Kapitel 67.1

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Arran betrachtete den Mann vor sich. Um die 60. Durchtrainierter breiter Rücken, gerade Haltung, kurzgeschorenes graues Haar. Seine Nase war mindestens einmal gebrochen gewesen und wirkte leicht platt gedrückt. Seine schwarzen Augen waren wach und fokussiert. Er trug, als einziger in diesem Raum, ein Militäroutfit, das von zahlreichen Abzeichen übersät war. „Das ist er also. Der gefürchtete Rojo höchst persönlich." Arran hatte langsam wirklich genug. Wenn der General nicht hier war um ihm zu helfen, dann würde Rojo sich nicht ergeben. Er hatte zu viel zu verlieren, als das er jetzt aufgab. So richtete er sich zu seiner vollen Größe auf und zog sich die Kapuze vom Kopf. Entblößte damit sein unverkennbares rotes Haar. Er würde keine Schwäche mehr zeigen. Nicht hier und jetzt. „General Guevara de la Serna. Was verschafft mir die Ehre?" Arran dachte nicht im Traum daran seine Waffe zu senken, während der General nickte. „Ich bevorzuge General Guevara." Auch er schien nicht im Traum daran zu denken vor Arrans Waffe zurück zu weichen. Zugegeben. Selbstbewusst war der Mann. „Ich muss gestehen. Ich hatte vorgehabt die Falle zu nutzen um dich allein Ding fest zu machen Rojo. Aber was du gerade im Vertrauen erzählt hast, hat mein Interesse geweckt. Rascal gute Arbeit." „Danke." Erklang es hinter Arran. Es entging dem Rothaarigen nicht, wie Rascal diese Worte zwischen seine zusammen gepressten Zähne quetschte. Das er von all dem hier nichts geahnt hatte, traf ihn schwer. „Also was wollen sie?" Fragte Arran direkt heraus. Sollte er fliehen? Dort war noch immer das Fenster. Vielleicht ein Schuss ins Bein? In seinem Kopf arbeitete es, während der General die Hände auf dem Rücken verschränkte. Etwas, das ihn noch eindrucksvoller aussehen ließ. Noch breiter und stabiler. „Ich muss zugeben. Es überrascht mich den General hier höchst persönlich zu treffen. Habt ihr für sowas nicht Untergebene?" Der General musterte Arran, ehe er nickte. „Ja, aber ich bin kein Schreibtischgeneral. Wenn meine Männer sich in Gefahr bringen können, kann ich das auch. Außerdem gehen viele Informationen verloren, durch je mehr Münder sie wandern." Mit anderen Worten. General Guevara wusste von all den Spitzeln in seinen Reihen. „Und ich muss gestehen, deine Geschichte war es wert, sich in Gefahr zu bringen. Hier haben wir den vielleicht einzigen Mann, der Blanco und seinen Widersacher Tomás kennen gelernt hat. Der Tomás Versteck kennt und vermutlich ahnt wo Blanco sich aufhält. Ich wusste du hast wert Rojo, aber ich habe ihn eindeutig unterschätzt. Natürlich habe ich jetzt eine Frage. Blanco und Tomás. Was hat dich so wertvoll für sie beide gemacht. Liegt es an Rojos Cielo?" Natürlich. General Guevara musste alles von Rascal gehört haben. Vielleicht auch von Rico und Leo. Über Rojos Cielo. Über ihn. „Ich werde ihnen das niemals verraten, Herr General. Aber ich biete ihnen meine Hilfe an. Das könnte eine Chance sein. Eine Größere, als nur mich gefangen zu nehmen." General Guevara schnaubte amüsiert. „Welchen größeren Wert hätte es dich zu benutzen, statt direkt deine Informationen zu verwenden?" „Sie sagten es doch schon. Ich bin vielleicht der Einzige, der Blanco und Tomás Interesse gleichzeitig geweckt hat und ich bin gut genug, um an sie heran zu kommen. Ich habe Männer bei Lirio. Mehr noch als Rico und Leo hier. Und ich kenne Männer aus Tomás Reihen." General Guevara begann zu nicken. „Ach ja. Clavol. Ich habe dir gebannt gelauscht. Da stellt sich mir doch die Frage, wer hinter Clavol steckt. Sicher sind sie die Männer aus Mortes Reihen. Da drängt sich mir eine zweite Frage auf. Was ist Clavols Motivation?" Guevara sah erst nachdenklich durch den Raum, dann fokussierte er Arran als hatte er ihn vollkommen durchschaut. „Müsste ich raten, ich würde sagen. Rojos Cielo. Was macht das Mädchen so besonders und wo ist sie?" Arrans Blick wurde kalt. „Was uns motiviert und was nicht, muss sie nicht interessieren." Kurz zog ein Lächeln über General Guevaras Lippen, als wäre ihm das Antwort genug gewesen. „Sondern es soll mich allein das Ziel interessieren? Blanco und Tomás Tod. Milestone ohne Mafia." „Genau." „Du glaubst ich vertraue deinen Worten, ohne irgendeinen Beweis? Ohne eine Absicherung?" Arran spürte, wie die Waffen genauer auf ihn zielten. Bereit waren ihn niederzustrecken, wenn er jetzt falsch zuckte. Und auch er hielt seine Waffe noch immer oben. Bereit sich zu wehren, sollten sie versuchen ihn gefangen zu nehmen. „Welches Risiko droht euch? Clavol und ich werden uns um die Gruppen kümmern. Alles, was für euch übrig bleibt, ist die Reste einzufangen." Langsam setzte sich General Guevara in Bewegung. „Ah. Das ist dein Plan? Du willst die Köpfe der Hydra abschlagen und dann mit Rojos Cielo verschwinden. Vermutlich auch der Rest von Clavol. Wir können dann die Drecksarbeit für euch erledigen." „Und den Ruhm einkassieren." Fügte Arran überzeugt hinzu. „Ihr bekommt Milestone zurück und wir unseren Frieden. Und ich will das meine Akten aus euren Unterlagen verschwinden." Nun blieb General Guevara überrascht stehen. Sah Arran an, als sähe er etwas äußerst faszinierendes. „Du glaubst wirklich in der Verfassung zu sein, Forderungen zu stellen? Du weißt, das dort die besten meiner Männer stehen. So gut du auch bist. Eine Bewegung von mir und du bist Tod." „Wenn ich sterbe, könnte euch die wohl beste Gelegenheit verloren gehen um Milestone endlich von der Mafia zu säubern. Die Abzeichen für so eine Leistung würden vermutlich nicht mehr auf ihre Kleidung passen." Guevara sah kurz auf eines hinab. „Abzeichen sind nicht immer der größte Anreiz." Arran musterte Guevara und er begriff eines. Nicht nur er hatte eine Motivation. Auch Guevara musste eine haben. Wenn Naia jetzt hier wäre, sie würde Guevara durchschauen. Sie könnte sicher sehen, was Arran nicht sah. Doch wer sagte, das er das nicht auch konnte? Was würde einen General dazu bewegen, bis nach Milestone zu kommen nur um sicher zu gehen, das er keine wichtigen Informationen verlor. Er war nicht nur einfach ein selbstüberzeugter Mann. Er war ein Mann, der sich den Respekt erarbeitet hatte und nicht durch Druckmittel erzeugte, wie es Tomás oder Blanco taten. Er sagte von sich selbst, das er kein Schreibtischgeneral war. „Dann sollte ich wohl nach ihrem Motiv fragen. Wenn sie extra dafür in dieses Drecksloch kommen, dann liegt ihnen viel daran, das Lirio und Mortes fallen." Naia. Hauchte er in seinem Kopf. Was würde Naia sehen. Er hatte es doch bereits mehrfach miterlebt. Er hatte Marco beobachten dürfen. Die kleinsten Details an jemanden konnten den Ausschlag geben. Was konnte einen ausgezeichneten General dazu bringen, hier her zu kommen und seinen eigenen Kopf zu riskieren? Ging es nicht immer um Familie und Verrat? Ihn hatte man mit Naia erpresst. Brook mit Z. Azul, der vernachlässigte Sohn. Der Mann, den Marco verhörte. Die Familie. Hatte Marco nicht auch geraten? „Die Mafia in dieser Stadt hat ihnen persönlich etwas genommen. Etwas das ihnen wichtig war." Achte auf jedes Augenzucken. Auf jeden verräterischen Atemzug. Jede ungewöhnliche Geste. „Im Grunde geht es immer um die Familie. Sie sind alt. Alt genug für Frau und Kind. Wollen sie Rache Herr General? Wen hat die Mafia getötet, der ihnen so wichtig war?" Guevara blieb stehen. In seinem Gesicht rührte sich etwas. Es war Überraschung. Seine schwarzen Augen legten sich auf Arran und es war, als sah Arran ein Raubtier bereit zum Sprung. Es wurde still. Totenstill. Niemand rührte sich. Niemand wagte es zu atmen. Sie alle warteten darauf, das die Stimmung kippte und es zum Schusswechsel kam. Jeder wartete auf Tote und Arran wusste. Stünde ihm nun Blanco oder Tomás gegenüber und er hätte diese Fragen gestellt, er wäre längst Tod. Allein aus der Tatsache heraus, weil er es gewagt hätte, ihnen einen Schwachpunkt zu unterstellen. Sie zu durchschauen. Er schluckte in dem Moment, als Guevara sich wegdrehte und zum Fenster lief. Jeder nahm einen beruhigten Atemzug. „Du bist clever." Brach Guevara sein Schweigen, während er hinaus blickte. Irgendwo am Horizont zeigte sich ein kleiner, heller, blauer Strich. Nicht mehr lang und ein neuer Tag würde Arran verraten, ob er dieses Aufeinandertreffen überleben würde. „Es wundert mich nicht, das du eine Farbe bei Lirio wurdest. Rascal hat, was deine Fähigkeiten betrifft, wirklich untertrieben. Du warst fürs Grobe bekannt." „Man wächst mit seinen Aufgaben." Sprach Arran scheinbar entspannt, während der General noch immer aus dem Fenster blickte. Er wich Arrans Blick aus. Er hatte Angst durchschaut zu werden. Oder überlegte er, ob er sein Geheimnis Preis gab? „Es war mein Sohn." Sagte Guevara überraschend. >War.< Vergangenheit. Er hatte also seinen Sohn verloren? „Er war vor mir der Zuständige für diese Operation. Einer seiner engsten Vertrauten war ein Spitzel Blancos. Blanco tötete ihn hinterrücks mit Gift und das obwohl Aaron nie auch nur einen Fuß nach Milestone gesetzt hatte." Das war es. Das war Arrans Chance. Das fühlte er. „Wäre Blancos Tod nicht verführerischer, als ihn nur hinter Gittern zu bringen?" Mit einem Mal drehte sich Guevara um und sah seine eigenen Männer an. „Schaltet die Abhörgeräte aus." Zum ersten Mal rührten sich die verkleideten Soldaten. Tauschten verwirrte Blicke aus, doch dann taten sie was ihr General von ihnen verlangte. Erst da trat Guevara näher. „Ich weiß nicht, ob du clever oder verrückt bist." Überlegte Guevara laut und Arran ließ seine Waffe sinken. „Ich bin ein Lirio geworden und dann ein Gefangener Mortes. Ich kann wohl kaum clever sein. Aber ich bin eines. Außerhalb des Gesetzes. Mich bändigen keine Regeln. Noch nicht, wenigstens." Arran wusste, das er jetzt alles auf eine Karte setzten musste. Wenn er Guevara nicht überzeugte, hatte er keine Chance. „Auch ich habe jemand, der mir alles bedeutet und dieser jemand hat es nicht verdient in all das hier hinein gezogen zu werden. Ich will sie retten und solange Blanco und Tomás leben, wird das niemals Realität werden. Sie hatten Recht, Herr General. Man will mich und man will sie und um sie zu retten muss ich die beseitigen, die das wollen. Sie haben eine gute Menschenkenntnis und sind erfahren. Sagen sie mir. Glauben sie ich meine das nicht ernst?" Jeder Muskel in Arrans Körper war angespannt, als er seine Waffe sicherte und sie wegsteckte. Er konnte all die fassungslosen Blicke spüren, die auf ihm lagen. Über die Forderung und sein Verhalten. Guevara starrte Arran an, als wollte er ihm jedes Geheimnis aus den Fingern reißen. Das war es. Das war der Beweis. Guevara wollte nicht nur einfach Milestone retten. Im Grunde war dem Mann die gesamte Stadt egal. Er wollte seinen Sohn rächen, doch reichte das um Arran in die Hände zu spielen? „Alle raus." Sagte Guevara plötzlich. Blickte in die Runde und löste seine Augen von Arran. Die Gesichter all seiner Untergebenen inklusive Rico und Leos waren pure Hilflosigkeit. Unsicher, was das alles bedeutete. Doch sie alle verließen den Raum und verschwanden. Wohin auch immer. „Wer sagt mir, das deine Überzeugung nicht daher ruht, das Tomás und Blanco deinen Cielo haben, Rojo?" Mit jedem Wort war Guevara näher getreten, bis sich diese imposante Person vor Arran aufbaute und Guevara war ein ganzes Stück größer als Arran. Guevara hatte sich jeden seiner Abzeichen mit harter Arbeit verdient. Er hatte in Kriegen gedient und vermutlich in seinem Leben mehr Menschen getötet als Arran. Wie konnte Arran Guevara davon überzeugen, das er die Wahrheit sprach, wenn Arran den einzigen Beweis dafür niemals auch nur in die Nähe von Guevara lassen würde. Er überlegte sie anzurufen und Guevara hören zu lassen, das es ihr gut ginge. Doch was würde das Guevara beweisen? Nichts. Es könnte noch immer Teil der Falle sein. Es gab nur eines, das das Beweisen könnte. Sie waren alleine. Ganz alleine. Niemand war in der Nähe und die Abhörgeräte ausgeschaltet. Guevara wollte einen Ort schaffen, bei dem nur sie beide die Wahrheit erfuhren. Sollte Arran seine Geheimnisse lüften? Es konnte auch noch immer eine Falle für ihn sein. Was sollte er tun? Konnte er Guevara vertrauen? Erst jetzt erkannte er, wie sehr er sich an Naias Einschätzungen gewöhnt hatte. Wie sehr er darauf vertraute und wie schutzlos er sich ohne ihre Worte fühlte. Er wünschte sich plötzlich, sie wäre hier und doch war er froh, das sie es nicht war. Naia. Juan hatte ihm ein Telefon mitgegeben.

Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt