🌟 Eine ruhige Minute

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Diego

Zwei Wochen später

Ich stehe auf der Veranda des riesigen grauen Steingebäudes und blicke auf das weitläufige Weingut, dass mein Kumpel Nolan für seine Traumhochzeit gemietet hat. Vor mir auf der frisch gemähten Wiese wurde ein weißes Zelt aufgebaut, in dem der Spaß nach der Trauung stattfindet.

Nach wie vor kann ich nicht glauben, dass Riley tatsächlich als meine Begleitung mitgekommen ist, immerhin kennt sie hier so gut wie niemanden. Die Braut hat sie bei unserer Ankunft gestern herzlich willkommen geheißen - genauso wie Candice und December. Jetzt gerade spazieren die drei durch den Garten, um sich die Beine zu vertreten, und schießen immer wieder ein paar Selfies. Bisher hatte ich noch keine ruhige Minute mit Riley allein, was wirklich schade ist, denn in diesem smaragdgrünen Kleid, mit der asymmetrischen Rüsche auf der rechten Seite, sieht sie einfach atemberaubend aus. Nur mit Mühe habe ich den Blick während der Trauung von ihr lösen können.

Die Zeremonie, die Reden vom Brautvater und den beiden Trauzeugen sowie den Eröffnungstanz des Brautpaares haben wir hinter uns. Mit einem leisen Lächeln denke ich daran zurück, wie ich – völlig unerwartet, versteht sich –, dass Strumpfband gefangen habe. Oder viel mehr haben sich alle anderen Single-Männer rechtzeitig aus dem Staub gemacht und mir ist dieses delikate Accessoire auf die Schulter geflogen und hängengeblieben. Wenn Nolan denkt, dass ich seinen Plan nicht durchblicke, dann unterschätzt er mich aber gewaltig. Ich bin Cop und dazu ausgebildet, andere Leute zu durchschauen. Mein Kumpel setzt alles daran – selbst an seinem großen Tag –, um mir bei der Mission Eroberung von Miss Hudgens tatkräftig unter die Arme zu greifen. Und bisher scheint sein Plan auch durchaus Früchte zu tragen, denn beim Tanz der Trauzeugen, zu dem ich natürlich Riley aufgefordert habe, wurde sie ganz weich und anschmiegsam in meinen Armen. Mir ist bewusst, dass sie gar keine Wahl hatte, als mit mir zu tanzen ohne eine Szene zu veranstalten, trotzdem hoffe ich inständig, dass sie diese drei oder vier Minuten genauso genossen hat wie ich.

Und als ich danach von einer der anwesenden Damen sehr subtil angegraben wurde, wer hat da ihr Revier markiert? Genau, Riley! Total scheinheilig ist sie der jungen Frau aufs Kleid getreten, wodurch sie sich auf dem Rasen langgelegt hat. Selbst aus einigen Metern Entfernung habe ich gesehen, dass sie der Frau klar und deutlich zu verstehen gegeben hat, die Finger von mir zu lassen.

Nun muss ich nur noch einen Weg finden, um aus unser beider Besitzgier etwas Festes zu machen.

»Träumst du schon wieder vor dich hin?«, will Fernando wissen, als er sich neben mich stellt und mir ein Glas Whiskey reicht. »Wenn du ihr weiter so sehnsüchtig hinterherstarrst, machst du dich noch zur Lachnummer des Abends.«

»Du musst reden«, murre ich zurück und nehme einen großen Schluck, obwohl ich jetzt viel lieber einen Tequila trinken würde. »Ich staune, dass December noch keine Löcher im Rücken hat, immerhin verfolgst du jeden ihrer Schritte mit Argusaugen.«

»Schwachsinn«, widerspricht mein Bruder und fährt sich mit einer Hand durch sein frisch geschnittenes Haar.

Ich nicke verständnisvoll und stelle das Glas auf dem weißen Holzgeländer ab. Seit ich gestern mit den drei Frauen hier in Winchester angekommen bin und mein Bruder Rileys feurige Freundin zum ersten Mal gesehen hat, ist er geradezu fasziniert von ihr. Er lässt sie nicht aus den Augen, hat aber noch nicht den Mut aufgebracht, um den ersten Schritt zu ergreifen. Und so wie es aussieht, hat Fernando bisher nicht ihre Neugier geweckt, stattdessen flirtet sie wie eine Weltmeisterin mit Tyson. Keine Ahnung, ob es ernsthaftes Interesse ihrerseits ist oder ob sie einfach nur ein wenig Ablenkung sucht. Nicht das ich ihr ihren Spaß nicht gönne, jedoch fühle ich auch mit meinem Bruder, den das wirklich mitnimmt, um nicht zu sagen entmutigt. Fernando war nie der Draufgänger und ist eher der zurückhaltende Typ. Keinen Schimmer, wo das her kommt, denn eigentlich liegt uns das nicht in den Genen. Wenn ich mir die Männer in unserer Familie so ansehe, dann haben sie sich immer die Frau geholt, die sie wollten. Dad hat Mom sechs Wochen lang täglich in dem Diner besucht, wo sie nach der Highschool jobbte, ehe sie einem Date zustimmte.

Latin Vibes (Fiery Desire)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt