47

111 1 0
                                    

Erleichtert dreht James sich um. Dort steht Professor Dumbledore. Interessiert schaut er das Schulsprecherpaar an. Überraschenderweise meldet sich jedoch Marlene zu Wort: ,,Sir, die Slytherins sind Sirius aus der Halle gefolgt. Wir sind hinterher, um zu-" ,,Miss McKinnon, das ist mir nicht entgangen. Was meinen Sie, weshalb ich nun hier stehe?" Der Schulleiter schaut nun wieder James und Lily an. ,,Nun, Sir, als wir hier ankamen, wurde Sirius bereits angegriffen. Als Lily den Verantwortlichen zur Strafe Punkte abziehen wollte, wurde sie von dem da", James deutet auf Mulciber, der nun nicht mehr hämisch grinsend da steht, ,,aufgrund ihrer Abstammung beschimpft. Er wollte sie ebenfalls angreifen." Dumbledore nickt. ,,Ich ziehe einem Haus ungern Punkte ab, aber ich denke, dass dem Hause Slytherin 20 Punkte Abzug nicht schaden. Mr. Mulciber, Sie begleiten Mr. Snape direkt mit zu Professor Slughorn. Mr. Black, Sie können nun zu Professor McGonagall, sie wartet sicher schon auf Sie. Mr. Potter, Miss Evans, Sie beide kommen nun mit mir. Der Rest kann gehen." Auffordernd schaut er die Schüler vor sich an, die sich in Bewegung setzen.
James und Lily folgen dem Schulleiter in dessen Büro. ,,Lakritz?", fragt er und hält den beiden eine Schüssel hin. James langt zu, Lily verneint jedoch. ,,Professor, weshalb sind wir hier?", fragt sie. ,,Nun, gerade auch nach den heutigen Ereignissen ist Ihnen sicher nicht entgangen, dass selbst hinter Hogwarts' Mauern deutlich zu spüren ist, welche Tyrannei von Lord Voldemorts Anhängern ausgeht." ,,Warum schmeißen Sie das Pack nicht raus?", braust James auf. Dumbledore lächelt schwach. ,,Ich verstehe, dass Sie aufgebracht sind. Jedoch kann ich Schülern, die nicht das dunkle Zeichen tragen, nicht nachweisen, dass sie tatsächlich dem Dunklen Lord dienen. Selbst wenn ihre Familien sich als überzeugte Anhänger herausstellen. Es ist daher umso wichtiger, dass Sie Miss Evans selten alleine im Schloss lassen, Mr. Potter. Am besten gar nicht mehr. Ich möchte ebenfalls, dass Sie den Vertrauensschülern den gleichen Auftrag geben. Muggelgeborene Schüler sollten sich von heute an besser nicht mehr alleine in den Gängen Hogwarts' aufhalten. Richten Sie es den Vertrauensschülern am besten so schnell wie möglich aus." Lily und James nicken. ,,Sir, dürfen wir dafür morgen nach dem Frühstück eine Versammlung abhalten? Dann können Ihre Anweisungen noch morgen in die Tat umgesetzt werden." Der Professor nickt. ,,Je schneller, desto besser. Gute Nacht."
Auf dem Weg in den Schulsprecherturm schweigen die beiden. Sie halten sich an den Händen. Ihre letzten Wochen in Howarts haben sie sich gänzlich anders vorgestellt.
,,Es ist so unfair. Warum darf Dumbledore diese miesen Schlangen nicht rauswerfen?", fragt James irgendwann, als sie am Kamin sitzen. Das prasselnde Feuer war bis dahin die einzige Geräuschquelle im Raum. Gedankenverloren tippt Lily auf ein Blatt Pergament, das sich dadurch vervielfacht. ,,Ich habe Aushänge fertig gemacht, die können die Vertrauensschüler in den Gemeinschaftsräumen aufhängen.", sagt sie. ,,Aushänge werden die Todesser nicht stoppen.", meint James nur. ,,Ja, aber so können wir die Schüler dazu aufrufen, aufeinander aufzupassen. Mehr können wir nicht tun." ,,Aber wir sollten es." ,,James..." ,,Gute Nacht Lily. Mach nicht mehr zu lange, ja?" Er drückt ihr einen Kuss auf die Stirn und verschwindet dann. Es belastet ihn sehr, nichts weiter tun zu können. In seinem Zimmer schmeißt er sich frustriert aufs Bett. Er will seinen Unmut nicht ihr gegenüber auslassen, das ist nicht fair.
Lily bleibt währenddessen alleine am Kamin zurück und fühlt sich etwas vor den Kopf gestoßen. Ihr ist klar, dass James verärgert ist, er macht sich bloß Sorgen um sie, um alle Muggelgeborenen. Lily weiß, dass er es kaum erwarten kann, mit seiner Ausbildung zum Auror zu beginnen. Und das macht ihr Angst. Sie fürchtet darum, dass er sich Hals über Kopf in die Sache reinsteigern und dadurch sein Leben unnötig riskieren wird.

Am nächsten Morgen treffen sie ihre Freunde auf dem Weg in die große Halle. ,,Was wollte Dumbledore von euch?", fragt Remus. Wortlos reicht Lily ihm einen ihrer am Vorabend angefertigten Zettel. ,,Es ist bedrückend, oder?", fragt Mary niedergeschlagen, die ebenfalls auf das Blatt schaut. Lily nickt traurig. ,,Ja.", sagt sie leise. Sirius legt seine Arme um Lily und Mary. ,,Wir beschützen euch beide, an euch kommt keiner ran." Er lächelt sie an. Doch auch Sirius weiß, dass es bloß ein schwacher Trost ist, den er spenden kann.
Beim Frühstück ist die Stimmung dementsprechend gedrückt. Lily läuft umher und bittet die Vertrauensschüler, nach dem Frühstück noch zu bleiben.
Als sich die Halle dann irgendwann leert und die Schüler in den Unterricht begeben, hat Lily plötzlich einen Kloß im Hals. Schließlich sind nur noch sie, James und die Vertrauensschüler da, welche sich zu ihnen setzen. ,,Was wollt ihr mit uns besprechen?", fragt eine Fünftklässlerin aus Ravenclaw. ,,Und warum sind die Slytherins nicht da?", fügt ein Hufflepuff hinzu. ,,Weil die Slytherins keine Muggelgeborenen in ihrem Haus haben.", erklärt James grimmig. Sofort liegen alle Blicke auf ihm. ,,Dumbledore hat angeordnet, dass Muggelgeborene besser nicht mehr alleine durch Hogwarts gehen. Er möchte, dass wir, oder eher ihr als Vertrauensschüler, darauf achten und die anderen darauf hinweisen." Auf seine Worte folgen ein paar Sekunden Stille. Lily nutzt diese und verteilt die Aushänge. ,,Bitte hängt die in eure Gemeinschaftsräume. Wir können nicht wirklich viel mehr gegen diesen Reinblüterwahn machen. Aber so können wir wenigstens die Schüler hier in Hogwarts schützen.", sagt sie. ,,Warum schmeißt Dumbledore diese Mistkerle nicht raus?", möchte ein Ravenclaw wissen. James will schon antworten, doch Lily kommt ihm zuvor: ,,Professor Dumbledore sind ebenso die Hände gebunden. Schließlich werden hier keine unverzeihlichen Flüche ausgesprochen und man kann auch niemandem nachweisen, dass er oder sie zu den Todessern gehört. Und jetzt ab in den Unterricht mit euch! Sobald ihr könnt, pinnt ihr bitte die Aushänge an euer schwarzes Brett." Mit diesen Worten erhebt sie sich, die anderen tun es ihr gleich.

Auf den Unterricht kann Lily sich kaum konzentrieren. Zwar machen sie nur noch Wiederholungen, jedoch ist sie heute zu nichts mehr zu gebrauchen. Zumindest fühlt sie sich so. Sogar Professor McGonagall gibt die Versuche auf, sie zurück ins Unterrichtsgeschehen zu holen. Verstohlen werfen sich ihre Freunde immer wieder Blicke zu. Natürlich entgeht auch ihnen nicht, dass Lily ausgesprochen unkonzentriert ist. Nach den Unterricht sitzen sie alle im Schulsprecherturm. Lily verhält sich noch immer sehr ruhig. Sie ließt ein Buch über Zaubertränke, welches sie sich in der Bibliothek ausgeliehen hatte. ,,Mary, was möchtest du eigentlich nach der Schule machen?", fragt Marlene irgendwann in die Stille, die sie schlicht nicht mehr aushält. Die Angesprochene erwidert schüchtern: ,,Ich würde gerne ins St. Mungos. Vielleicht mal Heilerin werden." Man sieht ihr ihre Unsicherheit an. Remus nimmt ihre Hand und lächelt seine Freundin aufmunternd an. ,,Ich bin sicher, dass du das großartig machen wirst." ,,Was möchtest du eigentlich machen, Remus?", kommt es da wieder von Marlene. Sirius, James und Peter halten die Luft an. Remus wirkt kurz abwesend, dann lächelt er verhalten und meint: ,,Weißt du, ich bin mir noch nicht sicher, wie mein Weg nach Hogwarts verlaufen wird. Aber das ist in Ordnung, ich bin jung und habe Zeit." James bemerkt, wie Lilys Blick hinter dem Buch bei Remus' Worten glasig wird.
Nachdem ihre Freunde weg sind, legt Lily endlich das Buch zur Seite. ,,Wie können sie über ihre Zukunft sprechen, wenn sie vielleicht keine haben?", fragt sie aufgebracht. James versucht, sie zu beruhigen: ,,Lily, du weißt, warum Remus das gesagt hat. Als Werwolf hat er es schwer, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Seinem Arbeitgeber müsste er erklären, weshalb er jeden Monat um Vollmond herum krank ist. Das macht es schwierig für ihn, einen Job zu finden. Aber da Marlene, Mary und Alive noch immer nicht bescheid wissen, kann er es ihnen nicht so offen sagen." Lily seufzt. ,,Du hast ja recht, James. Ich mache mir zu viele Gedanken, ich- ich werde jetzt ins Bett gehen. Übermorgen haben wir unsere erste Prüfung. Ich muss... Ich muss mich ausruhen, ich muss fit dafür sein." ,,Lily..." ,,Gute Nacht." Müde, oder eher ausgelaugt, geht Lily in ihr Zimmer, sie verschießt magisch die Tür und spricht, wie auch schon häufiger in der Vergangenheit, den Muffliato aus. Sie will nicht, dass James mitbekommt, dass sie gar nicht schlafen kann. Bald sind die Prüfungen. Er muss sich auch darauf vorbereiten können, schließlichmöchte er Auror werden. Sie will sich ihm nicht aufbürden. Lily schmeißt sich auf ihr Bett und beginnt zu schluchzen. Mit jedem Tag, der sie näher an die Abschlussprüfungen bringt, läuft auch ihre Zeit hier in Hogwarts dem Ende entgegen. Das sichere Schloss wird ihr bald kein Zuhause mehr stellen. Dann wird sie auf sich gestellt sein. Doch wohin dann? Zurück zu ihren Eltern? Riskant, was wenn dort Todesser auftauchen, die nach ihr suchen? Zu James? Wird ihre junge Beziehung das schon aushalten? Werden Euphemia und Fleamont das dulden? Erschöpft von all den Sorgen schläft Lily dann irgendwann doch noch ein. Doch auch im Schlaf findet sie keine Ruhe.

,,Lily, deine Augenringe ziehen sich bis zum Fußboden! Hast du wieder die Nacht durchgemacht und gelernt?", fragt Marlene sie am nächsten Morgen beim Frühstück.  Die Angesprochene schüttelt den Kopf. ,,Ich bin nur nervös, das ist alles." Marlene verdreht die Augen. ,,Du schließt eh mit Bestnoten ab.", erklärt sie. Lily zuckt mit den Schultern. Doch Mary durchschaut sie. ,,Ist wirklich alles gut?", fragt sie nach. Zur Antwort nickt Lily energisch. ,,Wirklich Mary. Mir geht es gut. Mach dir keine Sorgen.
Der Tag vor der ersten Prüfung endet für die Siebtklässler schon vor dem Mittagessen. James, der den Kopf freibekommen möchte, geht gemeinsam mit Sirius zum Quidditchfeld, um ein wenig zu fliegen. Lily hingegen legt sich im Schulsprecherturm auf das Sofa und döst vor sich hin. In der letzten Nacht hatte sie sich nicht gerade erholen können. Gegen Abend überfliegt sie nochmal den Stoff für Zaubertränke, ihre erste Prüfung. Die Theorie würden sie direkt morgen nach dem Frühstück machen, nach dem Mittagessen findet dann die praktische Prüfung statt. ,,Meinst du, sie werden eher den Amortentia, den Felix Felicis oder das Euphorieelixier abfragen? Oder alles?", fragt sie James, der gerade den Raum betritt. ,,Egal was sie fragen, du hast garantiert immer die richtige Lösung im Kopf. Du bist ein Ass in Zaubertränke, das schaffst du locker." Er schließt Lily in seine Arme und küsst sie. Sie kichert. ,,Eigentlich war die Frage ernst gemeint.", versucht sie es noch. James antwortet jedoch: ,,Ja, und ich habe meine Antwort auch ernst gemeint.  Und jetzt leg den Kram weg. Du kannst das eh." Lily gehorcht ihm. ,,Geht doch.", haucht  James zufrieden zwischen zwei weiteren Küssen.

der Hirsch, der mich das lieben lehrteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt