesprochene antworten kann, übernimmt Potter aß für ihn: ,,Hör mal, Evans. Wenn er sagt, dass er in Ordnung ist, dann kannst du ihm vertrauen. Belass es einfach dabei, ja?" Lily schnaubt und erhebt sich dann. ,,Im Gegensatz zu seinen BESTEN Freunden mache ICH mir zumindest mal Sorgen! Wenn er bald wieder im Krankenflügel liegt, werdet ihr an meine Worte denken, das verspreche ich euch! Ihr wisst, wie empfindlich Remus ist!", redet sie sich in Rage. Die Jungs bleiben still. Peter, weil er sich gerade erst dazugesetzt hat und er somit nichts darauf zu sagen weiß. James und Sirius, die einfach keine Lust haben, sich am frühen Morgen zu streiten. Und Remus. Er weiß, dass Lily recht hat. Er wird bald wieder im Krankenflügel liegen. Nur hofft er, dass sie weiterhin so blind bleibt und nicht bemerkt, zu welcher Zeit er immer 'krank' wird. Schließlich meldet er sich doch zu Wort: ,,Hör mal, Lily, mir geht es gut. Ich hab manchmal nur eine Immunschwäche, nichts dramatisches. Ein Aufpäppeltrank von Madam Pomfrey hilft mir dann immer. Mach dir keine Sorgen." Er lächelt die rothaarige Hexe an. Lilys Gesichtsausdruck wird zwar weicher, dennoch bleibt sie stur. Sie sagt zwar nichts, aber ihr Kopfschütteln sagt mehr als 1000 Worte es in diesem Moment hätten tun können. Schwungvoll dreht sie sich um und läuft aus der Halle. Mit flinken Schritten tragen ihre Füße sie in die Bibliothek. An einem der hinteren Tische lässt sie sich dann mit einem Buch über Zaubertränke nieder. Lily liebt Zaubertränke. Nicht zuletzt wegen ihrem Zaubertranklehrer, Professor Slughorn.
Horace Slughorn ist ein etwas beleibterer Mann und zudem der Hauslehrer Slytherins. Doch als Lily ihm den ersten Trank sofort perfekt zusammengebraut hatte, war es um ihn geschehen. Er war begeistert von ihr, schon alleine, weil sie trotz ihrer Muggelstämmigkeit weitaus begabter ist als so manch reinblütiger Zauberer. Seitdem ist Lily die unangefochtene Nummer eins in seinem Unterricht.
Remus schaut seine zwei Freunde an. ,,Wo wart ihr?", fragt er. James fährt sich durch die Haare und antwortet: ,,Im Wald."
Er und Sirius sind an diesem Morgen extra schon früh aufgestanden, um noch etwas in ihrer Animagusgestalt durch den Wald zu streifen.
Remus schüttelt lächelnd den Kopf. Nie hat er auch nur im Traum geglaubt, dass James und Sirius an einem Samstag FREIWILLIG vor 8 Uhr auch nur daran denken, das Bett zu verlassen. Aber seine Freunde stecken nun mal voller Überraschungen. Inzwischen ist er mit seinem Frühstück fertig und steht auf. ,,Wo willst du hin?", fragt Peter ihn. Auch die anderen beiden schauen fragend zu ihm. Remus zuckt mit den Schultern. ,,Wir treffen uns nacher am schwarzen See.", sagt er nur. Dann verlässt auch er die große Halle.
Lily schaut auf, als sie Schritte hört. Remus kommt zu ihr, unter dem Arm hat er ein dickes Buch. ,,So schnell sieht man sich wieder.", bemerkt er schmunzelnd. Er schlägt sein Buch auf und beide sitzen eine Weile lang still lesend gegenüber. Bis Lily per Zufall aufschaut und die Überschrift des Kapitels, bei dem Remus gerade ist, über Kopf liest. ,,Patronuszauber?", fragt sie und der Junge schaut auf. ,,Ja. Ich wollte ihn schon letztes Jahr lernen, aber anscheinend hatte ein anderer dieses Buch schon ausgeliehen. Jetzt habe ich mir direkt am Anfang des Jahres gedacht, dass ich es mir schnell nehmen sollte. In unserem Schulbuch ist nur die Wirkung des Zaubers erklärt aber nicht, wie man ihn ausführt.", erklärt er. Verstehend und anerkennend nickt die Rothaarige. Sie weiß, dass der Patronus zu der höheren Magie gehört und die Ausführung kompliziert ist. Und sie bewundert ihren Mitschüler dafür, dass er diesen Zauber zusätzlich zum Unterrichtsstoff üben möchte. ,,Und was liest du so? Wieder einen Schmöker über Zaubertränke? Welcher ist es denn?", reißt Remus sie aus ihren Gedanken. Lily schmunzelt. ,,Der Trank der lebenden Toten.", sagt sie. ,,Was immer James auch getan hat, das hat er nicht verdient." Lily fällt in Remus' Lachen mit ein. ,,Nein", sagt sie, ,,der ist nicht für Potter. Ich finde ihn nur interessant. Weißt du, ich frage mich schon, ob er schneller wirkt als der Todesfluch." Remus bekommt große Augen. ,,Miss Evans! Wie kommen Sie nur auf solche Gedanken? Muss ich mir Sorgen machen, dass James einen schlechten Einfluss auf Sie hat?", fragt er im Scherz. Er weiß, dass James schon viele wahnwitzige Gedanken hatte. ,,Was hat Potter bitte damit zu tun? Im Prinzip ist es ja auch irgendwie eine Frage, die man in Zaubertränke stellen könnte." Remus zuckt mit den Schultern und grinst. , Der Unterricht hat nicht mal angefangen und du überlegst schon, was du fragen kannst.", stellt er fest. Lily lächelt. ,,Und wenn schon.", murmelt sie. Remus klappt das Buch zu und steht auf. ,,Ich treffe mich noch mit den Jungs.", meint er zu der Hexe und verlässt die Bibliothek, nachdem er das Buch bei der Bibliothekarin ausgeliehen hat.
,,Na sieh mal an, da ist er ja.", bemerkt James Remus als erstes. Auch Sirius und Peter sehen vom See zu dem Neuankömmling. ,,Wo warst du?", fragt der zuletzt Genannte. ,,In der Bibliothek.", antwortet Remus und erntet ungläubige Blicke der anderen. ,,Du kannst doch noch gar keine Hausaufgaben machen! Was bitte hast du dann da gemacht?", fragt Sirius entgeistert. Remus schlägt das Buch auf und zeigt den Jungs die Kapitelüberschrift. Die Augen der drei anderen Rumtreiber werden groß. ,,Moony! Du hast ihn gefunden!", ruft James aus. ,,Worauf warten wir denn noch? Los, suchen wir uns einen Raum zum üben!", ruft Sirius aus. James lacht. ,,Den brauchen wir nicht suchen. Wir gehen in den Schulsprecherturm! Soll Evans doch denken, was sie will.", sagt er und erntet zustimmendes Nicken der anderen. Zu viert machen sie sich also auf den Weg ins Schloss und hoch zum Gemeinschaftsraum der Schulsprecher. Dort angekommen erklärt Remus: ,,Es ist in der Theorie echt simpel. Man muss an seine schönste und glücklichste Erinnerung denken und die Worte 'Expecto Patronum' sagen." Die Jungs nicken. James forstet in seinen Erinnerungen. Klar, glückliche hat er viele, doch ob sie auch stark genug sind...
Doch, ja, eine könnte es sein!
In ihrem fünften Jahr hat James durch Zufall entdeckt, dass Lily von einigen Slytherins bedrängt wurde. Unter ihnen waren unter anderem Mulcibier und Bellatrix Lestrange, Sirius'  verrückte Cousine. James hatte den Überraschungseffekt genutzt und ihnen einen Ganzkörperklammerfluch auf den Hals geschickt und sie entwaffnet. Vor lauter Dankbarkeit hatte Lily ihn stürmisch umarmt und lächelnd gedankt.
Ja, Lilys ehrlichen Dank damals hatte er sich bis zu jenem Tag nie erträumen können. Und dann hat sie ihn auch noch umarmt und angelächelt. James konzentriert sich voll darauf und flüstert: ,,Expecto Patronum." Nichts passiert. Er versucht es nochmal. Er stellt sich Lilys Lächeln vor. ,,Expecto Patronum." Leichte Funken, kaum erkennbar, kommen aus seinem Zauberstab. Er will den Hirsch aus seinem Zauberstab springen sehen. Denn der Patronus spiegelt das Tier wieder, das auch die Animagusgestalt ausmachen würde. Kurz schaut er zu den anderen. Sirius und Peter starren verbissen auf ihre Zauberstäbe und Remus bringt gerade etwas silbrigen Rauch zustande. Und dann kommt ihm eine Idee. Er stellt sich den Druck von Lilys Umarmung vor und sieht sie vor seinem inneren Auge, wie sie ihn dankbar anlächelt. ,,Expecto Patronum!" Aus seinem Zauberstab kommt Rauch, in dem man unscharf die Konturen eines Hirsches erkennen kann. Überwältigt starrt James seinen Patronus an, wie er durch den Raum schreitet und dann vor einer rothaarigen Hexe stehenbleibt. Lily, die gerade durch das Porträtloch gekommen ist, starrt den noch unscharfen Hirsch an und in ihren grünen Augen kann James kurz Bewunderung erkennen. Doch als sie sich ihrer Mine klar wird, blinzelt sie einmal und geht dann an ihm vorbei. ,,Nicht schlecht, Potter.", sagt sie, ehe sie die Treppe zu den Schlafsälen hoch geht. Auf James' Gesicht bildet sich ein riesiges Grinsen. ,,Sauber Krone! Das war beeindruckend. Selbst Evans war kurz sprachlos! Das heißt was!" Sirius klopft James auf die Schulter. Remus schaut auf die Uhr. ,,Oh. Also, wenn. wir noch etwas vom Mittagessen abbekommen wollen, sollten wir uns jetzt beeilen!", sagt er. Doch James schüttelt den Kopf. ,,Geht ruhig. Ich habe keinen Hunger." Sirius grinst. ,,Ne, der ist satt. Hat gerade ein Lob von Evans bekommen. Für ihn ist das besser als irgendeine Mahlzeit. Aber für mich nicht. Los, Moony, Wurmschwanz. Ich habe Hunger!" Also verlassen die drei den Gemeinschaftsraum. Zurück bleibt James, der vor sich hinlächelt. Lily Evans war von ihm beeindruckt. Gut, eher wohl von seinem Patronus. Aber es war schließlich ein von ihm ausgeführter Zauber. Zufrieden setzt er sich in einen Sessel und starrt vor sich hin.

der Hirsch, der mich das lieben lehrteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt