Kapitel 33

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Im Fernsehen lief gerade eine Telenovela, die Arran sowas von gar nicht interessierte. Doch es war ihm egal. Er saß mit Naia zusammen auf dem Sofa und sah sie trotzdem. Seit dem Tod seiner Mutter schätze er die gemeinsame Zeit, die sie verbringen konnten viel mehr. Wenn er die Wahl hatte allein seine Ruhe zu haben oder etwas dummes mit dem Rest zu sehen. Dann wählte er den Rest. Er hatte das Gefühl jeden einzelnen Augenblick genießen zu wollen. Augenblicke, wie diese. Naia lachte glücklich über einen Witz in der Serie und er lächelte, weil er sie heimlich beobachtete. All die Zeit überlagerten düstere Gedanken seine Welt. Was er tun sollte. Wohin er gehen sollte. Wie er sie retten konnte. Nur für die Momente mit ihr verstummten all diese Stimmen. Als sie seinen Blick spürte und aufblickte, sah er sofort zum Fernseher, als wäre nichts gewesen. Alles was er hörte war ihr schnauben. „Ich weiß das du mich anschaust. Also. Warum schaust du?" Fragte sie und er fühlte sich ertappt. Sehr sogar. Was sollte er darauf antworten? Hey ich wollte dein Gesicht sehen, weil es mich beruhigt? Ich könnte bald etwas dummes tun? „Ich hab mich was gefragt Naia." „Achja?" Langsam holten ihn seine Gedanken wieder ein und dort war ein Wunsch in ihm ihr alles zu erzählen. Doch, ob es Dummheit war oder sonst etwas. Er verschwieg es. „Wenn wir studiert haben. Was hast du dann vor?" Fragte er beiläufig und jetzt sah er offen zu ihr. Sie sah überrascht zu ihm hinauf. Dann traurig fort. Wo war das Strahlen, das er erwartet hatte? Wo die Freude über die Zukunft zu träumen? Für einen Moment schloss sie die Augen. Was hatte er verpasst? Was war in ihrem Leben passiert, das er wegen seiner eigenen Sorgen nicht wahrgenommen hatte? „Ich.." Fing sie zögerlich an. Wandte den Kopf fort und er berührte ihre Hand. „Naia. Rede mit mir.. Was ist passiert? Du kannst mir alles sagen." „Achja?" Ihre blauen Augen sahen wieder in seine. Sah sie noch trauriger aus? „Sagst du mir alles?" Fragte sie einem Messerstich gleich. Er zwang sich nicht fort zu blicken. All die Geheimnisse nicht zu verraten. „Es sind die Briefe, nicht wahr?" Seine Augen weiteten sich und er sah sie sprachlos an. Er hatte das Woher gerade einmal gedacht, da lächelte sie schwach. „Sie kamen nicht und die Frist war längst abgelaufen. Ich habe dort angerufen. Bei jeder einzelnen Universität. Nach der ersten wusste ich es. Habe trotzdem weiter nachgefragt. Sie sagten mir alle das selbe. Sie haben ihre Absage bereits per Post erhalten. Sie bedauern uns ablehnen zu müssen." Es war schmerzhaft zu sehen, wie sie schwer schluckte und ihr Blick noch trauriger wurde. „Wo sind sie?" Fragte sie endlich und sein Blick glitt zu Summers Zimmertür. „Meine Mutter hatte sie versteckt." Sagte er endlich ehrliche Worte. „Ich hab sie gefunden, als ich Bilder suchte." Naia nickte, als hatte sie sich das längst gedacht. Arran hielt noch immer ihre Hand und jetzt griff er fester danach. „Naia. Ich werde mir einen Job suchen und hart Arbeiten. Ich werde irgendwas finden. Bitte, geh wenigstens du. Wir finden einen Weg für dich!" Naia sah ihn mit dem traurigsten Blick an, den er je gesehen hatte. Einer, der tief im Herzen stach und schmerzte. „Es geht mir nicht darum wohin ich gehe, sondern mit wem, Arran. Una familia ist für mich nicht nur ein Wort, es ist mein Leben. Ich würde niemals gehen und meine Familie zurücklassen. Lieber lebe ich in Armut mit der wenigen Zeit, die vielleicht bleiben mag, als irgendwo allein in Sicherheit. Ich kann hier fotografieren und besser werden. Außerdem." Sie zögerte noch einmal, während es Arrans Herz immer weiter zusammenzog. Er wusste, das was auch immer jetzt kam, es würde ihm endgültig den Gnadenstoß geben. Etwas, das er verpasst hatte. Etwas, wichtiges. Ein Grund warum sie niemals gehen würde. „Nana." Fing sie an und sofort dachte Arran an all die Arztbesuche in letzter Zeit. Er hatte ihnen keine Bedeutung geschenkt, weil er ja wichtigere Dinge zu tun hatte. Jetzt wusste er, das er ihnen hätte Beachtung schenken sollen. Er hatte auch das übersehen. „Ellas Mam ist Arzthelferin in der Arztpraxis zu der Nana geht. Ella hat es mir im Vertrauen gesagt. Nana müsste eigentlich in ein Krankenhaus. Sie bräuchte eigentlich eine Therapie, doch sie kann sich die Kosten nicht leisten. Selbst dann ist es nur noch eine Frage der Zeit. Selbst wenn wir Zusagen bekommen hätten, Arran, ich wäre nicht gefahren. Nana hat alles für mich getan, obwohl sie die Arztkosten damals selber kaum stemmen konnte. Ich werde hier bleiben und arbeiten. Ich werde ihr die Arztkosten bezahlen und jeden Moment zusammen mit meiner Familie genießen. Das ist wichtiger als jede Sicherheit Arran." Sie sah ihn mit Stärke in den Augen an und er wusste, das er ihr nicht das Wasser reichen konnte. In tausend Leben nicht. Und er wusste eines. Während er einfach seine Arme um sie Schlang und sie an sich drückte, da wusste er es. Das Viertel bedeutete ihm nichts. Er liebte es nicht wie Rico es liebte. Doch er liebte die Menschen in diesem Viertel und unter ihnen waren die wichtigsten. Nana und Naia. So gleichgültig ihm das Viertel war, so sehr liebte es Naia und er wollte es beschützen. Für sie. Sunburn war für sie Heimat. Sie war hier glücklich. Sie kannte die Nachbarn, die Leute. Sie hatten die Feste. Naia liebte das alles. Und er, er würde dafür Sorgen, das es so blieb. Das sie auch hier in Sicherheit war. Er hatte es sich geschworen und in diesem Moment wusste er, das es die einzige Wahrheit war. Lieber verlor er sich selber, als noch einen wichtigen Menschen zu verlieren, wie er seine Eltern verloren hatte. „Arran." Sprach Naia verloren und er lächelte in ihr Haar. „Wir werden bleiben Naia. Wir werden bleiben und unser bestes geben. Ich werde euch beschützen." Noch immer lief die Telenovela im Hintergrund, doch die Beiden konnten sie nicht mehr hören. Nahmen sie nicht wahr. Sie hatte jede Bedeutung verloren. „Arran ich.." Mit belegter Stimme begann Naia zu begreifen was ihre Entscheidung für Arran bedeutete. Sie suchte Worte um das zu verhindern, doch die gab es nicht mehr. Er hatte in diesem Moment entschieden und sie war feinfühlig genug um das zu wissen. Sicher bereute sie ihre Worte, so sehr sie auch hinter ihnen stand. „Tu es nicht Arran." Brachte sie endlich heraus. „Mi cielo." Flüsterte Arran Worten, die er noch nie gesprochen hatte. „Nana hatte Recht. Du bist wie der Himmel und ich werde nicht zulassen, das es ein in Abendrot getauchter Himmel wird." Sie zuckte und er drückte sie ein Stück fester an sich. „Arran. Der in Rot getauchte Abendhimmel ist der schönste!" Sie begann zu zittern, während auf seinen Lippen ein Lächeln lag. „Ich werde diese Röte und ich werde sie von dir fernhalten. Egal, was das kostet." Stille. Langsam ließ er sie los und so stark sie auch war. In diesem Moment war sie zu getroffen von seiner Entscheidung. Sie saß einfach da und blickte mit Tränen zu ihm hinauf. Ihr Mund war offen. Sie suchte verzweifelt Worte um all das rückgängig zu machen. Doch sie kannte ihn und sie wusste wie er fühlte und in diesem Moment war das ein Nachteil. In diesem Moment nahm es ihr all die Stärke, die sie hatte. Langsam richtete er sich auf und verließ das Wohnzimmer. Er packte mit einer Gewissheit als hatte er die Kleidung innerlich längst verplant gehabt. Naia kam nicht. Hielt ihn nicht auf. Er wusste das sein Himmel gerade vom Regen verborgen war, doch der Regen würde irgendwann wieder weiterziehen und dann. Dann würde sein Himmel wieder hell und blau leuchten. Die Sonne einen blenden. Als er gepackt hatte, griff er die Tasche und verließ seinen Dachschuppen, dann das Haus, dann den Platz vor dem Haus. Er ging mit einem Plan, den er unbewusst längst geschmiedet hatte. Fort von seinem Himmel und fort von seiner Familie.

Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt