Kapitel 11

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Elli

"Liebling, wie machen wir das denn nun?" Meine Oma war am anderen Ende der Leitung. Wir sprachen nun schon seit über zehn Minuten miteinander. Sie hatte mir glücklich mitgeteilt, dass sie morgen Vormittag entlassen wurde, sie aber täglich Zuhause den Blutdruck messen sollte. Falls Auffälligkeiten waren, musste sie ihren Arzt, oder gleich das Krankenhaus aufsuchen. Im Moment sprachen wir allerdings von meinen beiden Katzen. Ich wollte Mäx ganz bestimmt nicht fragen, ob er mir half, sie wieder zurück zu meiner Oma zu fahren. Außerdem brauchte ich niemandes Hilfe, bis auf die meiner Oma vielleicht.

"Ich weiß es nicht", seufzte ich. "Ich kann sie nicht mit in den Zug nehmen, bei Devils Mauzen halst mir jemand den Tierschutz auf. Vielleicht gebe ich ihm zur Beruhigung eine Tablette. Angel braucht es nicht, aber Devil hat letztens wirklich durchgejammert."

"Weißt du was? Ich komme nach dem Krankenhaus mit dem Auto zu dir, danach fahren wir nach Salzburg zurück, und du fährst dann am nächsten Tag mit der Bahn. Klingt das gut?"

Erleichtert lächelte ich. "Danke Oma." Wir redeten noch ein bisschen über mein Studium. Bevor mich meine Oma angerufen hatte, hatte ich mir wieder einiges zusammengeschrieben und angefangen ein bisschen zu lernen. Zwei Tage vor Weihnachten hatten wir nämlich eine Prüfung, für die ich mich noch besser vorbereiten wollte.

Es war Sonntagabend und ich hatte eigentlich Sehnsucht nach meinen beiden Katzen, wollte aber das Risiko nicht eingehen, irgendeiner fremden Frau nackt in Max Wohnung zu begegnen. Deswegen ließ ich es sein.

Der Anblick von Max, der gestern eine Frau in einem pinken glitzernden Kleid geküsst hatte, hatte mir wirklich gereicht. Ich wusste nicht, wieso ich so sauer, enttäuscht und traurig war, doch diese Erinnerung machte mich fertig. Am liebsten hätte ich gestern auf dem Absatz kehrt gemacht, wäre da nicht Leni gewesen, die mich auf ein Getränk eingeladen hatte. Vielleicht hatte ich mir erhofft, dass Mäx sich einmal umdrehen würde, oder zum Tisch zurückkommen würde, doch gestern Abend hatte er nur Augen für diese Blondine.

Mich nervte es, dass ich mich hübsch gemacht hatte. Dass ich fast eine Stunde vor meinem Kleiderschrank gestanden hatte, weil ich mich einfach nicht entscheiden konnte, was ich anziehen sollte. Und, dass ich mich extra mehr geschminkt hatte, als ich es sonst immer tat. Ich hatte mich für Mäx hergerichtet, und das störte mich.

Eventuell hatte ich auch ein Problem damit, dass er mich gefragt hatte, ob ich ins Molly's kam, er aber dann derjenige war, der keine Sekunde an mich gedacht hatte. Deswegen würde ich morgen nicht zu unserer gemeinsamen Vorlesung gehen. Das hatte ich schon mit Lisa besprochen, die mir versprochen hatte, Mäx auch kein Wort davon zu sagen, dass ich in dieser Zeit zu meinen Katzen in seiner Wohnung schauen würde. Auf dem Weg dorthin würde ich Devil dann morgen eine Tablette kaufen, um ihm das Autofahren zu erleichtern.

Nach dem Gespräch mit meiner Oma lernte ich weiter. Das lenkte mich zumindest von meinen Gedanken um Max ab.

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"Oma", begrüßte ich sie und fiel ihr in die Arme. "Danke, dass du gekommen bist! Wie war die Fahrt?", überfiel ich sie sogleich.

"Ganz gut, bis ich in Wien ankam. Hier fahren sie ja wie die Wilden." Meine Oma schüttelte den Kopf und ich grinste nur. Ja, in einer Großstadt fuhr man tatsächlich irgendwie anders.

Ich hatte meiner Oma die Adresse von Mäx Wohnung gegeben, doch anstatt gleich meine Katzen zu holen, gingen wir noch in das kleine Café, das um die Ecke war. Meine Oma sollte sich zuerst einmal ausruhen und danach würde ich nach Salzburg fahren. Den Führerschein hatte ich, nur ein Auto brauchte ich nicht. In Wien war das ohnehin überflüssig, und als ich noch bei meiner Oma gelebt hatte, hatten wir uns das Auto einfach immer geteilt.

Visible Miracle | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt