29 Herr Müller hat eine Bitte

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„Das ist ja eine Überraschung. Martin, mit Dir hatte ich nicht gerechnet. Tom, Martin, das ist Herr Müller, Herr Müller, Tom, Martin."

Tom stupste seinen Freund unmerklich an, begrüßte Bilski mit Handschlag und streckte dem Geheimdienstmann die Hand entgegen:

„Herr Meier, freut mich, Sie kennenzulernen."

„Müller, Tom, freut mich auch."

„Müller, Meier, sowieso alles gelogen. Egal. Guten Tag," sagte Martin. Sein Gegenüber schaute ihn aus grauen, kalten Augen an. Der hochgewachsene, kräftige, aber nicht dicke Mann trug einen grauen Anzug und eine blaue Krawatte. Tom schätzte ihn auf Anfang 50. Seine dunklen Haare waren an den Schläfen leicht ergraut.

„Guten Tag," knurrte er.

Tom sah Martin an.

„Du ihn, ich den Raum."

Bilski musste sich zurückhalten, um nicht laut loszulachen. Georg hielt den Atem an. Martin wollte Herrn Müller abtasten, der ihn von sich stieß.

„Bist Du noch ganz normal? Was soll das denn jetzt?"

„Georg hat uns abgetastet, so wie er's gelernt hat," sagte Martin mit einem Seitenblick auf ihren Fahrer, dessen Gesichtsmuskeln zuckten. „Da werde ich Sie ja wohl..."

„Lassen Sie ihn, der gibt eh keine Ruhe," sagte Bilski.

Zähneknirschend ließ der Beamte die Prozedur über sich ergehen. Martin untersuchte seinen Füllfederhalter ganz genau, aber er schien weder eine Kamera noch ein Schießgerät zu sein. Tom sah unter Tische und Stühle, er hob den Hirsch von der Wand ab und schob die Vorhänge beiseite.

„Alles sauber," meldete er. „Also die Aktentasche."

„Jetzt mach aber mal einen Punkt," schnaubte Herr Müller.

„Siehst Du, Martin, es ist die Aktentasche. Bilski, tut mir leid, aber wir machen das jetzt so: wir gehen draußen in den Pavillon, da können wir ungestört reden. Eure Taschen bleiben hier."

„Das kommt überhaupt nicht in Frage. Wir bleiben hier. Außerdem gibt es jetzt gleich Essen. Georg, hol mal den Servierwagen aus der Küche."

„Georg, vergiss den Servierwagen. Wir gehen in den Pavillon, oder wir fahren wieder nach Hause."

„Ist der wenigstens beheizt, der Pavillon?" sorgte sich Bilski.

„Weiß nicht, aber verglast ist er. Wir sitzen im Trockenen."

Bilski überredete den Geheimdienstler, den Anweisungen der jungen Männer zu folgen. Der musste insgeheim anerkennen, dass diese beiden ihr Geschäft beherrschten. Zu schade, dass er sie nicht einfach anwerben konnte. Bilski hatte ihm dringend davon abgeraten, es auch nur zu versuchen. Aber es gab immer einen Weg. Sie wollten pokern, also gut. Er kannte sein Blatt, und Toms auch, jedenfalls einen Teil davon. Einen wichtigen Teil.

Auf dem Weg zu dem weißen, achteckigen, hölzernen Pavillon am Rande einer Terrasse, die von einer Hecke umgeben war, hielt Martin Georg zurück. Er nahm seine Hand und führte sie in die linke Tasche seiner Lederjacke. Georg, der verwirrt war obdieser Vertraulichkeit, ertastete zu seinem Entsetzen ein kleines, quadratisches, metallisches Gerät. Martin ging ganz nah an sein Ohr:

„Nächstes Mal durchsuchen, Georg."

In dem Pavillon stand ein großer runder Tisch mit acht hölzernen Armsesseln.

„Georg, besorg uns als Erstes Kissen, sonst frieren wir auf diesen Möbeln fest. Dann bring uns bitte das Essen, ich habe Hunger. Vergiss den Rotwein nicht."

Die richtigen Leute Band 4: Das Ende der AngstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt