„Ich habe jetzt Hunger, lasst uns essen gehen," schlug Dave vor. Ihm war eine schwere Last von den Schultern genommen worden. Drei Wochen lang hatte er sich allein mit den Gedanken an Derry herumgeplagt, drei lange Wochen. Und jetzt hatte er Hunger, mehr als jemals zuvor.
Alle machten sich auf den Weg, doch Nikos hielt Tom fest.
„Moment noch, Gangster. Ich habe auch ein Problem."
„Was ist los? Noch ein Geheimnis?"
„Keine Sorge, nichts Geheimes. Aber ich will das nicht, heute Nacht, mit Sophia und Dir und Kiril. Das fühlt sich nicht richtig an, Tom. Ich glaube, es ist für keinen von uns gut, außer für Kiril vielleicht."
„Danke, dass Du das sagst. Ich hab mich nicht getraut. Ich will das auch nicht. Ich glaube, ich kann das auch nicht. Als Sophia das letzte Nacht gesagt hat, hörte sich das nach ziemlich viel Spaß an, aber jetzt..."
Gedankenversunken hockten sie auf der Bretterbank in der verräucherten Hütte. Nikos drehte mechanisch eine seiner Spezialzigaretten und wunderte sich, als er den fertigen Joint in der Hand hielt. Hatte er den gebastelt?
„Und nun? Was sage ich Sophia?"
„Am besten die Wahrheit, Tom."
„Gute Idee. Könntest Du mir auch noch sagen, was das ist, die Wahrheit? Ich habe nämlich gerade keinen Schimmer."
Nikos starrte ins Leere. Er zog an dem Joint.
„Ich würd den mal anzünden," riet ihm Tom grinsend. „Sonst qualmt der nämlich nicht."
„Ach, wie gut, dass ich Dich habe, Tom. Ich denk schon, schmeckt komisch heute, das Ding." Er legte den Joint beiseite, umarmte Tom und küsste ihn. „Mann, ich möchte nicht in Daves Haut stecken. Lass uns essen gehen, sonst kommt Deine Ex noch auf falsche Gedanken. Rauchen können wir später."
„Schlimmer, Nikos: auf richtige Gedanken. Ich möchte heute Nacht mit Dir schlafen, nur mit Dir. Kannst Du Georgios und Stelios wegschicken?"
„Und Sophia?"
„Wir sind ex, Nikos, schon vergessen?"
Tom und Nikos kamen gerade noch rechtzeitig zu dem großen Grill. Ein paar Minuten später, und sie wären hungrig geblieben. Tom schlang Fleisch und Gemüse herunter. Kauend näherte er sich Sophia, die in ein Gespräch mit Stella vertieft war. Er nahm sie bei der Hand und zog sie sanft vom Feuer weg in die Scheune.
„Sophia, wir müssen reden."
„Ich weiß, Tom. Du wirst mir sagen, dass wir nicht mit Nikos und Kiril schlafen sollen. Wundert mich, dass das so lange gedauert hat."
Toms notdürftig geschmiedetes Konzept zerbrach in tausend Scherben. Was wollte er ihr nochmal sagen? Sophia versuchte zu helfen:
„Tut mir leid, Du wolltest ja mit mir reden. Also?"
„Ja, stimmt, aber mir fällt gerade nichts ein."
„Versuch's doch mal mit der Wahrheit. Du weißt doch, dass ich nicht gleich anfange zu heulen. Wir sind ex, wir können uns die Wahrheit sagen, Tom."
„Gut. Die Wahrheit. Ich möchte heute Nacht mit Nikos schlafen."
„Wenn ich jetzt wieder sage, „ich weiß", dann hört sich das ziemlich blöd an. Ist aber die Wahrheit. Ihr beiden müsstet Euch mal sehen. Als Ihr eben zum Essen gekommen seid, dachte ich, Ihr marschiert gleich durch ins Stroh."
„Ehrlich? Okay, Du hast recht, wie immer. Ich habe Sehnsucht nach Nikos, aber ich habe so ein scheißschlechtes Gewissen, Sophia, weil ich Dich auch liebe."
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Die richtigen Leute Band 4: Das Ende der Angst
Historical FictionNachdem die Gruppe um Tom und Nikos alle Abenteuer des Sommers 1971 heil überstanden hat, erlebt Dave nach seiner Rückkehr ins Internat in Sandhurst ein Déjà-Vu: Er wird wieder erpresst. Dave findet sich in Situationen wieder, die ungleich gefährlic...