Kapitel 26

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Sterne standen am Himmel, doch der Mond wollte sie in dieser Nacht nicht zeigen. Tauchte die Stadt in eine ungewöhnliche Dunkelheit. Es war Arran nur recht. Zuhause hatte er behauptet ins Bett zu gehen, doch schließlich hatte er sich in seinen schwarzen Hoodie geworfen und war vom Dach hinab zur Straße geschlichen. Darauf bedacht nicht die Feuerleiter hinabzutrampeln. Jetzt lief er die Kapuze ins Gesicht gezogen und mit seinen Händen in der Brusttasche leise die Straßen entlang. Jacob hatte ihm gesagt das Rico log. Arran hatte genug davon. Er hatte schon zu viele seiner Freunde in den Gassen verschwinden sehen. Unbekannt was aus ihnen geworden war, doch er ahnte das schlechteste. Sein Vater war das beste Beispiel dafür gewesen. Es gab nur einen Weg heraus wenn man einmal in den Gangs gelandet war. Tod in einem Leichensack. Sein Vater, Cas Vater, Baxter. All das Leid der Angehörigen, die nach dem Tod eines Mitglieds zurückblieben. Rico hatte das alles doch mit eigenen Augen gesehen. Wut brachte Arran dazu die Zähne zusammen zu beißen und die Hände zu ballen. Er war richtig wütend und er würde nicht zulassen, das Rico den selben dummen Weg, wie die anderen ging. Obwohl er wusste, wie gefährlich es war, näherte er sich der Skateranlage. El Lirios Gebiet. Schon von weiten sah er dort Jungs abhängen. Viele von ihnen rauchten und für einen Moment blieb er im Schatten der Gasse stehen und beobachtete sie stumm. Ein Geruch, als hätte man eine Wiese frisch gemäht, lag in der Luft und seine Augen verengten sich. Das also rauchten die Typen wirklich? Einige jedoch fuhren tatsächlich mit Skateboards und Inlinern die Pipes entlang. Hier und dort lag ein Baseballschläger herum. Vereinzelt auch Metallstangen. Ein Schlag davon musste wehtun und Arran war überzeugt, die Jungs hatten sie bereits benutzt. Arran ballte die Hände noch fester. Hier fing es an. Man wollte sich ein wenig anders fühlen. Cooler sein. Kam hierher und irgendwann versumpfte man in dieser ganzen Scheiße. Er würde Rico hier persönlich fortzerren. Endlich und leider erblickte er den Schwarzhaarigen. Er stand weiter hinten mit ein paar Typen und zog an einem Joint. Fast hätte Arran ihn nicht erkannt. Das Strahlen alter Tage, wenn sie Fußball gespielt hatten.. Es fehlte völlig. Seine Augen wirkten gleichgültig. Seine Körperhaltung ablehnend. Was nur ging in Rico vor und was genau wollte Arran hier jetzt eigentlich tun? Dort standen 30 Typen herum, die es nicht weit zu ihren Baseballschlägern hatten. „Hey wer ist da?" Brüllte jemand in seine Richtung und seine Augen weiteten sich. Er war noch nicht soweit gewesen. Tatsächlich griffen einige nach den Waffen, als erwarteten sie eine Zombiearmee, die auf sie losstürmen wollte. Jemand schaltete eine Taschenlampe an und leuchtete in seine Richtung. Fuck. Für einen Moment war Arrans Kopf blank. Unwissend was besser war. Sich den anderen Stellen, oder wegrennen. Für einen Moment wollte er rennen. Verschwinden und tun als war er nie hier gewesen, doch er hatte genug davon hilflos zu sein. Am Seitenrand zu stehen und zuzusehen wie seine Freunde einer nach dem anderen den Bach runter gingen. Er stieß ein letztes Mal die Luft aus, atmete tief ein und machte dann den Schritt aus der Gasse. Er hob seine Hände zum Signal, das er nichts böses wollte. „Hey." Rief er, als die ersten auf ihn losstürmen wollten. „Ich will keinen Stress. Ich wollte zu Rico." Tatsächlich stoppten die Kerle. „Was willst du von ihm. Zu welcher Gang gehörst du?" Rief ein mit Piercings überhäufter Kerl. „Keiner. Ich bin nur ein Freund." Jetzt gab es sowieso kein Weg zurück, also nutzte Arran seine erhobenen Arme um die Kapuze vom Kopf zu ziehen. Zeigte sein rotes Haar. „Was will ein Blanco hier?" Rief jemand, doch zu Arrans Erleichterung löste sich sein alter Freund aus der Menge von Unschlüssigen. „Hey Chillt. Er ist cool. Er ist wirklich cool." Als war das Leben plötzlich zu Rico zurück gekommen, klarte sich sein Blick und er steuerte direkt auf Arran zu. „Wenn er einen falschen Move macht." Rief der Gepiercte und Rico lächelte schief. „Nein. Wir verschwinden." Als er Arran erreichte, griff er seinen Oberarm und zog. Zwang Arran ihm zu folgen. „Komm rechtzeitig zurück!" Brüllte ihm jemand hinterher und Rico hob die Faust. „Ich lass euch nicht hängen." Ricos Augen waren dabei in die Ferne gerichtet. Konnte er seinem alten Freund schon nicht mal mehr in die Augen blickten? Schämte er sich so sehr für seine Entscheidung? Mit erdrückender Stille zog Rico Arran bis der Skaterpark weit hinter ihnen lag. Sie erreichten einen ruhigen Hof und endlich ließ Rico Arran los. Lief einige Schritte weiter und blieb dann wortlos stehen, als wusste er schon gar nicht mehr, was er Arran sagen sollte. „Sie lässt du also nicht hängen?" Glitt Arran wütend über die Lippen. Er konnte Rico anblicken und wie. Es war als wollte er Rico mit seinem Blick allein vernichtend schlagen. Ein wenig wog Arran das sogar schon ab. Seine Wut war längst am Anschlag, doch noch hielt er sich zurück. „Hast du das reden verlernt?" Fragte er giftig und langsam ballte sich Ricos Hand. „Du verstehst es nicht." Er redete zwar, doch noch immer blickte er nicht auf. Blickte nicht zu Arran. Wie ein Feigling starrte er irgendwo anders hin. Arran verstand es also nicht? Das tat er wirklich nicht. „Was das du lieber kiffend am Skaterpark scheiße baust, statt zu deinen wahren Freunden zu halten?" Einen Schritt ging Arran auf Rico zu und endlich sah Rico auf. „Was verstehst du schon. Noch ein halbes Jahr und du hast deinen Abschluss. Und dann? Bist du weg. Haust mit Naia ab. Lässt uns hier allein. Du verstehst gar nichts!" Wollte Rico ihn provozieren, oder tat er es unabsichtlich? Arran konnte das langsam nicht mehr auseinanderhalten. Er begann mehr und mehr die Kontrolle zu verlieren. „Was soll das scheiß gelabber Rico? Haben dir das deine tollen Kiffer eingeredet?" Doch er verlor nicht allein sein Temperament. Auch Rico trat jetzt einen wütenden Schritt auf Arran zu. „Die haben gar nichts gesagt. Ich bin zu ihnen. Ich habs endlich verstanden." „Verstanden? Hat dir das Hasch das Gehirn abgetötet? Du bist doch von allen guten Geistern verlassen!" Langsam wurde Arrans Stimme lauter und Rico lachte gehässig. „Komm Arran. Verzieh dich. Zisch ab, nimm Naia und leb das perfekte Leben. Nicht jeder hat diesen Luxus. Nicht jeder von uns hat eine Wahl." Es reichte Arran. Angepisst trat er vor und packte Ricos Kragen. Sein Gesicht gefährlich nahe an Ricos, als wollte er dem Schwarzhaarigen die Weißheit mit einer Kopfnuss verpassen. „Du kannst mir nicht erzählen, das du keine bessere Wahl hast, als dein Leben mit Morden und Drogen zu vergeuden?!" Mit einem Ruck riss Rico sich frei und stieß Arran aufgebracht zurück. „Fuck welche Wahl hab ich denn? Zu warten bis unser Viertel zerfällt? Ich komm hier nicht weg und im Gegensatz zu dir rede ich mit den Menschen. Wenn ich nichts mache, dann gibt es bald kein Viertel mehr in dem mein Bruder aufwachsen kann." Arrans Sicherungen brannten durch und im nächsten Moment schlug er Rico einfach eine rein. Atmete schwer obwohl es nicht anstrengend war. Wenigstens nicht körperlich. „Aber ohne seinen Bruder aufwachsen ist besser? Ich prügel dich ins Krankenhaus, wenn du weiter so eine scheiße erzählst. Vielleicht kommst du dann zur Vernunft!" Er stürmte noch einmal auf Rico zu, doch es zeigte sich das Rico in letzter Zeit wirklich dafür trainiert hatte. Oder kämpfte er viel? Er fing Arrans Schlaghand ab und verpasste ihm einfach mit dem Ellbogen einen Schlag gegen den Kiefer. Arrans Sichtfeld schoss zur Seite, bis er nur noch eine dumme Wand statt Rico sah, doch Rico stoppte nicht. Er griff seinerseits nach Arrans Kragen und schlug Arran mit einem Bauchschlag zurück. Fort von sich. Ein Schlag, der Arran auf seinen Arsch umstieß und ihm die Luft zum Atmen aus den Lungen presste. „Na los. Zeig mal, wie du mich verprügelst Arran. Du bist ein nichts auf der Straße und du hast hier auch nichts verloren. Geh und leb dein Leben. Ich werde für unser Viertel kämpfen." Rico zischte verächtlich, während Arran versuchte den Geschmack von Blut in seinem Mund einfach auszuspucken. Es half nicht wirklich. Sicher wäre mehr passiert, hätte Rico mehr Kraft in den Ellbogenhieb gelegt. „Du willst für das Viertel kämpfen?" Fragte Arran ruhiger, als hätte der Schlag im den Kopf geklart und die Wut verrauchen lassen. „Ja." Auch Rico schien zu spüren das Arran ruhiger wurde. Wurde mit ihm ruhiger. „Arran. Bitte. Geh. Du hast noch ein halbes Jahr dann bist du hier raus. Halt dich bis dahin einfach aus dem Ärger raus. Geh ins Ausland. Werde ein jemand und wenn mein Bruder in dein Alter kommt, dann hilf ihm auch hier raus." Es waren Worte, als sahen sie sich heute zum letzten Mal. Ein Abschied für immer und Arran wusste, das war es auch. Rico hatte nicht vor zum Fußball, zur Schule oder zu seinen alten Freunden zurück zu kommen. Er wollte diese Schlacht gegen wen auch immer. Für das Viertel. „Machs gut." Fügte Rico leise hinzu, dann entfernten sich seine Schritte. Diesmal war es Arran, der nicht aufblickte. Seinem alten Freund aus Kindheitstagen nichts mehr zu sagen hatte, denn er wusste nicht was. Er fühlte das er verloren hatte und das es nichts gab das er Rico jetzt sagen konnte. Es war zu spät. Viel zu spät. Arran hätte früher kommen sollen. Hätte früher mit ihm reden sollen. Er war zu spät gewesen und jetzt, hatte er einen weiteren Freund an die Gangs verloren.


Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt