13

600 24 2
                                    

Leise schleicht sie die Treppe hinunter. Zu ihrer Erleichterung ist er nicht im Gemeinschaftsraum zu sehen. Sie tritt hinaus in den Korridor und macht sich in Richtung der Bibliothek auf.
Doch weit kommt Lily nicht. Als sie etwa die Hälfte des Weges hinter sich hat, kommen ihr düstere Gestalten entgegen. Sie will umdrehen, doch auch von hinten nähern sich finstere Gestalten. Insgesamt sind es sechs, die die Rothaarige nun einkreisen. Lily packt entschlossen ihren Zauberstab. Zwar ist sie den anderen unterlegen, jedoch wird sie nicht kampflos untergehen! Schließlich ist sie eine Gryffindor, und Gryffindors sind bekannt für ihren Mut. ,,Schaut mal. Das Schlammblut denkt echt, dass es eine Chance gegen uns hat.", sagt eine der Gestalten. ,,Lassen wir sie spüren, dass sie sich irrt!", sagt eine andere. Lily läuft es eiskalt den Rücken runter. ,,Stup-", doch Lily kommt ihrem Angreifer zuvor und ihr Protego wehrt den Schockzauber ab. Sie kann noch zwei weiteren Angriffen entkommen. Verzweifelt überlegt sie, wie sie auch ihren Angreifern an sich entkommen könnte. Doch nur ein Zauber fällt ihr ein, der vielleicht auf sie aufmerksam machen würde. Lily richtet für einen kurzen Augenblick all ihre Gedanken auf diesen Zauber. ,,Expecto Patronum!", ruft sie und die Hirschkuh springt aus ihrem Zauberstab. ,,Hol Hilfe!", schreit Lily, auch wenn sie weiß, dass ihr Patronus das unmöglich verstehen könnte. Doch die Hirschkuh rennt davon, schnell, als ob sie wüsste, worum es geht. ,,Was eine süße kleine Show, Schlammblut! Doch das Spiel ist vorbei. Crucio!" Es ist, als würde Lilys Körper von tausenden kleinen Nadeln durchbohrt werden, es ist, als würde er brennen. Sie schreit. Sie schreit sich die Seele aus dem Leib. Wenn sie doch außer ihren Peinigern nochä jemand anderes hören würde! Irgendjemand, und wenn es nur einer der Geister wäre. Doch niemand kommt. Niemand hört sie. Sie ist allein. Es kommt ihr wie eine Ewigkeit vor, bis der Fluch endlich von ihr genommen wird. Wimmernd liegt sie am Boden. ,,Hast du schon genug, Süße?", gackert irgendjemand. Lily kann nicht mehr unterscheiden, ob Frau oder Mann, Mädchen oder Junge. ,,Sie hat noch lange nicht genug!", ruft eine andere Stimme und lacht. Es ist ein kaltes, fieses Lachen, das Lily verstummen lässt. Nur ihr schwerer Atem ist zu hören. Und der erneute Ausruf des Cruciatus-Fluches. Lily kreischt auf. ,,NEIN! NEIN, BITTE! BITTE HÖRT AUF!", fleht sie immer wieder. Doch ihre Rufe werden ignoriert, boshaft belächelt und höhnisch kommentiert: ,,Hast du gehört? Sie hat bitte gesagt!"
So plötzlich, wie gerade noch der Schmerz Lilys Körper hat erzucken lassen, so plötzlich ist er weg. Verwundert schaut die Hexe AUF, doch niemand kümmert sich mehr um sie. Jemand muss gekommen sein.
,,Protego! Stupor!", hört sie die Rufe und kann einen schwarzhaarigen Zauberer erkennen, der immer näher zu ihr kommt. Als er sich kurz zu ihr umsieht, erkennt sie ihn. James! Daraus schließt sie, dass auch die anderen Rumtreiber da sein müssten. Sie schaut sich um und erblickt Remus und Sirius, die die Flüche von gleich vier Gegnern abwehren, und Peter, der ebenfalls mehrmals den Protego ausübt. Und seinem Gegner die Kapuze vom Kopf ziehen kann. Sirius zieht scharf die Luft ein. ,,Regulus!", ruft er ungläubig aus. Sein jüngerer Bruder, der ihm so ähnlich sieht, verzieht kurz das Gesicht. ,,Los, wir gehen!", ruft er aus und die anderen gehorchen. Und als eine der verhüllten Gestalten an Lily vorbeigeht, glaubt sie, Severus' Gesicht unter der Kapuze zu erkennen. ,,Lily, geht es dir gut?", hört sie James fragen, der neben ihr auf die Knie gesunken ist und die junge Frau in seine Arme schließt. Dankbar erwidert Lily die Umarmung. ,,Ich bin so froh, dass ihr in der Nähe wart.", flüstert sie und vergräbt ihr tränennasses Gesicht in seiner Brust. ,,Waren wir nicht. Dein Patronus kam uns entgegen, als wir gerade in den Schulsprecherturm wollten. Er hat uns den Weg versperrt und uns so lange vor sich hergescheucht, bis wir deine Schreie gehört haben. Oh Lily, ich will gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn du keinen Patronus heraufbeschwört hättest." Lilys Hände fahren behutsam über seine Schultern. ,,Ach James,", sagt sie, ,,du glaubst nicht, wie froh ich bin, dass du mir den Patronus gezeigt hast. Bei Professor Burnham wäre es vielleicht etwas zu spät gewesen. Danke." Der Schwarzhaarige lächelt. Lily hebt ihren Kopf an, lächelt zurück und wendet ihren Blick dann den anderen Rumtreibern zu. ,,Danke, Jungs." Die drei lächeln ebenfalls und Sirius kann einfach nicht anders, als zu sagen: ,,Ach, war doch nichts besonderes. Hab ich nur gemacht, um meinem Bruder in den Allerwertesten zu treten." Doch James weiß, dass es Sirius sehr verletzt hat, Regulus als einen von Lilys Angreifern hier zu sehen. ,,Tatze...", fängt er an. Sirius schüttelt jedoch den Kopf. ,,Es ist alles gut, Krone. Bring Lily hier weg. Ich werde Dumbledore in Kenntnis setzen." James hilft Lily hoch und geht gemeinsam mit ihr zum Schulsprecherturm, während Sirius, Peter und Remus zum Büro des Schulleiters laufen.
,,Ist alles gut bei dir? Hast du irgendwo Schmerzen? Soll ich dir etwas bringen?", fragt James Lily, die auf dem Sofa vor dem Kamin sitzt. Diese schüttelt den Kopf. Der Schwarzhaarige will gerade gehen, als ihn Lilys Stimme zurückhält: ,,James, bleibst du hier? Bei mir?" Verwirrt schaut er sie an, nickt aber und setzt sich neben sie. Das scheint Lily aber nicht zu reichen, denn sie legt ihren Kopf auf seine Brust, was ihn dazu veranlasst, seinen Arm um sie zu legen.

,,Ich verstehe. Sie können mir also nur den Namen Regulus Black nennen, da alle eine Kapuze getragen haben und Sie, Mr. Pettigrew, es geschafft haben, ihm die Kapuze vom Haupt zu reißen." ,,Ganz genau.", bestätigt Sirius die Worte des Schulleiters. Er, Remus und Peter stehen in Professor Dumbledores Büro, in welchem sich auch Professor McGonagal befindet und ihnen stumm vor Schock zuhört. ,,Aber Miss Evans geht es gut?", fragt sie dann doch. Es ist Remus, der ihr antwortet: ,,Ja, James würde sie sonst garantiert sofort in den Krankenflügel bringen. Wissen Sie, Lily hat es geschafft, ihren Patronus zu uns zu schicken. Sonst hätten wir sie nicht gefunden." ,,In Ordnung, Mr. Black, Lupin, Pettigrew. Ich danke Ihnen. Sie dürfen gehen. Sprechen Sie auch Mr. Potter meinen Dank aus. Und achten Sie bitte auf Miss Evans. Ein solcher Angriff kann Nachwirkungen mit sich bringen." Die Jungen nicken und drehen sich um. ,,Warten Sie, ich komme mit Ihnen. Ich möchte gerne nach Miss Evans sehen.", sagt da ihre Hauslehrerin und folgt ihnen aus dem Büro.
Sirius möchte gerade am Porträt klopfen, als die Professorin ihn zurückhält. ,,Mr. Black, ich kenne das Passwort."
Sie betreten den Gemeinschaftsraum der beiden Schulsprecher und finden James Potter und Lily Evans schlafend auf dem Sofa vor. Die Tatsache, dass Lily in James' Armen liegt, lässt Remus lächeln. Er glaubt schon längst nicht mehr, dass Lily nicht mehr als nur Freundschaft für den Schwarzhaarigen empfindet. Professor McGonagal räuspert sich und meint: ,,Ich denke, dass Miss Evans in besten Händen ist... Gehen Sie in ihren Schlafsaal und stören Sie die beiden nicht. Ich bin mir sicher, dass Mr. Potter bestens klar kommt." Sie dreht sich um und verlässt den Raum. ,,Ich sage, sie kommen noch in der nächsten Woche zusammen.", meint Sirius zuversichtlich grinsend. Remus schüttelt den Kopf. ,,Nein. Ich sage, dass sie sich Zeit lassen. Noch will Lily sich nicht eingestehen, dass sie sich in unseren James verliebt hat. Oder dass sie sich gerade in ihn verliebt. Sie soll sich erst darüber wirklich im Klaren werden und James wird das schon wissen. Er wird sie damit nicht überfallen, dafür ist ihm seine Freundschaft mit ihr zu heilig.", erklärt er milde lächelnd. Dann deutet er mit dem Kopf zum Porträtloch und die drei verlassen den Gemeinschaftsraum und die beiden schlafenden Schulsprecher.
Mitten in der Nacht wird Lily wach. Verwundert schaut sie direkt in das noch leicht brennende Feuer im Kamin. Trotz des Feuers fröstelt sie und richtet sich leicht auf. Dabei bemerkt sie, dass sie halb auf James liegt, der seelenruhig schläft. Bei diesem friedlichen Anblick muss sie lächeln. Sie steht etwas widerwillig auf, um eine Decke zu holen. Dann legt sie sich wieder zu James, legt die Decke über sie beide und kuschelt sich wieder an ihn. Unfreiwillig denkt sie an die Ereignisse des Tages. Sie hat sich von James distanziert, dann ist sie im Krankenflügel ohnmächtig geworden und zu guter Letzt ist sie angegriffen und von James und den Rumtreibern gerettet worden. Das ist zu viel für einen Tag. Vor allem eines beschäftigt sie sehr: Hat Severus, ihr einstiger bester Freund, sie wirklich angegriffen?

der Hirsch, der mich das lieben lehrteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt