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In der Nacht zum Sonntag kann Lily nicht schlafen. Es ist, als höre sie ein gackerndes Lachen, das an den Wänden widerhallt. Sie kann beinahe diese unerträglichen Schmerzen des Fluches spüren, der immer wieder gegen sie gesprochen wird.
Lily schreit und macht die Augen auf. Ihr laufen Tränen über die Wangen. Zittrig holt sie Luft und beginnt, ihre Umgebung wahrzunehmen. Sie sitzt auf dem Sofa im Schulsprecherturm und auf dem Tisch vor ihr liegen viele Pergamentrollen, ein Tintenfass und eine Feder. In ihrem Schoß kann sie das Buch für Zaubertränke wahrnehmen. Oben hört sie eine Tür aufgehen und dann hektische Schritte auf der Treppe. ,,Lily?!" Es ist James im Pyjama mit seinem Zauberstab in der Hand. Lily dreht sich um. Ihr Gesicht muss Bände sprechen, denn James kommt eilig zu ihr, legt seinen Zauberstab auf den Tisch und setzt sich neben sie. Vorsichtig nimmt er das Buch aus ihrem Schoß, klappt es zu und legt es weg, ehe er die Hexe in den Arm nimmt. Sie schluchzt an seiner Schulter und er streicht ihr immer wieder über den Rücken. Als sie sich etwas beruhigt hat, fragt er: ,,Willst du darüber reden?" Doch die Rothaarige schüttelt den Kopf. ,,Lily, du musst darüber reden. Dann geht es dir besser. Mary hat auch längst mit Marlene darüber gesprochen, Sirius meint, sie hätten sich direkt nach eurer Befreiung im Schlafsaal eingeschlossen. Es würde dir wirklich gut tun." Lily richtet sich auf und schaut James in die Augen. ,,Ich habe keine Ahnung, wie ich in dieses Haus gekommen bin. Ich war mit den anderen in einem dunklen Raum, immer wieder kamen sie und nahmen welche von uns mit. Als sie sie wiederbrachten, waren sie schwach. Und als sie mich das erste mal mitnahmen, dachte ich, sie würden mich ausfragen und dann schlagen, wenn Ihnen die Antwort nicht gefällt. Aber mir wurde nicht eine einzige Frage gestellt. Sie haben einfach nur den Cruciatus-Fluch auf mich geschleudert. Mehrere Male, bis ich nicht mal mehr schreien oder mich irgendwie rühren konnte, weil jede Konzentration auf diese Schmerzen gerichtet war. Dann haben sie mich zurückgebracht, in diesen Raum geschmissen und gackernd zugesehen, wie ich von ihnen weggekrochen bin. Anfangs habe ich mich noch zwischen sie und die Erstklässler gestellt, aber selbst dazu hat mir die Kraft gefehlt. Sie haben immer kurz davor aufgehört, als ich dachte, ich würde meinen Verstand verlieren und verrückt werden. Manchmal wünschte ich, sie hätten weitergemacht. Dann wäre ich jetzt geistig verwirrt und würde mich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr daran erinnern. Als deine Eltern kamen, da haben sie mich gerade ungefähr einen Tag in Ruhe gelassen, weswegen ich immerhin wieder stehen und langsam laufen konnte. Deine Mutter hat mich da raus gebracht und zusammen mit deinem Vater in den Krankenflügel gebracht. Da es mir, wie den meisten einfach nur an Energie fehlte, hat Madam Pomfrey mir einen Aufpäppeltrank gegeben. Dein Vater hat mir von deinem aufbrausenden Temperament erzählt, weswegen ich gefragt habe, wann ich wieder in den Schulsprecherturm kann. Es tut mir so leid, dass ihr alle so gelitten habt.", erzählt sie und immer mehr Tränen laufen ihr Gesicht entlang. ,,O Lily. Du hättest mir das schon längst sagen sollen. Hast du dich jede Nacht damit rumgequält?" ,,Fast. Ich hatte immer den Muffliato gewirkt, damit du nichts mitbekommst." James schließt kurz die Augen, ehe er sagt: ,,Mach das nie wieder. Ich bin für dich da. Egal wann. Am Tag, in der Nacht, ich bin immer da. Und deine Freundinnen auch. Du musst dich nicht damit herumschlagen. Wir hatten alle eine schwere Zeit, du und Mary waren weg. Marlene und Alice haben sich oft mit Remus bis in die Nacht unterhalten oder saßen nur da und haben sich schreckliche Sorgen um euch gemacht. Wir haben alle unterschiedlich schlimme Zeiten durchgemacht. Aber wir werden alle füreinander da sein." ,,O James..." Lily kann nicht in Worte fassen, wie glücklich sie seine Worte gemacht haben. James lächelt sie warm an. Dann meint er: ,,Komm, lass uns hoch gehen, du hast ja nicht mal Schlafsachen an. Den Krempel kannst du auch morgen noch machen und ich kann dir auch gerne dabei helfen. Aber jetzt ruft dich dein Bett."
Während Lily sich also im Bad bettfertig macht, schüttelt James ihr Kissen auf und schlägt die Decke zurück, damit sie nur noch reinschlüpfen muss. Langsam überfällt ihn die Müdigkeit, schließlich war er bis er Lily gehört hatte längst im Land der Träume gewesen.
Als die Rothaarige dann aus dem Bad kommt und sich ins Bett legt, deckt James - ganz der Gentleman - sie zu. ,,Gute Nacht, mein Engel. Ich lasse meine Tür offen, wenn noch was ist, ja?" Lily, die mittlerweile sehr schläfrig ist und die Augen kaum noch offen halten kann, nickt. James küsst sie auf die Stirn und verlässt dann das Zimmer, die Tür lehnt er jedoch nur an.
In seinem Zimmer lässt er sich auf sein Bett fallen, doch plötzlich kann er nicht schlafen. Erst jetzt denkt er über das, was Lily passiert ist, so richtig nach. Wenn sie sich an die eigentliche Entführung gar nicht erinnern kann, kann das grob betrachtet entweder bedeuten, dass sie ohnmächtig war, oder aber unter einem Fluch stand. Letzteres klingt für James logischer, schließlich war Lily, als er sie an jenem Tag das letzte mal gesehen hat, hier im Turm. Niemand außer ihnen und den Lehrern kennt das Passwort. Und die Lehrer wären nicht so dumm, das Passwort rauszugeben. Jemand muss den Zauber schon vorher auf sie gewirkt haben. Aber wer? Und vor allem; wann? Was genau ist noch mal an jenem Tag gewesen? James weiß, dass er Quidditchtraining hatte und als er zurückkam, war Lily längst verschwunden. Aber die anderen müssen mit ihr verschwunden sein... Die waren jedoch in ihren Gemeinschaftsräumen... oder? James rauft sich die Haare. Das ist alles so kompliziert und ergibt irgendwo keinen Sinn. Und doch... Er erinnert sich an das Quidditchspiel und das, was danach geschehen ist. Mulcibier und zwei seiner Kumpanen waren da... Plötzlich ist sich James ziemlich sicher, dass der Slytherin mit dahinter stecken muss, schließlich wurden Lily und die anderen auch in seinem Elternhaus gefunden. James beschließt, in den Ferien mit seinen Eltern darüber zu sprechen. Er will jetzt nicht in der letzten Woche vor den Ferien und dem Ball so viel Aufruhr haben. Zudem wird Lily über die Ferien eh bei ihm sein. Sie wäre sicher.

der Hirsch, der mich das lieben lehrteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt