48) Öl im Feuer

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Wir bleiben eine ganze Weile bei Onkel Raji. Mae braucht die Zeit, um sich wieder zu beruhigen. Adeline hat sie in einen abgelegenen Teil des Lagers verfrachtet, aber wir hoffen alle, dass sie nicht in Flammen aufgehen wird. Aus Sicherheitsgründen ist nur Isabel bei ihr.

Währenddessen beobachten Tammi und ich von Onkel Rajis Wohnung im ersten Stock aus die Straße vor dem Laden. Die Situation am Geldhaus hat sich inzwischen wieder beruhigt, doch die Joumin sind noch immer vollkommen aus dem Häuschen. Die Gendarmerie ist eingetroffen und auch einige Männer vom Corps. Bestimmt wird der Capitaine aus den Zeugenberichten seine eigenen Schlüsse ziehen.

Irgendwann am späten Nachmittag taucht Étienne bei uns auf. »Was ist denn passiert? Hatten wir nicht verabredet, dass ihr mich am Parlament wieder abholt?«

Adeline und ich erzählen ihm, was geschehen ist.

Étienne drückt mir einen Kuss auf die Lippen, dann geht er ins Lager, um nach Mae zu sehen. Furchtlos klettert er über den herumliegenden Metallschrott zu der kleinen Grube, in der sie sich zusammengekauert hat. Die beiden sitzen eine ganze Weile beieinander, dann scheint Mae sich soweit beruhigt zu haben, dass wir aufbrechen können.

Auf dem Weg zurück nach Roquette herrscht zunächst unbehagliches Schweigen, dann fällt mir wieder ein, weshalb wir das Anwesen überhaupt verlassen und uns den ganzen Ärger eingehandelt haben.

Ich fasse mir ans Dekolleté und ziehe die Baupläne, die ich aus dem Tresorraum gestohlen habe, heraus.

Étienne lacht. »In dir steckt wirklich mehr, als man im ersten Moment denken könnte.«

»Was ist das?«, fragt Isabel neugierig.

»Baupläne, glaube ich.«

Étienne nimmt sich die Pläne vor. »Du hast Recht«, sagt er kurz darauf. »Das sieht aus, als hätte jemand aufgeschrieben, wie man eine magische Maschine baut.« Er dreht und wendet die Blätter. »Vieles ist nicht mehr zu entziffern ...«

»Die Dokumente müssen alt sein«, vermute ich.

»Mindestens siebzig Jahre«, antwortet Étienne. »Eher älter.«

»Schön«, sagt Adeline in einem Tonfall, der nicht ganz zum Inhalt des Gesagten passt. »Wir haben irgendwelche Baupläne gefunden. Das bedeutet, Madame Feige hat tatsächlich etwas für Monsieur Narcisse versteckt.«

»Das ist doch gut, oder?«, frage ich vorsichtig.

Adeline zuckt mit den Schultern. »Baupläne sind keine Beweise. Wir wissen nicht, ob diese Maschine auch wirklich gebaut wurde.«

»Ich weiß es«, halte ich dagegen.

»Mag sein, aber – verzeihen Sie mir meine Offenheit, Mademoiselle Pommier – Ihrem Wort wird niemand glauben. Zum Einen, weil Sie eine Verfluchte sind, zum Anderen, weil Sie eine Frau sind.«

Étienne zerzaust sich die rotbraunen Haare. »Ich weiß nicht, Adeline. Narcisse hat geglaubt, dass diese Pläne etwas beweisen.«

»Und Faucon hat es auch geglaubt, selbst wenn er behauptet hat, Narcisse wäre einer großen Lüge aufgesessen.« Meine Erinnerungen an gestern verschärfen sich, als wäre unsere Unterhaltung eine große Lupe. »Er hat sogar gefragt, wo die Pläne sind. Das heißt, er muss gewusst haben, was Narcisse in Ellyrien gefunden hat.«

»Woher sollte er das wissen?«, fragt Étienne. »Außer, wenn er oder sein Auftraggeber genau diese Pläne verloren hätte?«

Adeline wirkt noch immer nicht überzeugt. »Narcisse könnte es ihm gesagt haben.« Sie gibt einen genervten Laut von sich. »Ich meine, der Mann hat zu Lebzeiten so viel geredet, dass er vermutlich selbst nicht mehr wusste, was er gesagt hat und was nicht.«

DrudenkussWo Geschichten leben. Entdecke jetzt