Kapitel 24

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Mäx

Ich war froh, als das Fest mit meiner Familie zu Ende war. Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen und starrte die Zimmerdecke an. Meine Beine baumelten über das Ende der Matratze und ich dachte über Elli nach. Jetzt würde ich sie ganze zwei Wochen lang nicht sehen, und das ließ mich ungewollt innerlich verzweifeln. Wann war ich zu diesem Mann geworden? Zu jemandem, der es nicht aushielt, eine Frau nicht regelmäßig zu sehen? Wenn es nach mir ginge, dann könnte ich Elli nämlich jeden Tag treffen.

Weil ich nicht länger grübelnd in meinem Bett liegen wollte, stand ich auf um meine Goldfische und den Putzer zu füttern. Als ich damit fertig war, gaben meine Gedanken noch immer keine Ruhe.

Ju hatte mir gesagt, dass ich ehrlich zu mir selbst sein sollte. Er hatte auf meiner Party etwas angesprochen, was ich schon immer gewusst hatte, aber mir war nicht klar gewesen, dass es auch für ihn so offensichtlich gewesen war. Ich hatte mich stets an seine Fersen geheftet und hatte nie wirklich das gemacht, was ich eigentlich wollte. Einfach weil ich es nicht wusste. Aber vielleicht musste ich mich tatsächlich einmal richtig mit mir selbst befassen. Die Ferien waren eventuell gut dafür.

Was sollte mir die Zukunft bringen? Wo sah ich mich in zehn Jahren? Ehrlich gesagt machten mir diese Fragen Angst, aber selbst Elli war aufgefallen, dass mir das Psychologiestudium nicht zusagte. Das war einfach nicht ich.

Ich beschloss mich im Internet umzusehen, um zu schauen, welche Studiengänge etwas für mich wären. Denn Elli hatte recht, vielleicht konnte ich mir einiges aus meinen jetzigen Studium anrechnen lassen. Umsonst war nichts.

Es war weit nach Mitternacht, als ich mit einem vollen Schädel, und genug Informationen für ein ganzes Leben auf dem Sofa einschlief.

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Ju warf sich, mit einer Packung Chips und einer Cola bewaffnet, auf meine Couch. "Willst du Fast and Furious gucken? Wir könnten einen Marathon starten", schlug mein bester Freund vor.

"Wenn du mir nicht alle Dialoge im Vorhinein sagst, dann gerne." Ich stand in der Küche und machte mir einen Tee. Julian war mit Abstand der größte Fan von dieser Filmreihe, den ich kannte.

"Ich habe keine Freunde, ich habe Familie." Ich hob warnend eine Augenbraue und zeigte mit dem Finger auf Ju.

"Ich meine es ernst." Ju verdrehte die Augen und lachte. Ich tat es ihm gleich. Denn als bester Freund von Ju, hatte ich diese Filme selbstverständlich auch schon öfter als nur einmal gesehen. Den von ihm gesprochenen Spruch kannte ich natürlich auch. Wer kannte ihn auch nicht?

Also setzte ich mich wenig später mit meinem heißen Tee zu Ju aufs Sofa und starrte, genauso wie er, gebannt auf den Bildschirm, wo wir uns zwischen Straßenrennen, Verfolgungsjagden und aufgemotzten, getunten Karren verloren.

Eineinhalb Teile später meinte ich: "Okay Ju, ich brauche eine Pause."

"Drückt die Blase?", wollte er erheitert wissen.

"Ja, und mein Magen knurrt. Falls dir das entgangen ist."

"Sorry, durch die vielen PS da drinnen, hab ich das wohl überhört."

Ich schlug ihm grinsend auf die Schulter. Auch wenn Elli wohl wenig davon halten würde, fragte ich: "Tiefkühlpizza?"

"Jep!" Ju zeigte mir seinen Daumen.

Ich schob uns zwei Salamipizzen in das Backrohr und setzte mich nach der Toilette wieder neben Ju.

"Wie war Weihnachten?", wollte er plötzlich von mir wissen. Eigentlich hatte ich nicht mit einem Gespräch in diese Richtung gerechnet, sondern gedacht, dass er sofort weitergucken wollte.

Visible Miracle | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt