Kapitel 14

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Mäx

"Kannst du mir bei etwas helfen?"

"Alter, du weißt schon, dass es nach Mitternacht ist?", fragte Ju verschlafen und etwas gereizt durch das Handy. Anscheinend hatte ich ihn geweckt. Ich hingegen konnte nicht einschlafen. Schon seit Stunden lag ich wach im Bett und grübelte.

"Kennst du jemanden, der mein Sofa haben will?"

"Echt jetzt? Das hättest du mir nicht auch schreiben können?" Ju gähnte und setzte sich den Geräuschen nach zu urteilen auf.

"Kennst du jemanden?"

"Magst du deine Couch plötzlich nicht mehr? Ich finde sie sehr gemütlich."

"Ich habe zu viele Frauen darauf flachgelegt. Ich brauche eine neue Couch."

"Okay." Mein Freund zog das Wort in die Länge. "Was ist wirklich los?"

"Das ist wirklich los." Ich seufzte. "Es geht um Elli. Ich ... keine Ahnung, ich brauche einfach ein neues Sofa. Hilfst du mir dabei?"

Am anderen Ende der Leitung war es kurz still. Doch dann antwortete er mir. "Klar. IKEA?"

"Morgen?"

"Meinst du morgen, oder heute?"

"Heute."

Ju gluckste. "Am Abend muss ich arbeiten, aber wir könnten die Nachmittagsvorlesungen sausen lassen und uns von Leni die Mitschriften geben lassen", schlug er vor.

"Danke."

"Klar."

"Dann lass ich dich mal weiterschlafen."

"Geh auch pennen. Ehrlich, du weißt, dass Professor Lang es gar nicht mag, wenn man während seinem Seminar schläft."

"Jaja. Bis morgen. Danke."

Als wir aufgelegt hatten, saß ich noch immer aufrecht in meinem Bett. Nachdem ich nun wusste, dass Ju mir helfen würde - auf ihn war einfach immer Verlass - überkam auch mich langsam die Müdigkeit. Er hatte Recht, ich sollte schlafen gehen. Denn wenn Professor Lang mitbekam, dass man nicht voll und ganz auf seinen Unterricht konzentriert war, dann durfte man in der nächsten gemeinsamen Stunde eine Zusammenfassung der letzten Einheit halten. Das wollte ich mir echt ersparen.

____________

Julian hatte mein Sofa auf Willhaben gestellt. Kostenlos! Am liebsten hätte ich ihm dafür kurz eine geknallt, aber so hatte ich zumindest sofort einen Abnehmer gefunden.

Wir beide standen in meiner Küche und schauten den drei rumänischen Männern zu, wie sie die Couch begutachten, und dann mit einem Nicken hochnahmen und damit aus der Tür verschwanden. Mit uns hatten sie kein Wort gewechselt, nicht einmal eine einfache Begrüßung war ihnen über die Lippen gekommen. Tja, und so war mein Sofa nun futsch, und das Wohnzimmer wirkte auf einmal sehr leer.

"Die waren ja freundlich." Meine Stimme triefte nur so von Sarkasmus.

"Beschwer dich nicht", meinte Ju gleich. "Immerhin musst du dich jetzt nicht mehr darum kümmern. Also, auf zum IKEA! Willst du vielleicht auch gleich ein neues Bett?"

"Sei nicht albern!" Dass ich tatsächlich auch darüber nachgedacht hatte, verschwieg ich ihm.

Wir fuhren mit dem blauen VW von Ju zum Schwedenshop und er parkte in der Nähe vom Ausgang.

"Ich hoffe, wir finden eine passende Couch. Sonst muss ich in nächster Zeit auf dem Fußboden fernsehen."

"Wir haben in Nullkommanichts was Passendes gefunden. Du wirst schon sehen."

Visible Miracle | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt