Ich hatte große Schwierigkeiten in den Schlaf zu kommen. Es hat sich einfach so falsch angefühlt, dass Ragnada, ich und unsere Einhörner auf einem unfertigen Schiff schlafen. Doch Ragnada hat mir versichert, dass alles seine Ordnung hat. Selbst wenn man uns am nächsten Morgen findet und vom Schiff holt, können uns keine rechtlichen Konsequenzen drohen. Als Diplomatinnen haben wir sozusagen das Recht, dort zu schlafen, wo wir wollen, solange wir nichts beschädigen.
So könnten wir theoretisch auch verlangen, dass uns die Leute im Dorf bei sich schlafen lassen, aber wir haben beide keine Lust darauf, bei Leuten zu bleiben, die uns nicht dahaben wollen. Wenn man weiß, dass man nicht willkommen ist, bleibt man besser fern, auch wenn man jedes Recht hätte zu bleiben.
Meine Gedanken sind bei den armen Menschen in dem Käfigwagen. Am liebsten würde ich den Wagen verhexen, damit er, sobald er hinter der Grenze ist stecken bleibt und die Türen aufspringen. So könnten die jungen Menschen dieses schreckliche Land als freie Menschen verlassen. Aber Ragnada hat Recht, das würde vermutlich auffallen, der Zusammenhang zwischen den beiden Rubina Botschafterinnen wäre zu leicht herzustellen. Und so bleibt uns nichts anders übrig, als hier im Freien zu übernachten und uns Gedanken zu machen.
Mit den ersten Sonnenstrahlen des neuen Morgens reiten wir unbemerkt los. Ohne Frühstück treiben wir unsere Einhörner zur Höchstleistung an, wir beide möchten Berritan so schnell wie möglich verlassen.
„Was ist das Tagesziel heute, Ragnada? Die Hauptstadt von Taraflor?" Meine Lehrerin lacht und schüttelt den Kopf, ihre Haare hat sie sich zu einem Pferdeschwanz gebunden, ich trage meine Haare offen.
„Dir fehlt anscheinend noch ein wenig Verständnis für die Größendimensionen. Taraflor ist ein großes Land und die Hauptstadt Violanda liegt am östlichsten Ende an den Klippen. Violanda können wir nicht innerhalb eines Tages erreichen, ich schätze, dass wir erst in drei Tagen dort sein werden. Aber glaube mir, die Menschen in Taraflor sind gastfreundlicher und so werden wir in kleinen Dörfern übernachten können".
Als wir zwei Stunden später endlich die Festung an der Furt und damit die Grenze erreichen, bin ich erleichtert. Die zwei Stunden hätten wir gestern eventuell auch noch zurücklegen können, aber es wäre ein Fehler gewesen, in der Dunkelheit über den schmalen Steg zu reiten. An der Grenze wehen die Fahnen von Berritan und Taraflor. Die Fahne von Taraflor macht einen ähnlich abweisenden Eindruck wie die von Berritan.
Sie ist rechts schwarz und links dunkelrot, in der Mitte ist ein Kreis zu erkennen, hier sind die Farben vertauscht, rechts dunkelrot, links schwarz. So ist der Kreis erkennbar. Die Farben passen harmonisch zueinander, trotzdem wirkt diese Fahne befremdlich und abwehrend. Dafür ist die Wache recht freundlichm sie kontrolliert unsere Ausweise, fragt nach unserem Ziel und unserem Begehr und lässt uns dann ohne weitere Nachfrage oder Schikane passieren.
Als wir die Festung verlassen haben, atme ich erleichtert durch, wundere mich aber auch. Es ist eine andere Welt, die vor uns liegt. Satte, grüne Weiden, Hügel und Berge, dichte Wälder und breite, befestigte Straßen. Auch die Luft ist viel frischer, tief atme ich durch. Es ist wirklich erstaunlich, der Grenzübergang zwischen Paraval und Berritan war auch von großen Gegensätzen geprägt, doch selbst in Paraval wurde das Land mit jedem Kilometer zur Grenze rauer und kahler. Doch hier ist es ein wirklicher Sprung vom Land der Toten bis ins Paradies.
Die Legende, dass Berritan mal zu Taraflor gehörte und dann verflucht wurde, ergibt für mich plötzlich Sinn. Wir reiten noch eine Weile weiter, Ragnada erklärt mir, dass die Menschen in Taraflor Angst vor Berritan haben und daher in der Nähe der Grenze hauptsächlich Militärgarnisonen und die wenigen Werften und Häfen des Landes liegen. Doch es geht den ganzen Weg über aufwärts. Zwar sanft, aber stetig. Erst gegen Mittag erreichen wir ein kleines, idyllisches Dorf, es liegt umgeben von weiten Auen mit Trauerweiden, einem Fluss, gelben Weizenfeldern und einem Berg in einem kleinen Tal. Die Häuserzahl schätze ich auf etwa drei Dutzend, aus den Schornsteinen vieler Häuser steigt Rauch auf und es duftet herrlich.
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Fantasy BDSM Abenteuer einer "Rubina"
FantasyAyamriel lebt in einer magischen Welt auf dem einzigen Kontinent, auf dem sich Menschen, magische und nicht magische aber auch nicht menschliche Wesen begegnen. Sie selbst ist eine Rubina und als solche mit den Sirenen verwandt. Zusätzlich zu Wasser...