⋆·˚ ༘ * 𝔡𝔯𝔦𝔱𝔱𝔢𝔯 𝔞𝔡𝔳𝔢𝔫𝔱

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Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe.

Es ist eine beschissene Idee. Eine ganze beschissene...

Und dennoch hebe ich meine Hand und lasse sie zweimal kräftig gegen die Tür schlagen. Das dumpfe Geräusch prallt an den Flurwänden ab und hallt in meinem Gehör nach. Ich trete von einem auf den anderen Fuß und will mich gerade umdrehen, als die Tür, an der ich zuvor geklopft habe, schwungvoll geöffnet wird.

»Y/N?«

Maverick klingt mehr als nur überrascht. Verübeln kann ich es ihm nicht, denn selbst ich habe, als ich heute früh aufgewacht bin, nicht daran gedacht, bei ihm aufzukreuzen.

Und jetzt stehe ich hier, starre den Piloten an und kriege kein einziges Wort heraus.

»Hi«, nervös beiße ich mir auf die Unterlippe. Im nächsten Moment will ich mir selbst einmal mit der flachen Hand gegen die Stirn schlagen.

Bescheuerter geht es nicht – wobei ich mir da auch nicht so sicher bin.

»Hi«, erwidert er. »Was willst du hier?«, fügt er hinzu ohne eine Regung aus seinem Gesicht durchsickern zu lassen.

»Gott, sorry, es war so eine bescheuerte Idee...«, stammle ich vor mich hin. Mich überkommt eine plötzliche Panik. Automatisch bewegen sich meine Beine zurück, doch bevor ich mich endgültig umdrehen und vor dem Piloten flüchten kann, macht er einen Schritt auf mich zu. Sanft, dennoch fragend, ruhen seine Augen in meinen und zwingen mich zum stehenbleiben.

»Y/N«, sagt er wieder. Ich seufze und sehe ihn leidvoll an. Ich versinke in seinen Augen und selbst wenn ich es wollen würde, dann könnte ich mich nicht mehr lösen. Als hätte er mich mit einem Bann belegt.

Schon seit wir das erste Mal aufeinander getroffen sind, benehme ich mich in seiner Gegenwart komplett idiotisch. Fast so, als hätte ich verlernt, wie sich ein ganz normaler Mensch benimmt.

»Pete.« Ich liebe seinen richtigen Namen. Er erinnert mich daran, dass wir viel mehr als nur unsere Rufnamen sind. Sicherlich haben wir sie alle, weil sie ein Teil von uns sind, aber es hat etwas intimeres, wenn er mich nicht bei meinem Rufnamen nennt.

»Komm rein«, befiehlt er mir sanft. Als ich immer noch keine Anstalten mache, mich von der Stelle zu bewegen, sondern ihn starr anstarre, wie ein Reh, das ins Scheinwerferlicht blickt, umfasst er sanft meinen Unterarm und zieht mich in seine Wohnung.

Sofort umhüllt mich sein Duft und lässt mich alles vergessen. »Y/N, redest du noch mit mir, oder willst du mich weiterhin anschweigen?« Maverick klingt belustigt. Er hat mein Handgelenk losgelassen und die Haustür hinter sich geschlossen. Somit steht er jetzt hinter mir.

»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, gebe ich zu. In meinen Gedanken habe ich mir das alles etwas einfacher vorgestellt. Doch jetzt überfordert mich seine Nähe, vor allem weil ich ihn direkt hinter mir spüre. Er berührt mich nicht und dennoch berührt er etwas in mir.

»Vielleicht damit, warum du hier bist?«, schlägt er vor und meine Mundwinkel zucken. Ich bleibe stehen und starre an die weiße Wand, während er keine Anstalten macht, um mich herum zu kommen.

»Es ist der dritte Advent«, erwidere ich, als würde das als Erklärung reichen. Immerhin ist es ein guter Vorwand, ihn gerade am dritten Advent zu besuchen.

»Du bist mir aus dem Weg gegangen.« Hart beiße ich mir auf meine Unterlippe, bis ich etwas Blut schmecke. Meine Wangen färben sich feuerrot, als mich die Erinnerungen übermannen.

Ich bin so ein verdammter Feigling.

»Es tut mir leid, ich war komplett überfordert«, gebe ich zu. Stocksteif stehe ich da, schlinge meine Arme um meinen Körper, um mich irgendwie selbst zu beruhigen. Schon seit ich denken kann, laufe ich vor allem weg, aber vor allem vor meinen Gefühlen, die mich jedes Mal zu übermannen drohen.

»Wovor hast du Angst?«, wispert mir Pete ins Ohr. Dann erst spüre ich seine Wärme, die mich umhüllt. Er ist nah an mich herangetreten. Wieder spielt mein Körper verrückt und ich kann nur daran denken, wie gut sich seine warme Haut auf meiner angefühlt hat. Wie gut wir uns angefühlt haben.

»Vor so viel«, antworte ich leise und mit heiserer Stimme. Meine Haare werden zur Seite gestrichen, dann spüre ich Petes warmen Atem, meinen Hals entlang streifen. Mein ganzer Körper wird mit einer Gänsehaut überzogen und beinahe hätte ich mich an seinem Oberkörper gelehnt, doch noch kann ich mich beherrschen. Aber auch nur, weil mein Herz so schnell in meiner Brust schlägt, als wäre ich gerade einen Marathon gerannt.

Flatternd schließen sich meine Augen und ich kann mich nur auf Pete und seine Nähe zu mir konzentrieren.

»Ich will dir helfen. Lässt du mich, dir helfen?«

Pete ist so anders, wenn wir alleine sind. Er muss sich nicht beweisen und gegen irgendwelche Admirals beweisen. Vielleicht ist das der Grund, warum es mich heute zu ihm verschlagen hat. Weil ich ihm wirklich aus dem Weg gegangen bin. Weil ich so eine unendliche Angst hatte, mich meinen Gefühlen zu stellen und wieder verletzt zu werden – doch die Weihnachtszeit erinnert mich daran, was ich von meiner Angst habe. Ein einsames Leben in meiner kleinen Wohnung, die zwar für mich reicht, aber mein Herz sehnt sich nach mehr. Nach Pete.

»I-ich«, stottere ich und schaffe es, kein weiteres Wort über meine Lippen zu bringen. Ich verstumme und nur ein sehnsüchtiges Seufzen verlässt meinen Mund, als Pete seinen warmen Mund auf meinen Hals senkt und mich sanft küsst. Mein Puls beschleunigt sich und meine Knie werden weich.

»Ich weiß, dass du Angst hast...«, sanft dreht er mich um, sodass ich in seinen Augen versinken kann, die mir mit so einer Intensität entgegen strahlen, dass mir schwindlig wird und ich meine Finger in dem Stoff seines Oberteiles vergrabe.

»Aber du bist auch stark – ansonsten wärst du nicht hier«, spricht er weiter, während er seine Hände auf meine Wange legt und ich seine Worte aufsauge, als wären sie mein Lebenselixier.

»Pete...«, wispere ich einfach seinen Namen, weil ich ansonsten nicht weiß, was ich darauf erwidern soll. Sanft streift sein Daumen über meine Wangen. Er schenkt mir einen tiefen Blick, dann beugt er sich zu mir runter und küsst mich so federleicht, dass ich Angst habe, ich würde es mir nur einbilden.

»Du brauchst keine Angst haben. Ich bin da, wenn sie dich wieder übermannt, sie dich in die Knie zwingt«, haucht er gegen meine Lippen. Mit jedem Wort, das er spricht, streift er meinen Mund und mein ganzer Körper kribbelt aufgrund dieser Berührung.

»Manchmal müssen zwei einsame Menschen aufeinandertreffen, um nicht mehr einsam zu sein. Y/N, willst du mit mir gemeinsam einsam sein?«, fragt Pete mich ernst.

Einige Sekunden starre ich den Mann vor mir an, als könnte ich nicht glauben, dass er wirklich vor mir steht. Doch das tut er. Immer noch liegen seine Hände auf meine Wangen, sowie seine Augen in meinen ruhen.

»Ja...«, meine Stimme ist leise und weit davon entfernt stark zu sein, aber als Pete seine Lippen auf meine drückt, diesmal mit mehr Druck, mit mehr Leidenschaft, weiß ich, dass ich dieses mal meine Angst besiegen kann – weil ich nicht mehr alleine bin.

i believe i can fly - top gun oneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt