Meine Füße laufen wie von selbst durch die dunklen Straßen hin zum Studentenwohnheim. Auch ich wohne dort, aber genieße nicht den Luxus eines Einzelzimmers. Es ist schon weit nach Mitternacht, als ich dort ankomme. Das Gebäude liegt im Dunkeln, die Flure sind verwaist. Für den Bruchteil einer Sekunde überlege ich einfach auf mein Zimmer zu gehen, aber meine Neugierde treibt mich in den dritten Stock hin zu Zimmer 304.
Durch die frische Luft sehe ich nun wieder etwas klarer. Doch meine Gedanken drehen sich trotzdem die ganze Zeit im Kreis. Immer wieder, die gleiche Frage in meinem Kopf. Was ist, wenn das alles nur ein Scherz war? Eine Falle? Die Wahrscheinlichkeit, dass dies ein Missverständnis ist, ist ziemlich hoch. Aber alleine meine Anwesenheit auf diesem Flur, zeigt mir, dass ich dieser Angst nicht viel Bedeutung beimesse. Dass sie erdrückt wird von etwas anderem, dass in mir brodelt seit Alexander mich berührt hat.
Ohne weiter nachzudenken klopfe ich an der Tür, aber niemand regt sich im Zimmer dahinter. Zweifel steigen in mir auf. Ich bin so ein Idiot, wie konnte ich auch nur denken, dass er ernsthaftes Interesse an mir hat? Doch plötzlich wird die Tür gegenüber geöffnet. „Psst, komm rein", sagt Alexander und ich werfe nur noch einen prüfenden Blick über den Flur, bevor ich zu ihm ins Zimmer schlüpfe.
Er schließt die Tür und ich stehe, mit der Wand in meinem Rücken, nun dicht vor ihm. Sein Gesicht liegt im Schatten, denn es brennt nur eine kleine Lampe an seinem Bett. Erst sehe ich nur schemenhaft die Umrisse des Größeren vor mir. Doch dann beugt er sich zu mir rüber und ein Geruch nach Minze und einem fruchtigen Männerparfüm steigt mir in die Nase. Mein Brustkorb hebt und senkt sich schnell in einem unregelmäßigen Rhythmus. Mein Mund ist staubtrocken, durch den Alkohol und meinen schnellen Atem.
„Ich bin Alec", spricht er mir direkt ins Ohr. Ich nicke, weil diese Information nicht neu für mich ist. „Und wer bist du?" „M-michael", stottere ich. „Michael, darf ich dir die Brille abnehmen?"
Warum fragt er das? Hat er vor mir eine reinzuhauen, aber will die Brille nicht beschädigen?
Ich nicke, zu mehr bin ich nicht im Stande, aber schließe vor Angst die Augen. Mein Gesicht ist schon jetzt schmerzverzerrt, denn ich erwarte jeden Moment den Aufprall seiner Faust in meinem Gesicht. Doch dann spüre ich etwas anderes. Seine Finger die mir die Brille abnehmen und dann seine mit Schwielen überzogene Handinnenfläche an meiner Wange. Es ist wie ein Reflex, als ich mich dagegen schmiege.
„Öffne die Augen", bittet er mich. Langsam hebe ich meine Lider und werde direkt von seinen blauen Augen in den Bann gezogen. Meine Selbstbeherrschung ist überall nur nicht hier und ein Keuchen verlässt unvermittelt meine Lippen. Sein Blick wandert zwischen meinen Augen und den Lippen hin und her und ich kann nicht anders, als aus Verlegenheit darauf zu kauen.
„Hab ich es mir doch gedacht. Michael, kannst du ein Geheimnis für dich behalten?", fragt er und seine Hand wandert nun in meinen Nacken. Sein Griff ist fest und dominant. Wieder nicke ich nur. „Es ist wirklich wichtig, dass es nie diese vier Wände verlässt. Unser gemeinsames Geheimnis." „Ja", hauche ich.
Nun streicht er mit dem Daumen seiner anderen Hand über meine Wange. „Du bist wirklich wunderschön." Mein Herz stolpert völlig aus dem Rhythmus gebracht und mein Blut rauscht so laut in meinen Ohren, dass es alle Hintergrundgeräusche ausblendet. Dann kommt sein Gesicht meinem gefährlich nah.
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Nur dein schmutziges Geheimnis
Romance„Ich hätte mich glücklich schätzen sollen, dass es etwas gab, was er nur mit mir teilte. Doch alles was ich wollte, war kein Geheimnis mehr sein." Michael und Alec besuchen zusammen das College. Dies scheint auch schon die einzige Gemeinsamkeit, den...