Naia blickte in den Spiegel. Sie sah hübsch aus. Ihr Makeup saß besser als je zuvor und die Shorts mit Bluse standen ihr wirklich gut. Doch es fehlte etwas. Er fehlte. Er war nun schon seit einem Jahr fort ohne sich gemeldet zu haben. Nicht ein einziges Wort. Lebte er überhaupt noch? Sie schluckte und schloss kurz die Augen, als es an der Tür klopfte. Fast schon hoffnungsvoll hob sie den Blick. Hoffte er würde dagegen klopfen und sie anmotzen, das sie schon wieder zu spät kamen. Doch es war Nana. "Mi Cielo. Deine Freunde sind da, sie wollen dich abholen." Ein letztes Mal blickte sie zum Spiegel, ehe sie sich auf die Backen schlug. "Reiß dich zusammen." Sie zog ihre Mundwinkel hoch, bis ihr ein Lächeln entgegenblickte, das sie einigermaßen mochte. Dann lief sie zur Tür und zog sie auf. Nana blickte sie traurig an. Natürlich wusste ihre Nana Bescheid. Durchschaute sie wie jeder andere auch. Doch Naia hatte sich vorgenommen kein Trübsinn zu blasen, egal wie schwer es war. "Also Nana. Bis heute Abend." Sie drückte ihrer Großmutter einen Schmatzer auf die Wange, ehe sie ihre Tasche packte und zur Haustür eilte. "Sei vorsichtig hörst du! Bleib bei deinen Freunden!" "Jahaaa." Rief sie noch, dann erreichte sie die offene Wohnungstür. Jacob und Kiki lehnten am Geländer und blickten auf als Naia austrat. "Hey entschuldigt. Ich werds wohl nie lernen." Sie würden auf den Rummel gehen. Es war das erste Mal ohne Arran und sie sah die selbe Traurigkeit in den Gesichtern ihrer Freunde, die sie schon an Nana gesehen hatten. Sie ignorierte auch das, griff nach den Händen und zog sie mit sich. "Na kommt schon. Ich will heut alles fahren! Nicht das die Schlangen so lang sind das wir nicht alles schaffen." Kiki und Jacob folgten ihr, doch sie sah nicht zu ihnen zurück. Als sie unten ankamen, waren dort auch noch die anderen von ihrer Clique. Sie liefen zusammen los und taten als würde niemand fehlen. Fuhren mit allem was dort jedes Jahr zu finden war. Aßen Hotdogs und Zuckerwatte. Sie waren jetzt 17, fast 18. In ihrer Gruppe hatten sich einige Pärchen gebildet, die sich nun fröhlich am Riesenrad anstellten. Es war das einzige, zu dem sich Naia nicht bringen konnte. "Ich warte dort drüben ja?" Sagte sie lächelnd und wandte sich ab. Sie lief zu der Bank und setzte sich. Zu ihrer Überraschung gesellte sich Jacob zu ihr. "Ziemlich nervig mit all den Pärchen oder?" Scherzte er und sie grinste ihm zu. "Du hättest die Chance ergreifen sollen. Kiki hat ein Auge auf dich geworfen." Ihr Lächeln wurde breiter, doch er schüttelte den Kopf. "Und morgen steht sie auf Justin. Sie steht doch immer auf jemand neues." "Da hast du wohl recht." Stille legte sich über sie, als Naias Blick fort glitt. Ihre Augen gingen in eine bestimmte Richtung. "Was hälst du von Slushy?" Fragte Jacob plötzlich und Naia sah verwundert zu ihm. "Na komm. Es ist heute wieder so unglaublich schwül. Ich brauch ne Abkühlung und die anderen brauchen ja noch eine Weile." Er stand auf und zog sie einfach mit sie. Je näher sie Louis kamen, desto mehr hatte Naia das Gefühl einen Verrat zu begehen. Das Slushy. Das war Arran und ihr Ding gewesen. Sie wollte es nicht ohne ihn. Doch Jacob zog sie einfach weiter. Kaufte das Slushy und drückte es ihr in die Hand. Fast schon automatisch lief Naia mit dem Eis fort Richtung Fluss. "Du solltest es Essen bevor es Wasser ist." Sagte er, als sie es nicht anrührte. Sie schluckte und starrte auf das blaue Zeug. Sie hatte es seit einem Jahr geschafft zu Lächeln, doch jetzt schaffte sie es nicht. Also hob sie den Löffel und stopfte sich einfach hastig mehrere Happen hinein. "Gehirnfrost!" Sagte sie plötzlich, als es ihr Gehirn zusammenzog. Jacob lachte auf. "Was hast du erwartet?" "Ich gestehe, ich liebe das Gefühl von Gehirnfrost. Das macht irgendwie Spaß." "Du hast eine seltsame Definition von Spaß." Erkannte Jacob amüsiert, als sie gerade den Fluss erreichten. "Ach komm. Probier es aus. Es macht wirklich Spaß!" Sie grinste ihm zu, dann glitten ihre Augen weiter. Strichen über den Fluss und sie überlegte wo sie sich anlehnen sollte, als sie einen Becher sah. Er steckte in dem Gebüsch neben dem Mülleimer, weil dieser bereits überquoll. Der Strohhalm war oben zerbissen und das kleine Logo war angekratzt. Völlig perplex blieb sie stehen und ihre Augen wurden groß als sie herumwirbelte und über die Menge blickte. Er war hier gewesen. Ihr Herz klopfte wie wild. War er noch in der Nähe? Doch egal wie lange sie über die Menge blickte, sie konnte nirgends rotes Haar erkennen. Er hatte eh schon immer dazu tendiert es unter seinem Hoodie zu verstecken. Jetzt sicher mehr denn je. "Naia?" Fragte Jacob verwirrt, als Naia den Blick senkte und zum Geländer ging um sich anzulehnen. Sie musste schwer schlucken um ihre Gefühle langsam unter Kontrolle zu bekommen. Sie spürte Jacobs Blick, doch sie schaffte es nicht etwas zu sagen. Sie aß einfach stumm ihr Slushy während sie aus den Augenwinkeln den Becher betrachtete. "Ist alles ok?" Fragte Jacob noch einmal und endlich löste sie ihren Blick davon. Er lebte. Wenigstens lebte er noch. "Ich hätte diesem dummen Werewolf sagen sollen was ich fühle. Vielleicht wäre er dann nicht gegangen." Sagte sie plötzlich und sah traurig lächelnd zu Jacob. Mitleid lag auf seinem Gesicht. "Es sind schon ein paar meiner Freunde einer Gang beigetreten und nicht mehr zum Fußball oder uns gekommen. Wenn ich eines gelernt habe, dann das man sagen kann was man will. Es ändert nichts. Wenn sie glauben gehen zu müssen, dann gehen sie. Vielleicht ist es besser so. Wäre es nicht schlimmer, er wäre gegangen obwohl du es ihm gesagt hast?" >Nana hatte recht. Mi Cielo.< Sie spürte noch immer den Kuss auf ihrem Haar. Plötzlich nahm sie ihren Becher und schüttete das ganze restliche Slushy in sich hinein. "Naia! Bist du verrückt?!" Fragte Jacob besorgt, während Naia das Gefühl hatte ihr Kopf gefror zu Eis. Es schüttelte sie eine ganze Weile. Bis es endlich endete und sie grinste. "Da, die anderen kommen." Sie löste sich vom Geländer und presste ihren leeren Becher einfach in Arrans hinein, als auch schon Kiki auftauchte. "Na ihr zwei? Habt ihr uns schon vermisst?" "Ja tierisch. Ein wichtiger Tipp im Leben. Ein halber Becher Slushy auf einmal tötet dein Gehirn fast ab." Jacobs Blicke ignorierte sie einfach.
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Sein roter Himmel - Su Cielo Rojo
Roman d'amourManchmal fängt es als Freundschaft an. Als kleine Kinder, die wie Geschwister aufwachsen. Zusammenwachsen, bis sie sich ein Leben ohne einander nicht mehr vorstellen können. Wohin kann eine solche Verbindung führen, in einer Stadt, die unter den stä...