Nicky freute sich. Sie flog dreimal in der Woche Athen-London und zweimal Athen-Frankfurt. Heute stand ein bekannter Name auf der Passagierliste. Sie begrüßte Tom am Eingang:
„Erste Klasse, Tom, Platz 1 B, bis später."
Tom liebte Olympic. Erst der Flug mit der wunderbaren DC-3 von Rhodos nach Athen, und dann immer Erste Klasse, einschließlich besonders aufmerksamem Service.
„Ich könnte nicht vielleicht mal das Cockpit sehen?"
Nicky fragte den Piloten, und Tom durfte auf dem Platz des Kopiloten Platz nehmen.
„Ist sowieso langweilig," meinte der und setzte sich auf Toms Platz in der Ersten Klasse. „Wir fliegen Autopilot."
Der Flugkapitän erklärte Tom die wichtigsten Anzeigen, Hebel und Knöpfe.
„Habt Ihr eigentlich auch Fallschirme dabei, oder nur Schwimmwesten?"
„Für was sollten wir Fallschirme haben? Wir können doch nicht im Flug einfach die Tür aufmachen, das würde den Damen die Frisuren versauen," meinte der Pilot. „Wieso, würdest Du gerne einmal springen?"
„Bin ich schon mal, mit einem Militärfallschirm, das war genial. Würd ich sofort wieder machen."
„Ich bin Mitglied im Parachute-Club in Araxos, das ist ein Flughafen bei Patras. Ich kann Dich ja mal mitnehmen, dann kannst Du als Gast mitspringen."
Tom war Feuer und Flamme, und der Pilot konnte ihm den Wunsch nicht abschlagen, einen Freund mitzubringen.
„Wo bist Du denn schon mal gesprungen?"
Mit dieser Frage hatte Tom nicht gerechnet. Eine ehrliche Antwort verbot sich. Gerade noch rechtzeitig fiel ihm Dave ein.
„Ein Freund von mir ist am College in Sandhurst, die springen da manchmal," ersparte er sich eine offene Lüge.
„Das ist bei uns gemütlicher, die Schirme sind viel größer, da schwebst Du regelrecht zur Erde."
„Schade," meinte Tom, dem der Sprung auch so gefallen hatte.
„Okay, Du möchtest es lieber etwas gefährlicher. Natürlich haben wir auch kleine Fallschirme."
Sie verabredeten sich für den kommenden Montag. Stavros, so hieß der Pilot, würde sie am Busbahnhof in Athen treffen.
In Athen wartete das kleinste Begrüßungskomitee seit Langem, Tom war ein wenig enttäuscht. Alle in der Schule oder bei der Arbeit, nur Nikos hatte sich den Freitag „freigenommen". Er durfte endlich Auto fahren. Er hielt vor Sandys und Manos' Haus in Agios Andreas, wo Tom wohnen sollte. Die Tür war offen, obwohl niemand zuhause war. Tom brachte sein Gepäck in das Zimmer, das er schon einmal mit Sophia geteilt hatte.
„Du musst mir unbedingt erzählen, was mit Dave los ist, er hat mir so einen rätselhaften Brief geschrieben."
Nikos bereitete Nescafé zu und erzählte Tom am Küchentisch, was in der Zwischenzeit passiert war. Er hatte vor ein paar Tagen in dem libyschen Laden, dessen Betreiber gewechselt hatte, eine Lieferung Papiere aus Souda und gleichzeitig das Gegengeschenk für den goldenen Dolch angekündigt. Erst heute Morgen hatte er von den Libyern erfahren, dass sie auf die Vorschläge der Athener Gruppe eingingen. Der Rückfahrttermin stand seit Langem fest: am 14. Oktober sollte Toms Pferd Salam nach Griechenland gebracht werden. Und Samir. Alles andere musste darauf abgestimmt werden. Sie hatten es so getimt, dass die Libyer nur eine Möglichkeit bei der Auswahl des Frachters hatten.
„Michalis hat dafür gesorgt, dass Kapitän Chronos das Schiff in Marseille übernimmt. Er hat ihn ganz grob über unseren Plan informiert. Und was Samir angeht: wir müssen unbedingt am Mittwoch mit ihm zum Hafen, damit er weiß, wo er ins Wasser gehen kann und wohin er schwimmen muss. Dimi hat Bilder mit Motiven aus dem Hafen gemalt, die nehmen wir mit, quasi als Beleg für Mahmoud. Wir sagen ihm, wir sollen noch ein paar Fotos machen. Kamera bekomme ich von Dimi. Hoffentlich schluckt Mahmoud das noch einmal."
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Die richtigen Leute Band 4: Das Ende der Angst
Historical FictionNachdem die Gruppe um Tom und Nikos alle Abenteuer des Sommers 1971 heil überstanden hat, erlebt Dave nach seiner Rückkehr ins Internat in Sandhurst ein Déjà-Vu: Er wird wieder erpresst. Dave findet sich in Situationen wieder, die ungleich gefährlic...