18. Feind oder Freund?

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Justus ging nach dem Abendessen noch kurz in die Zentrale, um die Unterlagen für die morgige Fahrt einzustecken. Der Tag war nach seinem erholsamen Start noch sehr turbulent geworden, hatte er doch das Auto abholen, die Sachen packen, den Hund zu Peters Mum bringen und Recherchieren müssen. Und das alles, bevor Tanta Mathilda ihn zum Abendessen erwartete.

Als er die Zentrale betrat, blinkte der Anrufbeantworter. Die erste Nachricht war von Bob und Peter. Sie hatten ein Ticket fürs Festival organisiert und erwarteten ihn am nächsten Mittag am Eingang. Außerdem erwähnte Bob eine blonde Frau und einen Wachturm.
Als Justus die zweite Nachricht abspielte, war er erstaunt, Skinnys Stimme zu hören.

„Hey ihr Spürnasen. Überrascht von mir zu hören?" Er lachte kurz auf. „Ich war in den letzten Wochen beruflich nicht in Kalifornien, und habe nicht so viel mitbekommen, wie es bei euch weitergegangen ist. Ruf mich bitte mal an, Justus. Meine Nummer ist..."
Justus zog schnell einen Stift aus dem Köcher, der neben dem PC stand und notierte Skinnys Handynummer.

Als die Nachricht zuende war, fing Justus an seine Unterlippe zu kneten. Dass ausgerechnet Skinny sich bei ihnen meldete, überraschte ihn tatsächlich. Es war seine Stimme gewesen, daran bestand für ihn kein Zweifel. Aber er war so normal gewesen, beinahe freundlich. Er wollte etwas von ihm, das war klar. Aber was konnte das sein?
Justus kramte die Zettel mit seinen Notizen zusammen und ging dann auf sein Zimmer. Dort speicherte er zuerst Skinnys Nummer in sein Handy ein. Dann rief er neugierig bei ihrem ehemaligen Erzfeind an.

„Ja, Skinner hier", meldete sich der angerufene sofort.
„Skinny, hier ist Justus. Du hast deine Nummer auf..."
„Justus, danke, dass du zurückrufst", unterbrach Skinny ihn. „Wie geht es dir?"
„Skinny, deine Höflichkeit in allen Ehren, aber ich finde es ein wenig befremdlich. Sag doch einfach, was du willst und lass uns den Smalltalk sparen", meinte Justus gelassen.

„Nun gut, Sherlock", meinte Skinny nun gewohnt rotzig. „Ich will wissen, was mit Charles ist. Ich war die letzten Wochen untergetaucht, weil ich erwartet hatte, dass der Arsch mich verpfeift, aber es ist nichts passiert. Ist er wieder auf freien Fuß? Oder hat er 'nen Abgang gemacht? Ich dachte, du könntest mir der guten alten Zeiten Willen ein paar Infos rüberwachsen lassen", meinte er und Justus hörte ein Grinsen in seiner Stimme.

„Na das klingt doch schon eher nach dir, Skinny", meinte Justus erleichtert. „Bevor ich dir sage, was ich weiß, wie wäre es, wenn du uns sagst, wo die noch verschollene Karte aus dem Archivraub abgeblieben ist?"
„Welche Karte?", fragte Skinny auffällig unschuldig. „Ich habe keine Karte gesehen."
„Okay, Skinny, wir können hier Spielchen spielen oder mit offenen Karten. Also, ich frage nur noch einmal: Wo hast du den Stadtplan versteckt?"

„So einfach ist es nicht", gab Skinny zu. „Der Boss hat den Plan versteckt und auch wenn ich wüsste, wo er ist, hat der Boss sicherlich Vorkehrungen getroffen, dass keiner von uns die Karte holen kann."
„Das ist wirklich ärgerlich", meinte Justus. „So gern ich das wollte, aber ich kann dir leider nichts Neues zu C.J. sagen. Wenn du mir nicht auch ein wenig entgegen kommst, Skinny", pokerte Justus.

Skinny brummte ins Telefon. „Ich würde nur ungern den Joker ziehen, aber was halten Bob und Peter eigentlich davon wenn zufällig jemand..."
„Wage es nicht, Bob und Peters Beziehung in dein dreckiges Spiel mit einzubeziehen!", drohte Justus verärgert.
„Beziehung?! Also sind sie jetzt richtig zusammen?", folgerte Skinny.
„Was geht dich das an?", Justus war wütend und wollte am liebsten auflegen, hoffte aber, dass Skinny ihm vielleicht doch noch helfen konnte.
„Vielleicht bin ich euch ja später noch von Nutzen", bot Skinny tatsächlich nun etwas kleinlaut an.

Justus atmete hörbar aus. Skinny tat das Gleiche. Diese Situation war für sie beide unangenehm neu. Sie wussten nicht so recht, wie sie nach der kurzen Zusammenarbeit während ihres letzten Falls miteinander umgehen sollten. Sie waren nun keine Erzfeinde mehr, aber auch keine guten Freunde.

„Skinner, was kann ich für dich tun?", startete Justus die Konversation von vorne.
„Nun gut", ging Skinny darauf ein. „Ich möchte wieder nach Rocky Beach und wüsste gerne, wie es um C.J. steht und ob ich gefahrlos wieder nach Hause kommen kann."
„Da kann ich tatsächlich vorerst Entwarnung geben", meinte Justus versöhnlich. „C.J. ist noch immer in Untersuchungshaft und spielt auf Zeit. Da er anscheinend mehrere Persönlichkeiten besitzt und für die Anklage eine von ihnen aussagen muss, versuchen grade mehrere Psychologen etwas aus ihm heraus zu bekommen. Bisher ist es noch keinem von ihnen gelungen und solange C.J. schweigt, kann er dich auch nicht verraten."

Skinny schien erleichtert. „Danke, Justus! Ich bin nicht gerne auf der Flucht, wie du dir vorstellen kannst."
„Kann ich verstehen, Kimble", witzelte Justus.
„Wie geht es Bob?", fragte Skinny und Justus meinte echtes Interesse herauszuhören. Er war nicht allzu verwundert, da Skinny ja hauptsächlich wegen Bob seinen ehemaligen Boss verraten hatte.

„Es geht ihm gut. C.J. hat in den Höhlen mit einer Waffe auf ihn gezielt, aber Peter konnte ihn im letzten Moment retten."
„Shit. Er hat wirklich eine Waffe dabei gehabt?", fragte Skinny.
„Du hast auch Glück gehabt", meinte Justus. „Er hat vor der Übergabe der Katze bei der Polizei einen anonymen Hinweis gegeben, dass du eine Waffe dabei hättest. Hättest du Bubbles nicht wie abgesprochen vorher dort abgeliefert, hätte es auch für dich böse ausgehen können."

„Dieser Mistkerl", schimpfte Skinny.
„Vielleicht überlegst du dir das nächste mal vorher, mit wem du dich einlässt", schlug Justus vor. Skinny schnaubte kurz, sagte aber dazu nichts. Stattdessen danke er Justus.
„Danke Justus, für deine Offenheit. Ich hoffe, wir kommen uns so schnell nicht mehr in die Quere. Und wenn ich dir mal mit meinem Insiderwissen helfen kann, meld dich bei mir. Du hast was gut."
„Ich werde es mir merken. Ich hab ja jetzt deine Nummer", merkte Justus an.

Als sie aufgelegt hatten, kam Justus eine Idee. Er öffnete das Chat Programm seines Handys und stellte fest, dass Skinny das gleiche Programm benutzte. Dann tippte er auf gut Glück die Namen ein, die er für Bob recherchiert hatte.

Hör dich doch bitte mal um. Justus"

Ich melde mich! Skinner"

Zufrieden verstaute Justus die Unterlagen in seinem Rucksack und stellte den Wecker für den nächsten Morgen. Dann legte er sich schlafen. Morgen würde ein anstrengender Tag werden.

Drei ??? (2) - Summer HeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt