Kapitel 32

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Mäx

"Weißt du eigentlich, wie wunderschön du bist?" Ich trat vor Elli und zupfte an ihrem dunkelgrünen Schlafshirt herum. Mir waren die Worte einfach rausgerutscht, ich konnte gar nichts dagegen tun. Doch sie entsprachen der Wahrheit.

"Das sagst du mir jetzt, nachdem ich duschen und abschminken war?" Sie lachte auf und schien meinen Worten nicht wirklich Glauben zu schenken.

"Ich meine es Ernst", sagte ich mit mehr Nachdruck dahinter. "Du bist wunderschön."

Ellis Hände zitterten leicht, weswegen ich sie mit meinen umschloß. Ich sah ihr die Nervosität an, doch paradoxerweise ging es mir gleich. Unzähligen Frauen vor ihr hatte ich gesagt, dass sie schön waren. Natürlich hatte ich es stets ernst gemeint, doch dieses Mal mit Elli war es etwas anderes. Etwas Neues. Seltsamerweise fühlte es sich an, als säße ich auf einer Hochspannungsleitung. In mir kribbelte einfach alles. Nur Elli konnte es schaffen, meinen Herzschlag aus dem Takt zu bringen. So war es noch nie gewesen. Mit keiner anderen Frau. So intensiv. So innig. So echt.

In meinem Bauch knotete sich etwas zusammen, als Elli mir ein kleines bezauberndes Lächeln schenkte.

"Du kannst schon in mein Zimmer gehen, wenn du willst. Ich komme gleich nach", meinte ich mit seltsam belegter Stimme. Ich räusperte mich und gab ihre Hände wieder frei.

Als ich alleine in meinem Badezimmer stand, spritzte ich mir eiskaltes Wasser ins Gesicht. Wie, verdammt noch einmal, sollte ich jetzt in Ruhe duschen gehen, mit dem Wissen, dass vor wenigen Minuten Elli an genau der gleichen Stelle gestanden hatte? Nackt, wohlgemerkt. Weil man das beim Duschen nun einmal so machte. Ich schluckte schwer.

Verflucht, ich musste mir echt Abhilfe verschaffen. Ansonsten wusste ich nicht, wie ich die Nacht neben Elli überstehen sollte, ohne über sie herzufallen, wie ein wildgewordenes, triebgesteuertes Tier.

_________

Gut möglich, dass ich beinahe eine halbe Stunde im Badezimmer verbracht hatte. Aber, dass Elli heute in meiner Wohnung war und neben mir einschlafen würde, brachte mich total durcheinander. Normalerweise war ich nie so. Doch bis jetzt hatte ich auch noch nie so für jemanden empfunden, wie ich es für Elli tat.

"Tur mir leid, dass ich so lange gebraucht habe." Ich trat ins Schlafzimmer, wo noch die Deckenbeleuchtung eingeschalten war. "Wenn du willst, kannst du die Nachttischlampe einschalten", sagte ich zu Elli.

Nickend folgte sie meinem Rat. Während nur mehr die kleine Nachttischlampe das Zimmer erhellte, kam ich auf das Bett zu, und setzte mich darauf.

"Schläfst du auf dieser Seite? Dann kann ich mich auch umlegen", fing Elli an und deutete direkt neben sich. "Ich weiß ja nicht wo du sonst immer schläfst. Wenn du willst, kann ich natürlich auch auf dem Sofa schlafen. Ich war nicht sicher, wo ich heute schlafen soll. Soll ich überhaupt neben dir einschlafen? Willst du das? Ich meine, doch, du hast mich ja gefragt. Naja, du hast das Wort übernachten gesagt, deswegen kann es ja auch sein, dass du willst, dass ich die Couch nehme. Dort bin ich sowieso schon einmal eingeschlafen. Also ..."

"Elli", unterbrach ich sanft ihren wirren Redefluss.

"Hm?" Sie biss auf ihrer Unterlippe herum und ich sah, dass sie schwer schluckte.

"Wenn du willst, kann ich auch das Sofa nehmen. Aber wenn es nach mir ginge, dann fände ich es schön, wenn wir nebeneinander liegen könnten."

Elli nickte langsam. "Fände ich auch schön", gab sie flüsternd zu. "Ich bin nur etwas nervös. Falls man das merkt."

"Ich weiß." Ein kleines Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. "Und was die Seiten anbelangt, nun ja, ehrlich gesagt schlafe ich immer direkt in der Mitte vom Bett. Also kannst du dir deine Lieblingsseite frei auswählen."

Visible Miracle | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt