Kapitel 3

13 5 0
                                    

Es ging alles so schnell. Eben noch hatten sie zusammen den Kuchen gegessen. Dann war seine Mutter durch die Tür hinweg und Angst überkam ihn. Was, wenn er sie auch verlor? Hätte er nicht doch mitgehen sollen? Einsamkeit drohte ihn zu übermannen, als eine Hand nach seiner Griff und er verwundert aufblickte, nur um blaue Augen zu finden. „Arran." Sagte Naia aufgeschlossen. Ihr Gesicht war seit dem warmen Wasser mit Pulver weniger blass, wurde fast rosig und ihre Haut war nicht mehr so glühend heiß. Ging es ihr besser? Stimmt. Wenn sie trotz allem so tapfer sein konnte und lächelte, statt beleidigt zu sein, dann konnte auch er das hier aushalten. Nana hatte von allein erziehend gesprochen. Hatte auch Naia ihre Eltern verloren? Gleich Beide und stand trotzdem hier und lächelte? Wieder war Arran von ihr imponiert, als sie zurück deutete. „Helfen wir Nana das Geschirr aufzuräumen?" Fragte Naia fröhlich und lief los und Arran folgte ihr einfach wie ein Hündchen. Tat es ihr gleich, als sie ihren eigenen Teller nahm. „Ah Mi cielo. Danke! Sie läuft. Stell sie einfach auf den Tresen!" Dann wandte sie sich auch schon ab und lächelte einem Gast zu. „Warum nennt sie dich mi cielo? Was heißt das?" Fragte Arran endlich, als sie den Tresen erreichten. Mit geübten Füßchen zog Naia einen kleinen Hocker unter dem Tresen hervor und kletterte vorsichtig darauf. Sie tat das definitiv nicht zum ersten Mal. „Himmel. Mein Himmel. Das ist ein Kosename auf spanisch." Sie grinste breit, als sie ihren Teller abgestellte und hielt ihre Hände nun Arran hin um ihm seinen abzunehmen. „Das heißt, sie sagt, du bist ihr ganzer Himmel?" Fragte er buff und sie nickte. „Ja. Ist das nicht schön? Ich liebe es, wenn sie mich so nennt." Auch der zweite Teller fand seinen Weg zum ersten. „Naia." Fing er noch einmal an. Er schluckte und starrte zu Boden, doch er spürte wie ihr Blick ihn traf. Er musste es einfach wissen. „Deine Eltern..." Fing er zögerlich an, dann sah er endlich auf. Er wollte ihr Gesicht sehen. Es wäre unhöflich das zu Fragen und dann nicht zu ihr zu blicken. Tatsächlich, das Lächeln verschwand und ihr Gesicht wurde traurig. „Sie sind Teil meines Himmels geworden. Es war ein Autounfall." Sagte sie. Ihr Blick glitt fort, wie es eine Erwachsene tun würde. Generell wirkte Naia sehr reif für ihr Alter. „Jetzt kümmert sich Nana um mich, aber wenn ich ehrlich bin. Ich habe vieles vergessen. Aber Nana sagt, ich soll es nicht erzwingen. Es kommt, wenn die Zeit gekommen ist, zurück." Ihre Augen sahen kurz zu ihrer Großmutter, ehe sie wieder zu Arran blickte. Vorsichtig kletterte sie vom Hocker herunter und betrachtete ihn. „Dein Dad, was ist mit ihm?" Arran ballte die Faust. Er war traurig, doch vor allem war er eines. Er war wütend auf seinen Vater. „Er war Mitglied einer Gang." Brummte er ungewollt hart. Damals hatte er es nicht gewusst, doch jetzt wusste er es. Wusste was sein Dad war und warum er getötet wurde. „Du willst doch nicht wie er werden, oder?" Fragte das junge Mädchen besorgt und all die Wut entludt sich in einem hasserfüllten Blick. „Nein! Ich werde niemals wie er. Es ist alles seine Schuld! Das-" „Ksht Mi Nino. So etwas sollte man nicht so laut an einem so öffentlichen Platz sagen. Nicht, wo man dich hören könnte. Die Falschen zum Beispiel." Nana war zu ihnen gekommen und auf die Hocke gewechselt um auf ihrer Augenhöhe einen Finger vor den Mund zu halten. Stille entstand und als Nana erkannte, das die Beiden verstanden, eilte sie zu ihrem nächsten Kunden zurück. Naia und Arran standen einfach so da, bis Naia wieder nach seiner Hand griff. Diese sanft drückte. „Nana sagt immer, ich bin schlau. Wenn ich groß bin, soll ich das nutzen und studieren gehen. Irgendwo im Ausland. Willst du dann mitkommen?" Arran legte den Kopf schief. „Du willst wirklich von hier weg?" Naia wirkte, als wäre es ihr peinlich. „Ich hab Angst, aber Nana sagt, die Welt ist voller magica, Magie, und ich würde sie erst sehen, wenn ich das Barrio hinter mir lasse. Das macht mir Angst, aber zusammen hat man weniger Angst." Sie grinste breit und Arran lächelte. Es erinnerte ihn an einen Abend nach dem Mord an seinem Vater. Mit stummen Tränen hatte seine Mutter ihn fest an sich gedrückt. >Bitte Arran. Bitte werde niemals wie er. Bitte Arran, wenn du kannst, dann geh weg von hier und fang neu an. Ich möchte das du lebst. Du bist schlau. Lerne fleißig und geh weg von hier.< Sie hatte es immer und immer wieder gesagt. Wiederholt, wie ein endloses Mantra. Worte, die sich nun in sein Gehirn eingebrannt hatten. „Ich glaube, dann hätte ich auch weniger Angst. Mama sagt auch ich solle irgendwann gehen." Naia lächelte breit. „Ihr schmiedet schon Zukunftspläne?" Fragte Nana überrascht, als sie sich zwischen den Beiden hindurchschlängelte, um Kuchen zu holen. Naia nickte. „Zusammen ist es schöner. Das sagst du doch immer." „Ja das sage ich." Antwortete Nana ihrer Enkelin, dann sah sie zu Arran. „Mi Nino. Das du mir dann gut auf mi cielo aufpasst, hörst du?" Sie lächelte sanft, während sie diese Worte sagte und es waren Worte, die ihm die Röte ins Gesicht jagten. Es war ihm irgendwie peinlich. „Wollten wir nicht malen?" Fragte er deswegen schnippig. Doch Naia störte sich daran nicht. Sie schien einfach fröhlich. „Ja stimmt! Folg mir. Es liegt dort hinten. Das ist mein Tisch." Sie strahlte breit und Arran folgte ihr verwirrt. „Warum bist du eigentlich so unerschütterlich glücklich?" Es waren Kinder, die die direktesten und wichtigsten Fragen stellten. Naia blieb stehen und nun zeigte sich doch etwas trauriges auf ihrem Gesicht. „Ich hatte bis jetzt keine Freunde, seit ich ins Barrio kam. Ich war oft krank und die anderen Kinder haben mich gemieden. Deshalb muss ich heute doch glücklich sein. Endlich hab ich jemanden zum spielen!" Die Traurigkeit wurde zu ehrlicher Freude. Etwas daran steckte ihn an. „So gehts mir auch." Gab er endlich zu, als sie ihm auch schon die Stifte hinhielt. „Hier das ist mein Lieblingsstift." Er sah überrascht aus, als sie ihm einen roten Stift hinhielt. „Dann kannst du dich malen! Mit deinen Haaren!" Sagte sie grinsend und er grinste zurück. „Quatsch ich male Glumanda!" Naia blinzelte verwirrt. „Du malst was?" Arran fiel fast die Kinnlade herunter. „Ja aber! Du musst doch Glumanda kennen. Oder Pikachu?" Er sah immer mehr Verwunderung. „Schaust du kein Fernsehn?" Fragte er geschockt und ihre Wangen färbten sich rot. „Nana sagt das Leben ist zu kurz um es vor dem Fernseher zu verbringen. Ich darf ab und zu einen Disney Film sehen!" Dabei lächelte sie irgendwo zwischen Verlegenheit und Stolz und Arran war regelrecht buff. „Nana du musst Naia Pokemon schauen lassen!" Rief er laut und Nana lachte nur. „Nur über meine Leiche mi Nino. Nur über meine Leiche!"


Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt