26 Pesthauch

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Tom und Nikos waren schon um elf in Piräus.

„Hast Du noch mal mit Deinem Bruder gesprochen, nachdem ich weg war?"

„Nein, er hat sich in seinem Zimmer eingeschlossen und ist noch nicht wieder rausgekommen."

Sie erläuterten Sophia ihre Ideen vom Vorabend.

„Ich kann nur hoffen, dass er nachgedacht hat. Hoffentlich lässt er mit sich reden. Mein Leben würde sich sehr verändern."

Nicht nur ihres, dachte Tom. Alles würde sich verändern. Wenn Georgios ein Verräter war – wem könnte man noch vertrauen?

Die Eltern blieben im Wohnzimmer sitzen, während Sophia, Tom und Nikos an Georgios' Tür klopften.

„Mach mal auf, Bruder, Tom und Nikos sind hier."

Keine Reaktion.

„Georgios, lass uns noch mal reden. Ich wollte mich entschuldigen. Mach doch auf."

Ihr Bruder rührte sich nicht. Tom drückte die Klinke herunter. Die Tür war verschlossen. Er bückte sich und sah durch das Schlüsselloch. Das war es: Er konnte hindurchsehen.

„Da steckt kein Schlüssel. Ich vermute, er ist weg."

Sophia stieß einen kurzen Schrei aus. Dann ging sie zu ihrem Zimmer, nahm den Schlüssel und schloss Georgios' Tür auf.

„Der passt zu allen Zimmern," erklärte sie.

„Das ist der Sinn von Schlüsseln."

Das Zimmer war leer. Sie überprüfte den Kleiderschrank.

„Viel hat er nicht mitgenommen. Wohin auch immer."

„Schatz, frag bitte Deine Eltern, ob sie eine Ahnung haben, wo er sein könnte. Wir durchsuchen seine Sachen. Vielleicht finden wir einen Hinweis."

Sophias Eltern hatten keine Idee. Sie wussten ja bis zum Vortag noch nicht einmal von Georgios' Freunden in Exarchia. Und das Viertel war einfach zu groß. Wohnungen mit kommunistischen Studenten gab es dort wie Sand am Meer.

Während Nikos Schreibtisch und Schultasche durchwühlte, filzte Tom die gesamte Kleidung seines Schwagers. Ihre Ausbeute war mager. Tom fand lediglich ein Streichholzbriefchen von einem Restaurant in Exarchia.

„Der ist jedenfalls ganz schön ordentlich, der hat sogar Deine Briefe abgeheftet, Tom. Warte mal, Sophia, weißt Du, ob Georgios ein Tagebuch führt?"

„Hat er mal, aber das ist Jahre her. Keine Ahnung, ob er das noch macht."

Sie suchten jede Ecke des Zimmers ab, aber ein Tagebuch kam nicht zum Vorschein.

„Sophia, wo versteckst Du eigentlich Deins?"

„Das verrate ich Dir nicht."

„Brauchst Du nicht. Suche an derselben Stelle, oder an einer ähnlichen, wir gehen solange raus."

Es dauerte nur eine Minute. Triumphierend hielt sie ihnen das grüne Buch mit goldenem Aufdruck entgegen.

„Und wo war's nun?"

„Das verrate ich Dir immer noch nicht."

Hastig blätterte sie das Buch durch.

„Er hat tatsächlich die ganze Zeit reingeschrieben. Ich lese mal von hinten nach vorn, Ihr überlegt Euch, was wir machen."

„Wir haben so gut wie nichts. Streichhölzer von einer Taverne. Nehmen wir an, dass seine Freunde in der Nähe wohnen. Das bedeutet in Exarchia immer noch etliche Straßen mit zig Wohnungen."

Die richtigen Leute Band 4: Das Ende der AngstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt