Kapitel 16

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Mäx

Ich stieß Elli mit dem Ellbogen an und lächelte. Wir saßen nebeneinander im Lehrsaal und warteten auf den Professor.

"Das sind die besten Vanillekipferl überhaupt. Musst du probieren." Ich schob ihr eine Tupperdose mit unseren gemeinsam gebackenen Keksen hin.

Ich sah wie sie grinsend die Augen verdrehte und tatsächlich zugriff. Dass ich ihr die Kekse gestern vorenthalten hatte, hatte mich heute Morgen geärgert. Bis ich mich erinnerte, dass wir uns heute bei der Vorlesung sehen würden. Deswegen hatte ich schon in der Früh genügend Vanillekipferl eingepackt, damit für Elli und Lisa auch noch ein paar übrig waren, nachdem ich sie Ju und den anderen kosten hatte lassen. Ju war was das anging eine absolute Fressmaschine. Kein Plätzchen war zur Weihnachtszeit vor ihm sicher.

"Schmecken wirklich ganz in Ordnung." Ich musterte Elli fragend, weil ich wusste, dass sie noch etwas ergänzen wollte. "Nur ein Tipp am Rande ... du solltest ein Apfelstück in die Keksdose legen. Dann werden sie etwas weicher."

"Ich schätze ich habe die letzte Fuhr etwas zu lange im Backofen gelassen", gab ich mit einem schiefen Lächeln zu.

Elli grinste. Sie sah dabei so unglaublich schön aus. Überhaupt, sie war wunderschön. Heute hatte sie sich für einen olivgrünen Rollkragenpullover entschieden, den sie mit einer schwarzen Hose kombiniert hatte. Ihre lockigen braunen Haare trug sie heute offen, und da ich sie meist mit zusammengebundenen Haaren kannte, brachte mich das fast um den Verstand. Ich liebte diese Locken. Am liebsten wäre es mir, wenn sie sie nie mehr hinter einem Zopf verstecken würde.

Und dann war da noch ihre Brille, die einfach perfekt zu ihr passte. Als ich sie kennengelernt hatte, waren Kontaktlinsen in ihren schönen braunen Augen gewesen, doch mit dieser Brille sah sie auf eine gewisse Art und Weise süß aus. Und genau das mochte ich an ihr. Genauso wie ihr Lachen, ihre Stimme, ihr Auftreten. Eigentlich mochte ich alles an Elli, wem machte ich schon etwas vor. Mir selbst vermutlich. Denn Gefühle eingestehen gehörte definitiv nicht zu meinen Stärken.

"Zum Glück gibt es den Trick mit den Äpfeln. Aber du musst die Keksdose danach gut verschließen, und wenn du sie länger als zwei Tage drinnen lassen willst, solltest du den Apfel wechseln, damit er nicht zu schimmeln beginnt."

"Das muss ich mitschreiben. Ich bin erst ein Backanfänger", meinte ich lachend, als ich mir meinen Kugelschreiber schnappte und aufschrieb, was Elli mir gerade gesagt hatte.

"Nächstes Jahr zaubert er schon hundert verschiedene Kekssorten aus dem Ärmel", meinte Lisa schmunzelnd.

"Darf ich schon einmal eine Bestellung für nächstes Jahr aufgeben?", fragte mich Leni scherzhaft. "Ich liebe Linzer Augen. Am liebsten würde ich sie ununterbrochen naschen."

"Wenn wir schon dabei sind, probier auch mal Rumkugeln aus." Der Kommentar kam von Ju. Ich verdrehte die Augen.

"Aber mit viel Rum! Die müssen förmlich darin schwimmen", fügte Anna noch hinzu.

"Für mich könntest du Lebkuchen mitbacken. Davon bekomm ich nicht genug." Anton, der sonst oft leise war, beteiligte sich auch an unserem Gespräch.

"Leute, mal langsam. Ich werde nichts davon machen." Für meinen Geschmack waren sie ein bisschen zu euphorisch. Als ob ich tatsächlich zum Backen anfangen würde.

"Nicht?"

Verdutzt schaute ich in Ellis Gesicht. "Es sei denn, du hilfst mir", hörte ich mich plötzlich selbst sagen.

"Dann will ich die Linzer Augen aber schon dieses Jahr! Am besten gleich bei der nächsten Vorlesung", warf Leni ein. Ich hingegen schaute noch immer in Ellis Gesicht.

Visible Miracle | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt