14 Über den Wolken: Realpolitik

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„Willkommen in Deutschland." Tom strahlte Nikos an und küsste ihn, erst auf beide Wangen, dann auf den Mund. „Ich habe Dich so vermisst."

„Das ist schlimmer als Heimatfilm," protestierte Martin. Es war sechs Uhr morgens, die Cafeteria des Flughafens Köln gähnend leer. Martin hatte Nikos an einem billigen Hotel in Frankfurt abgeholt. Wie verabredet, waren alle in Lederjacken und Jeans erschienen. Kunstagenten waren ja keine normalen Geschäftsreisenden. Immerhin hatten sie alle neben einem Koffer eine Aktentasche dabei. Sie spekulierten, wer außer ihnen wohl in dem Flugzeug sitzen würde, aber sie hatten keine Idee.

Die Polizisten begrüßten sie kurz und knapp und führten sie durch eine Tür, an der „Zutritt verboten" stand, durch lange Gänge, zwei Treppen hinunter und schließlich aus dem Flughafengebäude. Der Polizei-VW fuhr mit Blaulicht einmal quer über das Gelände in den militärischen Teil. Er hielt an einem kleinen, weißen Jet mit deutscher Kennung.

Sie stiegen die wenigen Stufen der ausgeklappten Treppe hinauf, begrüßten die Stewardess, die in der winzigen Kombüse werkelte, traten durch einen Vorhang und fanden sich in einer Kabine, die eher einem Wohnzimmer glich. Die Wand- und Deckenverkleidung sah nach Holz aus. Auf jeder Seite gab es zwei edle, weiße Ledersitze und ein Tischchen. Der Pilot kam zu ihnen, ein großer blonder Mann Mitte Dreißig:

„Willkommen an Bord. Ich bin Günter, ich fliege Euch. Mein Kollege Heinz ist beschäftigt. Wohin soll's denn gehen?"

„Ich bin Tom, hallo Günter, das hier sind Martin und Nikos. Schön, einen Witzbold als Pilot zu haben. Flieg uns doch mal nach Tripolis."

„Wer ist hier der Witzbold? Ich fliege doch nicht nach Tripolis."

„Doch," dröhnte eine tiefe Stimme vom Eingang. „Du fliegst uns jetzt mal schön nach Tripolis, aber pass auf, nicht das in Griechenland, die haben gar keinen Flugplatz. Auch nicht im Libanon, das heißt nämlich Tripoli, ohne s, aber die hätten wenigstens einen Flughafen. Also: Libyen. Hier sind die Daten. Der Tower weiß Bescheid. Flieg schon los, die jungen Männer müssen heute Abend noch nach Athen."

Przybilski gab dem Piloten die Flugunterlagen und grinste die drei jungen Männer an. Seine braunen Augen funkelten stark vergrößert durch seine klobige Brille.

„Guten Morgen, Männer, schön, dass ich nicht stundenlang allein fliegen muss. Nichts langweiliger als das. Nennt mich Bilski, solange wir allein sind. Sind ja alle Sozis, nicht?"

Tom verstummte vor Ehrfurcht.

„Wer ist dieser Mann?" fragte Nikos Martin auf Griechisch.

„Der war mal Minister, für kurze Zeit. Jetzt hat er ein Parteiamt in der SPD, offiziell jedenfalls, aber man sagt, er hat Verbindungen, besonders in Afrika."

„Das ist unfair, Leute, fangt nicht so an," beschwerte sich der Ex-Minister.

„Tut mir leid, Herr Bilski, Nikos kennt Sie nicht. Ab jetzt Deutsch."

„Das ist nett, Herr Martin. Du Knalltüte. Bilski, einfach Bilski. Was wollt Ihr trinken?"

Wie auf Kommando trat eine Stewardess durch den Vorhang, der die Kabine von Cockpit und Kombüse trennte. Man einigte sich auf Tee, und sie stellte ihnen ein Frühstück in Aussicht, sobald sie die Reisehöhe erreichten. Dann entschwand sie.

„Bilski, dann sag uns doch mal, um was es geht. Wir haben keine Ahnung."

„Ach, Ihr auch nicht? Muammar hat mich gebeten, mit Euch nach Tripolis zu kommen. Er hätte was Wichtiges mit uns zu besprechen. Wer seid Ihr denn eigentlich, und woher kennt Ihr Gaddafi?"

Verlegen sahen sich die drei an. Tom fasste sich ein Herz:

„Wir waren mal in Libyen, und da haben wir ihn zufällig kennengelernt. Und seit wann kennst Du ihn? Er sagt, Du bist sein Freund. Das wundert mich, ehrlich gesagt. Ich hätte nicht gedacht, dass die deutsche Regierung mit Gaddafi kungelt."

Die richtigen Leute Band 4: Das Ende der AngstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt