Kapitel 5

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Elli

Max und seine Freunde setzten sich auch in dieser Stunde neben uns. Es war schon später Nachmittag und dies war unsere letzte Lehrveranstaltung an diesem Tag. Natürlich nahm Max wieder direkt neben mir Platz, sodass sein, für mich unwiderstehlicher Duft, zu mir wehte. Ich versuchte ihn zu ignorieren indem ich meine Schreibsachen aus der Umhängetasche holte, doch Max wollte sich anscheinend mit mir unterhalten.

"Hast du am Wochenende schon etwas vor?"

"Ja." Lernen.

"Möchtest du uns ins Molly's begleiten?"

"Was hast du an dem Ja nicht verstanden?" Nun schaute ich ihm in die Augen.

"Du bist nicht so der Fortgeh-Typ, oder?"

Überrascht zog ich eine Augenbraue nach oben. "Wie kommst du jetzt auf das?"

"Nur so eine Vermutung."

Ich schloss kurz meine Augen und schaute dann auf meinen Schreibblock. Hoffentlich begann der Unterricht bald.

"Du hast ein schönes Armband." Leni betrachtete die funkelnden Steine und lächelte mich danach an. "Trägst du es immer?"

Sie hatte eine gute Beobachtungsgabe, das musste ich ihr lassen. Wie oft hatte sie mich jetzt gesehen? An drei unterschiedlichen Tagen. Und dieses Detail war ihr aufgefallen?

"Danke. Und ja, ich gebe es nie runter. Außer nachts natürlich."

Ich spürte Max Blick auf mir und schaute wieder zu ihm. Mich machte es echt nervös wie er mich immer abcheckte. Meine Finger spielten sich mit einem Stein von meinem Armband, bis endlich unsere heutige Professorin den Saal betrat.

Professorin Leeb gestaltete den Unterricht zum Glück immer sehr interessant, sodass ich von meinem Sitznachbarn nicht allzu oft abgelenkt wurde.

"Willst du uns am Samstag wirklich nicht ins Molly's begleiten?"

Dieser Typ war echt hartnäckig. Ich schrieb meinen angefangen Satz fertig, ehe ich mich zu ihm drehte. "Wie du schon sagtest, ich gehe nicht gerne fort", flüsterte ich. Für mich war dieses Gespräch beendet.

"Falls du es dir doch noch anders überlegst, weißt du ja, wo du uns findest."

Ich überdrehte die Augen und konzentrierte mich weiter auf den Unterricht. Zumindest versuchte ich es. Denn nun musste ich die ganze Zeit darüber nachdenken, warum ich Fortgehen bloß so verabscheute. Ich hasste es unter so einer großen Menschenmenge zu sein, denn ständig wurde man von jemandem berührt. Und wenn ich eines mehr hasste als Menschenansammlungen, dann waren das Berührungen. Egal wo und egal wie. Ich mochte keine Umarmungen, aber duldete sie, um nicht wie ein vollkommen Irrer auszusehen. Denn jedes Mal wenn ich von jemandem umarmt wurde, würde ich denjenigen am liebsten mit so einer Wucht von mir schubsen, dass er es nicht wiederholte. Doch Übung machte den Meister. Eventuell könnte ich Umarmungen eines Tages sogar mögen... ich verwarf den Gedanken wieder. Zu lange schon ekelten mich Berührungen an, das würde sich vermutlich nie wieder ändern. Tja und aus diesem Grund hatte ich mir Max ausgesucht. Ich hatte es endlich einmal über mich bringen wollen. Hatte nach so vielen Jahren einmal mit einem Mann schlafen wollen, doch ich stand mir selbst im Weg.

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Als ich am Abend im Studentenwohnheim eintraf, duftete es herrlich nach Essen. Mein Magen begann zu knurren, kurz nachdem ich die Haustür zugemacht hatte.

"Elli, da bist du ja endlich!" Pear stand in der Küche und strahlte mich an. "Ich koche heute für uns. Ich hoffe du hast noch nichts gegessen." Auch Steffi und Klara waren hier und saßen schon am Tisch. Sie schienen sich gut unterhalten zu haben.

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