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Am nächsten Morgen klopft James an Lilys Tür. Da sie schon recht früh wach war, öffnet sie ihm sofort. ,,Was macht Mary da unten? Ist was passiert?", fragt er. Lily zieht ihn in ihr Zimmer und verschließt die Tür. ,,Sie weiß es, James. Sie weiß das von Remus." Ihre Stimme ist trocken, ihr Hals rau. ,,Hast du es ihr etwa erzählt?" James' ungläubiger Blick trifft ihren. Doch Lily schüttelt den Kopf. ,,Sie ist da ganz alleine drauf gekommen. Sie war gestern außer sich.", erklärt sie ihm. Der Schwarzhaarige fährt sich durch die Haare. ,,Wir sollten mit ihr reden."
Also verlassen sie das Zimmer und gehen hinunter. Mary sitzt schon auf dem Sofa, die Beine hat sie angezogen, ihr Kinn ruht auf ihren Knien. Sie schaut auf, als Lily und James zu ihr treten. ,,Gehen wir frühstücken?", ist ihre Begrüßung. ,,Mary...", setzt James an, doch sie unterbricht ihn. ,,Egal was du sagen willst, lass es. Ich werde nachher mit Remus reden." Damit gibt sich James zufrieden, doch Lily hat ein ungutes Gefühl.
Dieses bestärkt sich, als Remus kurz vor Ende des Frühstücks in die Halle kommt. Zwar ist er noch etwas blass, aber sein Gesicht hellt auf, als er Mary sieht. Doch ihr betretener Ausdruck lässt ihn sofort erschrocken fragen: ,,Was ist los?" Sie schüttelt den Kopf. ,,Lass uns später drüber sprechen." Lilys Bauchschmerzen verstärken sich. Normal lächelt Mary dann aufmunternd, aber nun schaut sie starr auf ihr Frühstück. Remus setzt sich verwirrt neben James und macht sich noch schnell ein Toast fertig. Heute haben die Siebtklässler bloß den Vormittag über Verteidigung gegen die dunklen Künste bei Professor Burnham. In dieser Zeit haben sie die Möglichkeit, nochmal wichtige Zauber zu wiederholen und den Professor um Tipps zu bitten. Lily nutzt die Zeit, um nochmal alle Zauber anzuwenden, die ihr in den Sinn kommen. Die anderen machen es ihr nach, wobei Remus und Mary recht abwesend wirken.
Nach dem kurzen Unterricht geht die Gruppe bis auf Mary und Remus in den Gryffindorturm. Die Letztgenannten gehen hinaus zum schwarzen See, der in der Mittagssonne glitzert. Während Remus noch recht verwirrt ist und nicht ahnt, was seine Freundin ihm gleich sagen wird, ist Mary angespannt und sucht in ihrem Kopf angestrengt nach den richtigen Worten. Und schon jetzt muss sie sich ordentlich anstrengen, um nicht in Tränen auszubrechen. ,,Mary, was ist denn nun? Worüber möchtest du mit mir reden?", fragt der junge Zauberer, als sie am See angekommen sind. Sie öffnet den Mund, den Blick hat sie nach unten gerichtet. ,,Ich... Also, ich..." Sie holt tief Luft, schaut auf, direkt in seine Augen, und sagt: ,,Ich weiß, dass du ein... Ein Werwolf bist." Remus erstarrt.

Im Gemeinschaftsraum der Gryffindors sitzen währenddessen Lily, Marlene, Alice, James, Sirius und Peter am Kamin. Jeder ist mit seinen Gedanken beschäftigt. Jedoch ist es Lily deutlich zu still. ,,Ich kann hier nicht einfach nur rumsitzen.", platzt es aus ihr heraus. Die anderen schauen sie verdutzt an. ,,Du willst jetzt aber nicht lernen, oder?", fragt Marlene entsetzt. Doch Lily lässt nicht locker. ,,Ich muss was tun, meinen Kopf anstrengen. Ich weiß nicht, was mit Mary und Remus ist und wenn ich mir nicht gerade um die beiden Gedanken mache, dann um die Prüfung morgen. Ich werde mir ein Buch holen und dann hier mit euch auf Mary warten.", schlägt sie vor. Marlene zuckt mit den Schultern. ,,Tu, was du nicht lassen kannst.", ist ihre Antwort. James und Sirius stehen ebenfalls auf. ,,Wir werden eine Runde fliegen gehen. Und keine Sorge, wir werden die beiden nicht beschatten.", sagt James in die Runde. Sie begleiten Lily hinaus. Jedoch kommen sie nicht weit, als ihnen eine verweinte Mary entgegenkommt. ,,Mary!", ruft Lily aus und läuft ihrer Freundin entgegen. Diese zittert, schluchzt und weint. ,,Ich musste es tun, Lily. Ich kann nicht weiterhin mit ihm zusammen sein, wenn wir einander nicht vertrauen können.", erklärt diese und fällt in Lilys Arme. ,,Ich kann das einfach nicht.", weint sie. ,,Alles gut.", beruhigt Lily sie. An James und Sirius gewandt meint sie: ,,Schaut nach Remus." Die Jungs gehen davon. Lily bringt Mary in ihren Schlafsaal im Gryffindorturm, zusammen mit Marlene und Alice setzen sie sich auf Marys Bett. Auch wenn Mary ihren beiden anderen Freunden nicht erzählen kann, weshalb sie Remus nicht mehr vertraut, fühlt sie sich erleichtert, nachdem sie mit ihnen gesprochen hat.
Währenddessen haben James und Sirius Remus gefunden, er steht noch immer am See und starrt in die Ferne. Seine Freunde stellen sich links und rechts neben ihn, James legt ihm eine Hand auf die Schulter. Gemeinsam schauen sie so über den See. Lange sagt keiner von ihnen was. Doch irgendwann bricht Remus das Schweigen: ,,Ich hätte sie gar nicht erst an mich ranlassen dürfen." Darauf wissen die beiden nichts zu sagen. Der junge Zauberer erwartet jedoch auch keine Antwort. Er dreht sich zum Schloss um. ,,Wir sehen uns. Ich werde noch etwas lernen." Er lässt seine Freunde zurück und macht sich auf den Weg in die Bibliothek. Bücher sind für ihn schon immer ein Fels in der Brandung gewesen. Eine Ablenkung von der Realität. Genau das, was Remus jetzt braucht. Er hatte geahnt, dass die Beziehung mit Mary irgendwann dank seiner Werwolfseite scheitern würde. Doch hatte er gehofft, dass sie etwas länger anhalten würde. Nun wünscht er sich, dass Mary und er nie Gefühle füreinander entwickelt hätten und einfach weiter Freunde geblieben wären.

der Hirsch, der mich das lieben lehrteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt