Kapitel 85.1

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Er sah es in den Augenwinkeln. Jemand hatte darauf gewartet, doch nicht schnell genug reagiert. Arran entwich den ersten Schüssen, als er über den Boden davonrollte und Schutz hinter einem Bett fand. Er hörte Schritte an der Häuserwand. Rascal folgte ihm tatsächlich und so zog Arran seine Waffe und sprang auf. Es war Schusswaffe gegen Schusswaffe, doch Arran gewann. Während seine Kugel das Ziel fand, war die Kugel seines Gegners irgendwo zwischen Arran und Rascal in die Wand gekracht. Es waren Schritte vor der Tür zu hören. Jemand kam den Flur entlang zu ihnen. „Überlass den mir." Flüsterte Rascal. Er hatte es tatsächlich ins Zimmer geschafft und das obwohl das Fenster mindestens noch einen Meter höher war als die Steinmauer und Rascal Höhenangst hatte. Wieder wollte Arran widersprechen und es zusammen durchziehen. Doch dazu hatte er schon zu viel geopfert. Er drückte sich einfach an die Wand neben der Tür während Rascal sich offen in den Raum stellte. Die Tür krachte auf. Shira sprang herein und zielte auf Rascal. Arran drückte sich einfach hinter ihr aus dem Raum. Sie bemerkte ihn. Wollte ihm hinterher, doch Rascal beschoss sie und sie musste zurückweichen. Mehr sah Arran nicht, da war er auf dem Gang. Zwei Wachen waren mit Shira gekommen. Arran ging in die Knie, nur um eines seiner Beine auszustrecken und die Wachen in einer Drehbewegung zu Boden zu reißen. Während die Beiden die Welt auf eine neue Weise sahen, sprang Arran auf. Die Decke war das Letzte, das Beide sahen, da trafen sie Arrans Kugeln in den Kopf. Nicht weit entfernt waren weitere Feinde. Arran zögerte nicht, trotz all der Gewissensbisse, die er dank Naia empfand. Er sprang zur Seite und versteckte sich hinter einem Türrahmen, nur um die ersten Schüsse abzuwarten und hervorzuspringen. Wieder schoss er und er traf, das selbst Rico beeindruckt gewesen wäre. Der Nervenkitzel und seine Entschlossenheit gaben ihm einen Fokus, wie er ihn nur selten zur Verfügung hatte. Es war als konnte er mehr als 100% seiner Fähigkeiten abrufen. Mit dieser vollen Leistung rannte er weiter. Er hörte Schritte auf einer Treppe und er wusste, es ging noch ein Stockwerk höher. Dort würde er sie finden. Im Moment zwischen zwei Herzschlägen sprang er um die Ecke und schoss erneut. Man war nie zielsicherer, als zwischen zwei Herzschlägen, wenn der Atem für einen Moment stoppte und der Körper völlig ruhig war. Arran wartete nichtmal, bis die toten Körper die Treppe runter rollten. Er rannte einfach weiter, als hatte er immer gewusst, das seine Kugeln ihr Ziel nicht verfehlten. Er war schon halb die Treppe hoch, als er den ersten dumpfen Aufschlag hörte. Dann rumpelte etwas die Treppen herab, als er das zweiten Stock erreichte. Mit einem Mal war dort nur noch die offene Tür und die zwei Männer, auf die er den ganzen Abend gewartet hatte. Tomás und Blanco. Er wusste, das sie dort waren und doch stoppte er. Erstarrte förmlich. „Scheint, als hat jemand unseren Code durchschaut." Erklang Blancos Erkenntnis. Es war eine Stimme, wie flüssiges Eis, die Arran völlig lahmlegte. Angst in ihm hochsteigen ließ. Ihn an all seine Ehrfurcht erinnerte. Schritte erklangen und unbedacht machte er einen Schritt zurück. Etwas in ihm wollte fliehen, obwohl dort die Gewissheit war, das die Beiden nicht stärker waren als er. Trotzdem spürte er wieder diese Angst. Dieses Unbehagen, das man in ihrer Nähe einfach empfand. „Das glaube ich nicht. Jemand hat gut geraten." Antwortete Tomás und weitere Schritte erklangen. Hin zu Arran und diesmal zwang er sich nicht noch einen Schritt zurück zu machen. Wie lange wollte er noch vor diesen Menschen Angst haben? Wie lange wollte er unterwürfig sein? Die Beiden waren nicht länger seine Anführer. Er brauchte ihren Schutz nicht länger. Ihr Wohlwollen. Er war nicht mehr Teil einer ihrer Gangs. Er war nicht länger Rojo. Es wurde Zeit, das er das Begriff. Mit einem langen schweren Atemzug drückte er all seine Sorgen fort. Machte einen entschiedenen Schritt vorwärts. Dann noch einen, bis er das Zimmer erreichte und mit erhobener Waffe vor Blanco und Tomás trat. Mit einem Schlag stand er ihnen gegenüber und sie ihm. Sie alle hatten die Waffe erhoben. Er sah Überraschung in ihren Gesichtern. Jetzt, wo er all seine Angst fortschob, erkannte er die Sorge in ihren Augen. „Du warst es also. Rojo." Erkannte Blanco, doch Tomás schüttelte den Kopf. „Er ist nicht fähig genug. Er hatte Hilfe von Juan. Er hatte Hilfe von ihr." Blanco, so überheblich wie er war, drehte Arran einfach den Kopf weg und sah zu Tomás. „Ah du meinst Marcos Tochter? Ich muss gestehen, Marco hätte uns sicher durchschaut. Hat sie ihn hier her geführt?" Wieder war dort diese Ehrfurcht in Arran. All die Jahre hatte er Angst vor Blanco empfunden. Hatte sich ihm unterworfen. Ein Teil in ihm, war noch immer da. Ein Teil in ihm, wollte das noch immer. In diesem Moment kämpfte er gegen sich selber und er brauchte dafür Zeit. „Sie ist nicht hier. Ich bin ohne sie gekommen." Antwortete er endlich und Blanco sah wieder zu ihm. „Und wenn schon. Du hast nicht die Nerven um mich zu erschießen. Töte mich und meine Leute werden dich jagen. Oder willst du gar meinen Thron?" Fragte Blanco. Selbstsicher löste er sich von seinem Platz und trat einen Schritt näher, als wollte er Arran beweisen, das er mehr Mut besaß als der Rothaarige. „Egal was du tust. Du kannst niemals fliehen Rojo. Du wirst sterben und sie mit dir." Blancos Augen glitten an Arran vorbei hinaus in den Gang und in diesem Moment begriff es Arran. Blanco wartete auf Naranja. Tomás wartete auf Shira. Sie Beide warteten darauf das ihre Hilfe kam und zu Arrans Freude begriff er. Das die Beiden nicht kamen. Er wusste nicht wie es Rico, Leo und Rascal ging, doch sie waren noch nicht besiegt und die zwei Generäle noch nicht hier oben. Die Einzig unfähigen hier, waren Blanco und Tomás. Vor was hatte er Angst? Vor was Respekt? Diese zwei Männer vor ihm waren nichts ohne ihre Untergebenen. Sie waren schlau und gerissen. Sie spielten Menschen gegeneinander aus, doch sie waren völlig nutzlos in einem Kampf. Endlich hob Arran die Waffe. Tomás schoss. Arran musste gerade einmal den Kopf leicht zur Seite legen, um dem Schuss zu entkommen. Tomás war ein fürchterlicher Schütze. Arran dagegen war ein exzellenter Kämpfer. Er zielte auf Tomás und lachte finster auf. „All die Jahre hatte ich Angst vor euch. Jetzt frage ich mich vor was ich Angst hatte." Erkannte er bitter. Trat einen Schritt vor. Nun zielte Blanco, doch Arran schoss rasend schnell und traf Blanco an der Hand. Er schrie auf und ließ die Waffe fallen. Es stimmte. In diesem Moment war keiner der Beiden ihm überlegen. „NARANJA!" Brüllte Blanco laut und Arran sah wie Tomás Hand zu zittern begann. Wie er zurückwich. Angst empfand, die sonst all ihre Männer immer empfanden. „Er kommt nicht. Genauso wenig wie Shira. Meine Männer sind besser als eure." Erkannte er endlich. Trat noch einen Schritt vor. „Naia und ich haben euch besiegt. Ihr werdet sterben und danach wird das Militär Milestone befreien. Wenn ihr erstmal Tod seit, wird niemand jemals wissen, das ich hier war. Ihr habt euch zu viele Feinde gemacht. Blanco. Tomás." Tomás wollte schießen, doch Arran war wieder schneller. Er verfehlte nur, weil Tomás erschrocken seine Waffe fallen ließ und zurückwich. All die Jahre hatte Arran Angst empfunden nur um in diesem Moment zu erkennen, das es eine unbegründete Angst war. „Wir haben Geld. Du kannst einen Teil von Milestone haben." Bot Blanco plötzlich. „Du kannst mit uns Las Floras wieder aufbauen und ein Anführer werden." Aus Arrans bodenloser Angst wurde Mitleid, als er erkannte wie armselig die Beiden waren. Das sie noch immer glaubten das ihre Ziele, die einzigen waren, die alle Antrieb. Nichts davon würde Arran jemals überzeugen. Er sah das ihre Lippen sich bewegten. Das sie ihm mehr boten, doch er hörte es nicht mehr. Stattdessen griff er mit seiner freien Hand in seine Hose und zog eine zweite Waffe hervor. Entsiegelte sie mit einer Hand. Dann zielte er auf Beide mit jeweils einer Waffe. Sofort verstummten Beiden. Dann schoss Arran ein letztes Mal in seinem Leben. Die letzten zwei Patronen. Die letzten Menschen, die durch seine Kugeln niedergestreckt wurden. Starben. Es waren die letzten, doch es waren die entscheidenden. Damit würde er niemals wieder einen Fuß nach Milestone setzten können. Er würde sich Feinde machen. Bei jedem, der diesem Kampf entging und irgendwann Rachen wollte. Arran wusste das und trotzdem drückte er ab. Beendete mit seinen eigenen Händen eine Ära der Intrigen und Verrats. Von Bandengewalt. Alles was er hoffte war, das Guevara Milestone von alle dem befreite. Seine Schüsse trafen und wie in Zeitlupe beobachtete Arran, wie Blanco und Tomás langsam in sich zusammensackten. Fast kampflos waren sie gestorben. Unfähig sich selbst zu retten. Im Nachhinein war es erbärmlich einfach gewesen. Ohne all ihren erzwungenen Respekt. Ohne ihre wilden Intrigen und ihrem Kontrollwahn waren dort nicht mehr gewesen als feige Angsthasen, die noch nie selbst gekämpft hatten. Es hätte so einfach sein können. Es hätte all diese Tote niemals gebraucht. Sie waren Tod. Es war vorbei.


Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt