6 Ein Leben ohne Lügen

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Am Nachmittag wurde es am Strand etwas voller. Sophia und Georgios waren gekommen, Xenia und die Admiralskinder auch. Als letzte stießen Samir und Phil hinzu, die aus dem Grinsen gar nicht mehr herauskamen.

„Was ist denn mit denen?" fragte Stelios Nikos, nachdem alle den Libyer herzlich begrüßt hatten. Nikos klärte ihn auf, allerdings wusste er nur die halbe Wahrheit.

„Also Du, Samir, und mein Bruder Phil, Ihr habt heute mit Anastasia geschlafen? Und, war's gut?"

„Ja, war gut," war Samirs knappe Antwort. Das Grinsen wurde immer breiter. Samir baute sich vor Tom auf. Er trug nur die Riesenshorts, das einzige Kleidungsstück, das er aus Libyen mitgebracht hatte. Tom hatte ihm unterwegs Sachen geliehen. Am Montag wollten sie einkaufen gehen, schließlich hatte er ein kleines oder gar nicht so kleines Vermögen für solche Zwecke.

Tom war etwas irritiert, als Samir sich in die Hose griff. So locker waren die Sitten nun eigentlich auch nicht. Er wollte ihm gerade einen entsprechenden Hinweis geben, als der Libyer seine Hand aus den Shorts zog.

„Ich habe Euch noch was mitgebracht."

Er hielt Tom eine tischtennisballgroße Kugel hin, die in Stanniol eingewickelt war.

„Ist von einem Libanesen in Benghazi."

Tom erkannte, warum die beiden das Grinsen nicht loswurden.

„Ihr habt's schon getestet?"

Tom warnte die anderen. Dieses Haschisch war viel stärker als das Gras, das sie manchmal rauchten. Sie merkten es, als sie alle in der Herbstsonne am Strand lagen und keinerlei Lust auf körperliche Anstrengungen verspürten. Nur die Gitarristen konnten sich aufraffen, ein paar Saiten anzuzupfen. Samir fühlte sich richtig gut. Er ging, um Salam zu versorgen. Tom folgte ihm.

„Samir, ich wollte mal mit Dir reden. Du verstehst Dich gut mit Phil, nicht?"

„Ja, es ist so, als ob ich ihn schon ganz lange kennen würde."

„Ja, so ist das vermutlich, wenn man zusammen mit einer Frau schläft. War das denn gut?"

„Das beste, Tom. Aber nicht deswegen. Phil ist ziemlich okay."

„Das ist er, ich habe ihn auch sehr gerne. Manchmal hat er etwas verrückte Ideen."

„Ich finde seine Ideen gut."

„Samir, nimm's mir nicht übel, bin halt neugierig. Hast Du auch mit ihm geschlafen, oder nur mit Anastasia?"

„Was heißt hier „nur"? Reicht doch, oder?"

„Ich meinte ja nur. Wie gesagt, Phil hat manchmal Ideen..."

„Du brauchst keine Angst zu haben, Tom."

„Hab ich nicht, Samir. Ich will nur nicht, dass Du..."

„Tom, ich bin fest entschlossen, mich zu wehren, wenn ein Mann mit mir schlafen will, mit dem ich nicht will. Mit Phil hätte ich kein Problem, nur letzte Nacht war ich einfach müde."

„Soll das heißen, er hat's schon versucht?"

„Na ja, seine Hand... Nein, eigentlich nicht..."

„Ich wollte nur sagen, tu nichts, was Du nicht willst."

„Ganz bestimmt nicht, die Zeiten sind vorbei. Shukran, habibi, lange her, dass sich jemand um mich Sorgen gemacht hat. Sophia ist wirklich eine schöne Frau, Tom. Phil hat mir erzählt, dass sie Deine Freundin ist. Ich dachte ja..."

„Was dachtest Du?" fragte Sophia. Tom wirbelte herum. Sie küsste ihn, wie sie ihn immer geküsst hatte. Die Schauer, die durch seinen Körper liefen, waren auch dieselben. Samir ließ ihre Frage unbeantwortet.

Die richtigen Leute Band 4: Das Ende der AngstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt